Zu komplex und schlecht geplant

Gescheiterte IT-Projekte

26.01.2014
Von 


Christoph Lixenfeld, seit 25 Jahren Journalist und Autor, vorher hat er Publizistik, Romanistik, Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

1994 gründete er mit drei Kollegen das Journalistenbüro druckreif in Hamburg, schrieb seitdem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, Focus, den Tagesspiegel, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und viele andere.

Außerdem macht er Hörfunk, vor allem für DeutschlandRadio, und produziert TV-Beiträge, zum Beispiel für die ARD-Magazine Panorama und PlusMinus.

Inhaltlich geht es in seiner Arbeit häufig um die Themen Wirtschaft und IT, aber nicht nur. So beschäftigt er sich seit mehr als 15 Jahren auch mit unseren Sozialsystemen. 2008 erschien im Econ-Verlag sein Buch "Niemand muss ins Heim".

Christoph Lixenfeld schreibt aber nicht nur, sondern er setzt auch journalistische Produkte ganzheitlich um. Im Rahmen einer Kooperation zwischen Süddeutscher Zeitung und Computerwoche produzierte er so komplette Zeitungsbeilagen zu den Themen Internet und Web Economy inklusive Konzept, Themenplan, Autorenbriefing und Redaktion.
Wenn IT-Projekte scheitern, liegt es an den Menschen: Dienstleister versprechen zu viel und überfrachten das Vorhaben, Kunden wollen billig einkaufen, Projektverantwortliche sind intern schlecht informiert oder werden boykottiert. Und manches Projekt war schlicht eine Schnapsidee.

An einem Punkt unterscheiden sich IT-Projekte nicht von anderen komplexen Großvorhaben: Entscheidend ist die Planung. Das Desaster am Berliner Großflughafen zum Beispiel ist vor allem auf Planungsfehler zurückzuführen. Und schlechte Planung ist auch der Grund für gescheiterte IT-Projekte. Laut einer Studie des Softwareanbieters Alfabet haben über die Hälfte der IT-Entscheider in Deutschland, Österreich und der Schweiz wiederholt erlebt, dass geschäftskritische Maßnahmen scheiterten, weil die Beteiligten Entscheidungen anderer Unternehmensteile mit fatalen Auswirkungen auf das Vorhaben nicht kannten.

Was in diesen Fällen fehlte, war die ganzheitliche Sicht auf das Konzept und Antworten auf Fragen wie zum Beispiel: Wer unterstützt das Vorhaben? Wem nützt es? Wer ignoriert es bestenfalls? Wen zwingt es zu Veränderungen? Wer erleidet dadurch Nachteile, zumindest subjektiv empfunden?

Sabotage von Projekten

Nach Ansicht von Siegfried Stadler, Projekt-Coach bei der Unternehmensberatung Hyperskill, ist sogar die regelrechte Sabotage eines Projekts keineswegs selten: "Scheitert ein Projekt, gibt es oft jemanden, der nicht will, dass es zum Erfolg führt." Besser also, man macht sich vorher Gedanken darüber.

Neben der Information ist auch die Kommunikation im Projekt ein wichtiger Erfolgsfaktor. Für den Projektverantwortlichen genügt es nicht, viele E-Mails zu schreiben und zahlreiche Menschen auf Cc zu setzen. Er muss mit den Beteiligten sprechen und ein Gefühl dafür entwickeln, wie gut diese untereinander vernetzt sind. Sprechen sie nur beim Meeting notgedrungen fünf Sätze miteinander, oder treffen sie sich - zumindest gelegentlich - auch mal auf eine Tasse Kaffee

Von großer Bedeutung, das zeigen die hier ausgewählten Beispiele für gescheiterte Projekte, ist eine realistische Einschätzung der zu erwartenden Komplexität. Ebenso ist die öffentliche Akzeptanz rechtzeitig ins Kalkül zu ziehen, denn ohne sie sind vor allem sensible Projekte in Sachen Datenschutz von vornherein zum Scheitern verurteilt. An diesem Punkt hat es in letzter Zeit eine Reihe von Pannen, ja sogar Desastern gegeben, wo schwer nachvollziehbar ist, warum sich die Macher auf so dünnes Eis vorwagen konnten.

Projektziele klar definieren

Wenn es zum Stopp von IT-Projekte kommt oder diese schiefgehen, haben in der Regel beide Seiten Fehler gemacht. Verringern lässt sich das Risiko dadurch, dass alle Beteiligten im Vorfeld akribisch ihre Hausaufgaben machen. Uwe Groß, Partner bei IBM Global Business Services, rät vor allem dazu, jedes Projekt so klar wie möglich zu definieren: "Es geht ganz banal um Fragen wie: Was sind genau die Ziele? Mit welcher Priorität? Mindestens diese Fragen müssen als Orientierungsrahmen beantwortet sein."

Volle Rückendeckung sichern

Zweitens ist es aus Sicht von Groß wichtig, dem Projekt im Vorfeld intern die notwendige Unterstützung zu sichern. Es genüge nicht, dass der Vorstand ein Projekt nur dulde. Das Motto müsse stattdessen lauten: Wir werden gemeinsam alles tun, damit es erfolgreich wird.

Nur so viel Komplexität wie nötig

Der wichtigste Punkt ist jedoch, wo immer möglich die Komplexität zu verringern. Laut Groß bewährt es sich, nach folgendem Prinzip zu verfahren: So viel Komplexität wie nötig, aber nicht mehr. Entscheider, die so planen, würden, so der Projektplaner, in der Regel eine Lösung erzielen, die 80 Prozent der Wünsche an die neue Lösung erfüllt. "80 Prozent sind ein sehr guter Wert", meint Groß und rät dazu, die Spezifikationen gemeinsam mit dem Kunden zu erarbeiten, auch weil so unrealistische Erwartungen früh sichtbar würden.

Wer dagegen auf eigene Faust ein 500-seitiges Pflichtenheft entwirft und den Servicepartner anschließend über den Preis auswählt, darf sich nicht wundern, wenn das Projekt schon nach kurzer Zeit in Schieflage gerät, wie in den folgenden Beispielen geschehen.