Chefin in der IT-Branche

Frauen haben keinen typischen Führungsstil

26.05.2016
Von 
Peter Gruber arbeitet für die Portale Computerwoche und CIO.
Annette Maier hat es bei VMware, Anbieter von Software im Bereich Virtualisierung, Cloud-Infrastruktur und Unternehmensmobilität, zur Deutschland-Chefin gebracht. Hier berichtet sie von ihren Erfahrungen als Frau in der IT-Branche und gibt Tipps, wie Frauen Karriere, Beruf und Familie erfolgreich unter einen Hut bringen sind.
  • Frauen mit beruflichen Ambitionen sollten das Networking nicht vernachlässigen.
  • Weiterbildung, Coaching und Zusatzqualifikationen aktiv bei Vorgesetzten aktiv einfordern.
  • Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollte nicht aus den Augen verloren werden.

Frau Maier, Sie sind als Deutschland-Chefin von VMware eine Frau in Führungsposition. Was empfehlen Sie jungen Frauen für ihre Karriereplanung?

MAIER: Ich persönlich rate von einer zu starren Karriereplanung ab, denn heutzutage wird es immer wichtiger, flexibel zu sein. Bei der Berufswahl sollte man sich für eine Tätigkeit entscheiden, die einem in erster Linie Spaß macht und gleichzeitig fordert. Hierzu passt mein Lieblingszitat von Henry Ford sehr gut: "Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Ein sehr wichtiger Aspekt, der von Frauen manchmal etwas vernachlässigt wird, ist Networking - man sollte sich vernetzen, Kontakte pflegen, sich positionieren und sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens sichtbar machen.

Annette Maier: Die IT-Branche braucht keine Frauenquote, aber Jobs, die für Frauen attraktiver gestaltet werden.
Annette Maier: Die IT-Branche braucht keine Frauenquote, aber Jobs, die für Frauen attraktiver gestaltet werden.
Foto: VMware Deutschland

Wie fördern Sie junge Talente? Und welche Art der Förderung haben Sie selbst erfahren?

MAIER: Die Unterstützung, Förderung und Motivation junger Talente liegt mir besonders am Herzen. Der persönliche Kontakt ist für mich der ausschlaggebende Punkt. Deshalb halte ich Mentoring- und Coaching-Programme für unerlässlich. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich aber auch, dass Eigeninitiative immer gerne gesehen und honoriert wird. Wer Unterstützung und Förderung aktiv einfordert, hat bessere Karten als derjenige, der wartet, bis jemand auf ihn zukommt. Daher mein Tipp: Vorschläge machen, aktiv auf Vorgesetzte und erfahrene Kollegen zugehen und Weiterbildungen, Zusatzqualifikationen und Coaching anfragen.

Wie setzt man sich am besten durch?

MAIER: Um sich beruflich durchzusetzen, ist es wichtig, ein eindeutig definiertes Ziel zu haben, und dieses nicht aus den Augen zu verlieren - nicht nur als Chef. Man sollte klare Entscheidungen treffen, die auch manchmal unbequem sein können, und diese konsequent umsetzen. Auch Rückschläge oder Umwege gehören dazu, denn nicht immer führt der direkte Weg am schnellsten zum Erfolg. Und oft stellt sich der vermeintliche Umweg hinterher als wertvolle Erfahrung heraus.

Ist der Führungsstil von Frauen anders? Und was zeichnet Ihren Führungsstil aus?

MAIER: Meiner Meinung nach gibt es keinen typisch weiblichen oder männlichen Führungsstil. Wie man ein Team leitet, hängt stark von der Persönlichkeit der jeweiligen Führungskraft ab. Ich beschreibe meinen Führungsstil als teamorientiert, klar und konsequent sowie kreativ und realistisch. Gemeinsam mit meinen Mitarbeitern möchte ich Projekte voranbringen und Erfolge erzielen. Ein gewisses Maß an Stress gehört natürlich dazu. Es ist es mir jedoch wichtig, positiv und mit Zuversicht an die Aufgaben heranzugehen und diese Sichtweise auch meinem Team zu vermitteln.

Was hat Sie dazu bewogen, in die IT-Branche zu gehen?

MAIER: Nach meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Köln hatte ich mehrere Optionen, darunter Wirtschaftsprüfung und Softwarevertrieb. Ich entschied mich für den Softwarevertrieb, da ich in dieser Position die Möglichkeit hatte, mich einzubringen, kreativ zu sein und etwas zu bewegen. Der Technologieaspekt in Verbindung mit der Vertriebstätigkeit stellte für mich schon damals einen interessanten Kontrast und eine Herausforderung dar. Weiterhin reizten mich damals wie heute Trend- und Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Virtualisierung und Cloud Computing.

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem Berufsleben besonders geprägt?

MAIER: Mit der Zeit habe ich gelernt, dass jede Veränderung gleichzeitig auch eine neue Chance bedeutet. Ich versuche, neue Herausforderungen stets positiv zu betrachten, denn mit Motivation und Spaß erreicht man seine Ziele viel leichter. Ein weiterer Aspekt, der für mich im Laufe der Jahre an Bedeutung gewann, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Sie selbst haben drei Kinder. Wie vereinbaren Sie Ihren Arbeits- und Familienalltag?

MAIER: Ich habe Spaß in meinem Job, und das spürt meine Familie. Als Familie sind wir ein gut organisiertes Team, in dem jeder seine Rolle und seine Aufgaben hat. Aber wir können auch zusammen über Dinge lachen, die ab und zu natürlich auch mal schieflaufen.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Berufsalltag als Deutschland-Chefin von VMware?

MAIER: Drei Themenbereiche sind mir in meiner neuen Position als Deutschland-Chefin bei VMware besonders wichtig: Kunden, Menschen und das Geschäft. Es ist nicht immer einfach, diese drei Bereiche unter einen Hut zu bekommen. Ich würde viele Themen gerne schneller angehen und umsetzen als es möglich ist - das ist meiner Ungeduld geschuldet. In meinem Berufsalltag stehe ich täglich vor der Herausforderung, Prioritäten zu setzen und mein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Getreu nach dem Motto: What matters most.

Was war Ihr bislang größter Karriere-Erfolg/Misserfolg und wie haben Sie diesen bewältigen können?

MAIER: Ich bin stolz, heute Deutschland-Chefin von VMware zu sein. Der Schlüssel zum Erfolg liegt für mich in einem gut aufgestellten Team für Deutschland, in kreativen Ideen und neuen Ausätzen sowie in der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern.

Als ich vor einigen Jahren zu einem neuen Unternehmen gewechselt bin, erlebte ich meinen bisher größten Karrieremisserfolg. Das besagte Unternehmen wurde nur vier Tage nach meinem Einstieg aufgekauft und verlor damit seinen Fokus. Doch auch schwierige Situationen können einen weiterbringen, denn aus jeder Erfahrung kann man etwas lernen.

Was sind Ihre beruflichen Ziele als Deutschland-Chefin von VMware?

MAIER: Mein Ziel ist es, Deutschland zum wichtigsten Land für VMware in Europa zu machen - mit innovativen Kundenprojekten und einem starken Umsatz. Ich freue mich schon darauf, diese Aufgabe zusammen mit meinem Team anzupacken. Für unsere Kunden ist die derzeit größte Herausforderung die digitale Transformation. Der Wandel hin zu einem digitalen Unternehmen verlangt vor allem Aufgeschlossenheit für Themen wie Virtualisierung, Cloud Computing und dem softwaredefinierten Rechenzentrum. Außerdem möchte ich VMware als attraktiven Arbeitgeber positionieren und unser soziales Engagement weiter vorantreiben.

Braucht es eine Frauenquote auch in der IT-Branche?

MAIER: Meiner Meinung nach brauchen wir keine Frauenquote in der IT-Branche. Vielmehr sollten Jobs in dieser Branche für Frauen attraktiver gestaltet werden. Denn wir benötigen dringend qualifizierte Nachwuchskräfte in diesem Bereich. Ich möchte junge Universitätsabsolventinnen gerne dazu motivieren, über einen Einstieg bei VMware nachzudenken - und zwar in allen Bereichen vom Marketing bis zur Produktentwicklung. (pg)