Wegfall der Störerhaftung

Freies WLAN für alle

02.06.2016
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Dr. Michael Rath ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologie-Recht und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Köln. Zudem ist er Certified ISO/IEC 27001 Lead Auditor. Seine Beratungsschwerpunkte sind das IT-Recht, Datenschutzrecht und der Gewerbliche Rechtsschutz. Dr. Michael Rath ist u.a. Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik e.V. (DGRI) und akkreditierter Schlichter für IT-Streitigkeiten bei der Schlichtungsstelle der DGRI.

Geplante Änderungen des TMG

Um künftig eine möglichst weitgehende Verbreitung von WLAN-Internetzugängen zu ermöglichen, sollen in Zukunft auch Privatpersonen das Haftungsprivileg des § 8 TMG genießen. Diensteanbieter nach § 8 TMG sind demnach alle WLAN-Betreiber unabhängig davon, ob sie ihr WLAN zu "kommerziellen Zwecken, im privaten Umfeld oder als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stellen" (Drucksache 18/6745, S.10 sowie die Gesetzesbegründung zum Änderungsantrag).

Die E-Commerce-Richtlinie, über deren Auslegung der EuGH zu entscheiden hat, setzt dagegen voraus, dass ein Anbieter im Sinne der Richtlinie eine Dienstleistung erbringt, die "in der Regel gegen Entgelt" erbracht wird. Die einheitliche deutsche Regelung, die auch private Anbieter erfasst, geht damit sogar über die europäischen Vorgaben hinaus.
Um Rechtssicherheit zu schaffen" stellt der neu gefasste § 8 Abs. 3 TMG nun klar, dass Anbieter von WLAN-Zugängen ohne jede Einschränkung Diensteanbieter im Sinne des § 8 TMG sind und somit dem Haftungsprivileg unterfallen. Ursprünglich hatte die vom Bundeswirtschaftsministerium formulierte Regelung in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes noch vorgesehen, dass das Haftungsprivileg nur gelte, wenn der Internetzugang durch Passwort gesichert sei und der Nutzer innerhalb einer Vorschaltseite erklären würde, keine Rechtsverletzungen im Rahmen der Nutzung zu begehen. Beide Restriktionen entfallen nun.

In der Gesetzesbegründung zum Änderungsantrag (Ausschussdrucksache wird zudem ausdrücklich auf die Schlussanträge des Generalanwalts Szpunar Bezug genommen und klargestellt, dass zukünftig das Haftungsprivileg für "jede Form der Haftung für rechtswidriges Verhalten jeder Art" gilt. Darüber hinaus macht die Gesetzesbegründung - wenn auch nicht der Gesetzestext selbst - deutlich, dass zukünftig kein Anbieter eines WLAN-Zugangs für Rechtsverstöße Dritter auf Zahlung von Schadensersatz, Gerichts- oder Abmahnkosten in Anspruch genommen werden kann.

Aktuelles BGH-Urteil zur Störerhaftung

Insbesondere für Verbraucher und private Internetnutzer bedeutete die Störerhaftung bei so benannten Filesharing-Verstößen über deren Internetanschluss ein kostspieliges Ärgernis. Taucht ein urheberrechtlich geschütztes Werk in einer Tauschbörse auf, wird der Rechteinhaber - unter Zuhilfenahme von Abmahnkanzleien - die IP-Adresse des Anschlussinhabers ermitteln und diesen zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten auffordern. Ist der Anschlussinhaber nachweislich nicht der Täter der Rechtsverletzung, so haftet dieser aufgrund der Störerhaftung dennoch auf Unterlassung und damit auch auf Zahlung der Abmahnkosten. Denn eine Störerhaftung wird immer dann angenommen, wenn der Anschlussinhaber so genannte "Sicherungs-oder Belehrungspflichten" missachtet.

Mit einem aktuellen Urteil (vom 12.05.2016 - I ZR 86/15) hatte auch der Bundesgerichtshof die Störerhaftung von WLAN-Inhabern weiter zurückgedrängt, indem er die anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht sämtlicher Mitnutzer des Internetanschlusses als "nicht sozialadäquat" bezeichnete. Demgemäß müssen volljährige Gäste, Besucher und Mitbewohner ohne Anlass nicht über die rechtlichen Konsequenzen illegaler Downloads belehrt werden. Folglich haftet der Anschlussinhaber auch nicht ersatzweise, wenn nicht festgestellt werden kann, wer die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Damit war ein weiterer Schritt in Richtung Abschaffung der Störerhaftung gemacht.

Der Weg ist frei

Heute, am 2. Juni berät der Bundestag abschließend über die Änderung des Telemediengesetzes und damit über die Abschaffung der Störerhaftung. Bereits im Herbst könnten die Änderungen dann in Kraft treten.

Die Abschaffung der Störerhaftung könnte Deutschland tatsächlich aus der "HotSpot-Wüste" führen. Das Haftungsprivileg, welches bisher nur für Internetprovider galt, würde zukünftig für alle gelten. Dann läuft derjenige, der sein WLAN-Netz für andere öffnet, nicht mehr Gefahr, wegen deren Verhalten abgemahnt zu werden und der Weg wäre tatsächlich frei für flächendeckend offene WL.