Mehr Geld für Forschung und Startups
Um KI und maschinelles Lernen in der Praxis voranzubringen, bieten sich aus Sicht der Experten mehrere Optionen an. Zum einen sollten Unternehmen und Forschungseinrichtungen stärker in KI und ML investieren: "Unternehmen stellen bislang zu wenig Geld für die Erprobung von KI und die Integration solcher Lösungen in Herstellungsprozesse und Produkte bereit", kritisiert Christoph Angerer. Er empfiehlt, Startup-Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu fördern, die risikofreudiger als Unternehmen agieren können.
Auch Henning von Kielpinski von Consol plädiert dafür, mehr Wagniskapital für neue Anbieter im Bereich KI, ML und Deep Learning vorzusehen. Dadurch lassen sich seiner Einschätzung nach auch Hemmschwellen beseitigen, die in einzelnen Branchen vorhanden sind: "Speziell der Maschinenbau ist durch eine Abschottung nach außen geprägt. Das führt leider dazu, dass Unternehmen aus diesem Bereich kaum Forschungsgelder für KI-Projekte bereitstellen", so der Fachmann.
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Einen weiteren Punkt führt Tobias Beuckes an: ein Rahmenwerk auf nationaler oder EU-Ebene, das den Einsatz von Technologien wie der Künstlichen Intelligenz fördert. "Dieses Framework sollte beispielsweise den Umgang mit Daten regeln, die Anwendungen aus den Bereichen KI und Maschinelles Lernen nutzen." Das wiederum erleichtere es Unternehmen, eine langfristige Strategie auf diesen Gebieten zu erarbeiten.
Cloud oder das eigene Datacenter?
Wer KI-Funktionen und Machine Learning nutzen möchte, hat zwei Optionen. Die erste ist der "Do-it-Yourself"-Ansatz, also die Implementierung entsprechender Systeme und Software im hauseigenen Rechenzentrum. Die zweite Möglichkeit ist, entsprechende Ressourcen bei einem Cloud Service Provider zu buchen, inklusive Server- und Speicher-Kapazitäten, Datenbanken und ergänzenden Services.
Dass die Cloud eine probate Alternative zu einer "On-Premise"-Implementierung ist, bestätigt Christoph Angerer. "Es bietet sich an, KI-Anwendungen über eine Cloud bereitzustellen und so die Ressourcen dynamisch an den Bedarf anzupassen", so der Fachmann von Nvidia, "bei unseren Kunden verzeichnen wir sowohl eine Nachfrage nach Public-Cloud-Angeboten als auch nach unternehmensinternen Private Clouds."
Business Intelligence versus Analytics Häufig werden zwei Begriffe synonym gebraucht, wenn es um die Analyse von Daten und daraus resultierende Entscheidungen geht: Business Intelligence und Analytics. Auch unter Fachleuten ist umstritten, wo die Grenzlinie verläuft. Dies umso mehr, als die Anbieter von BI-Lösungen in ihre Produkte verstärkt Analyse-Funktion integrieren. Allgemein formuliert umfasst BI Technologien, die Manager und Analysten dabei helfen, die "richtigen" Entscheidungen zu treffen. BI-Systeme stellen zu diesem Zweck Dashboards, Berichte und Pivot-Tabellen zur Verfügung. Ein Trend sind Selbstbedienungsservices. Mit ihnen können Nutzer Analysen und die entsprechenden Berichte nach eigenen Vorstellungen zusammenstellen. Verfechter des Analytics-Ansatzes führen an, dass BI primär ein Blick in den Rückspiegel ist, also bestenfalls eine Analyse des Ist-Zustandes ermöglicht. Zudem würden primär unternehmensinterne Informationen verarbeitet. Analytics umfasst dagegen auch Datenbestände, die außerhalb des Unternehmens generiert werden. Dazu zählen beispielsweise Reaktionen von Kunden auf Social-Media-Plattformen oder Daten von Maschinen, die bei einem Kunden im Einsatz sind. Ein weiteres Merkmal sei die Echtzeit Auswertung von Informationen. In Kombination mit Techniken wie maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz können moderne Analytics-Lösungen zudem valide Prognose über künftige Entwicklungen abgeben. Timo Eliott, Innovation Evangelist bei SAP, hält diese Debatte dagegen für akademisch. SAP verwendet deshalb verstärkt den Begriff "Business Analytics". Er umfasst sowohl BI- als auch Analyse-Lösungen, Data Warehouses und Bereiche wie Risikomanagement und Compliance. Auch Dipak Bhudia, der Gründer des Cloud-Analytics-Anbieters Clear Analytics, bevorzugt den Begriff Business Analytics. Dienste wie die von Clear Analytics unterscheiden sich durch die Bereitstellung der Services – per Cloud, nicht durch eine aufwändige Struktur im eigenen Datacenter. Und sie konzentrieren sich darauf, Informationen aus unterschiedlichen Quellen zu finden und in leicht verständliche "Insights" zu übersetzen. |
Allerdings bedeutet KI aus der Cloud nicht, dass der Nutzer damit eine gebrauchsfertige Lösung von der Stange erhält. "Künstliche Intelligenz as a Service muss an den konkreten Use Case angepasst werden", betont Jan Karstens von Blue Yonder, "bislang stellen die Service Provider nur Frameworks und Technologien zur Verfügung." Solche Anpassungsarbeiten erfordern wiederum Know-how, das in etlichen Unternehmen, vor allem kleineren Firmen, nur in begrenztem Maße oder gar nicht vorhanden sein dürfte. Diese sind somit auf Hilfestellung durch Berater und die Anbieter von KI- und Machine-Learning-Lösungen angewiesen.
Auch für Bernd Gloss von Capgemini hängt die Antwort auf die Frage "Cloud oder eigenes Datacenter" vom Einsatzgebiet ab. Als Beispiel führt er Assistenzsysteme in Autos und das autonome Fahren an. "Wenn eine Datenverbindung zwischen Fahrzeug und Cloud-Rechenzentrum vorhanden ist, kann gewissermaßen ein KI-Normalmodus zum Zuge kommen. Reißt die Verbindung jedoch ab, muss jedoch ein Safe Mode vorhanden sein, damit das Fahrzeug ohne Probleme weiterfahren kann", erläutert Gloss.
Anwendungsfälle definieren
Unternehmen, die KI- und Machine-Learning-Anwendungen in der Praxis implementieren möchten, sollten mehrere Punkte beachten, so die Teilnehmer des COMPUTERWOCHE-Round-Table. Wichtig sei es, im Vorfeld einen "Use Case" für KI- und ML-Applikationen zu entwickeln. Der Grund: "Künstliche Intelligenz alleine ist kein Differenzierungsmerkmal, denn die zentralen Komponenten solcher Lösungen sind weltweit verfügbar", betont Henning von Kielpinsiki. Zudem sollten Unternehmen das "große Ganze" im Auge behalten. "Es geht nicht nur darum, Prozesse zu verbessern. Vielmehr erlaubt der Einsatz von KI die Schaffung ganz neuer Geschäftsmodelle", sagt Michaela Tiedemann.
Auf einen weiteren Faktor wiest Jan Karstens hin: Unternehmen müssen erkennen, wie sich mit dem Einsatz von KI und maschinellem Lernen Geld verdienen lässt. "Doch das erfordert Beratungsleistungen, die ein Technologielieferant nicht in jedem Fall erbringen kann", stellt der CTO von Blue Yonder fest.
Keine Angst vor der allwisssenden KI
Im Bereich Robotik hat sich mittlerweile eine Diskussion über den Nutzen und die potenziellen Risiken solcher Systeme entwickelt. Kritiker fürchten, dass Roboter Arbeitsplätze vernichten könnten. Eine ähnliche Debatte über universell einsetzbare, "allwissende" KI-Systeme entbehrt jedoch nach Einschätzung der Fachleute, die am Round-Table teilnahmen, jeder Grundlage.
"Solche intelligenten "Intelligente Systeme" werden heute grundsätzlich für definierte Einsatzgebiete entworfen, um die beste Leistung zu garantieren", sagt Christoph Angerer, "daher ist eine universelle Intelligenz, im Gegensatz zu spezialisierter Intelligenz, derzeit noch eine akademische Fragestellung." KI-Systeme, welche die Weltherrschaft übernehmen, bleiben somit auf absehbare Zeit nur ein Stoff für Science-Fiction-Filme.