In regelmäßigen Abständen werden neue Technologien gehypt, ohne die es angeblich keine Zukunft mehr gibt. Umso wichtiger wird in diesen Zeiten die Faustregel, dass man nie aus Technologiegründen etwas im eigenen Unternehmen ändern sollte. Stattdessen muss der tatsächliche Nutzen im Vordergrund stehen. Neue Technologien können dabei das Mittel zum Zweck sein. Ein Selbstzweck oder gar ein Allheilmittel sind sie jedoch keinesfalls.
Die ineffizienteste Datenbank der Welt
Obwohl Blockchain für die Krypto-Währung Bitcoin bereits seit längerer Zeit genutzt wird, steigt die Bekanntheit der disruptive Technologie in letzter Zeit sprunghaft an. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Blockchain immer häufiger als revisionssichere und unveränderbare Ablagemethode für sämtliche Daten und Informationen angesehen wird. Doch einige Experten sehen darin lediglich die erste Evolutionsstufe von Blockchain.
"Blockchain ist per Design die ineffizienteste Datenbank der Welt", sagt Sascha Hellermann vom Beratungsunternehmen Cocus. Ziel müsse vielmehr sein, sinnvolle und nützliche Use Cases zu finden und zu entwickeln, die das volle Potenzial von Blockchain für das jeweilige Unternehmen erschließen. Losgelöst betrachtet sei Blockchain sogar uninteressant und auch nicht wirklich neu.
"Letztlich gibt es zwei valide Anwendungsfälle", so Sascha Hellermann. "Einmal als Basis für Krypto-Währungen wie Bitcoin etwa für mobiles Bezahlen, und einmal im Bereich Smart Contracting. Im Smart Contracting liegt die Zukunft der Technologie, da sie automatisierte Verträge ermöglicht und die Bezahlung gleich über eine Krypto-Währung mit abgewickelt werden kann. Blockchain schafft so letztlich eine Plattform, die sowohl bei bekannten als auch bei unbekannten Partnern die Erfüllung von Verträgen garantiert", nennt Sascha Hellermann die wichtigsten Vorzüge.
- Blockchain
Blockchain wird in den kommenden Jahren zur Schlüsseltechnologie in der IT werden. - (1) Transaktion
Die Transaktion ist die elementare Grundeinheit der Blockchain. Zwei Parteien tauschen Informationen miteinander aus. Dies kann der Transfer von Geld oder Vermögenswerten, der Abschluss eines Vertrags, eine Krankenakte oder eine Urkunde sein, die digital gespeichert wurde. Transaktionen funktionieren im Prinzip wie das Versenden von E-Mails. - (2) Verifizierung
Die Verifizierung prüft, ob eine Partei die entsprechenden Rechte für die Transaktion hat. Die Prüfung erfolgt augenblicklich oder es wird in eine Warteschlange geschrieben, die die Prüfung später durchführt. An dieser Stelle werden Knoten, also Computer oder Server im Netzwerk, eingebunden und die Transaktion verifiziert. - (3) Struktur
Die Transaktionen werden zu Blöcken zusammengefasst, wobei diese mit einer Hash-Funktion als Bit-Nummer verschlüsselt werden. Die Blöcke können durch die Zuweisung des Hash-Wertes eindeutig identifiziert werden. Ein Block enthält einen Header, eine Referenz auf den vorhergehenden Block und eine Gruppe von Transaktionen. Die Abfolge der verlinkten Hashes erzeugt eine sichere und unabhängige Kette. - (4) Validierung
Bevor die Blöcke erzeugt werden, müssen die Informationen validiert werden. Das am meisten verbreitete Konzept für die Validierung von Open-Source-Blockchains ist das „Proof of Work“-Prinzip. Dieses Verfahren stellt in der Regel die Lösung einer schweren mathematischen Aufgabe durch den Nutzer beziehungsweise dessen Computer dar. - (5) Blockchain Mining
Der Begriff Mining stammt aus der Bergbau und meint das „Schürfen“. Bei diesem Vorgang wird der Block erzeugt und gehasht. Um zum Zug zu kommen, müssen die Miner ein mathematisches Rätsel lösen. Wer als Erstes die Lösung hat, wird als Miner akzeptiert. Der Miner erhält für seine Arbeit ein Honorar in Form von Kryptowährung (Bitcoin). - (6) Die Kette
Nachdem die Blöcke validiert wurden und der Miner seine Arbeit verrichtet hat, werden die Kopien der Blöcke im Netzwerk an die Knoten verteilt. Jeder Knoten fügt den Block an der Kette in unveränderlicher und unmanipulierbarer Weise an. - (7) Verteidigung
Wenn ein unehrlicher Miner versucht, einen Block in der Kette zu ändern, so werden auch die Hash-Werte des Blockes und der nachfolgenden Blöcke geändert. Die anderen Knoten werden diese Manipulation erkennen und den Block von der Hauptkette ausschließen.
Vertragsabschlüsse in Echtzeit – Manipulation ausgeschlossen
Während sich Blockchain als Grundlage für Krypto-Währungen bereits profiliert und etabliert hat, ist der Einsatz im Bereich des Vertragswesens bislang noch wenig verbreitet. Das könnte sich bald ändern. Denn dank Blockchain können Verträge und komplette Verwaltungsaufgaben günstiger, sicherer und leichter nachvollziehbar werden – und vor allem schneller.
Anstatt Dokumente wie Bestellungen und Auftragsbestätigungen hin und herschicken zu müssen, können Verträge selbst über Ländergrenzen hinweg per Blockchain quasi in Echtzeit abgeschlossen werden. Schließlich basiert Blockchain auf einem mitunter weit vernetzten Peer-to-Peer-System, in dem sämtliche Aktionen überprüft, bestätigt sowie in Blöcken zusammengefasst und miteinander verkettet werden. Informationen in dieser Informationskette aus Blöcken (daher der Name Blockchain) sind unveränderlich und somit wie in Stein gemeißelt – und Manipulationen somit ausgeschlossen.
Verträge, die per Blockchain dokumentiert sind, können also auch Jahrzehnte später noch nachvollzogen werden. Kommen neue Informationen hinzu, werden diese nicht ausgetauscht, sondern vielmehr linear hinzugefügt. Da sämtliche Informationen im Netzwerk an vielen verschiedenen Stellen abgesichert sind, ist es nicht möglich, dass diese verloren gehen, wenn es an einer Stelle zu ungewolltem oder auch absichtlich herbeigeführtem Datenverlust kommt.
Drei Arten von Blockchain für unterschiedliche Bedürfnisse
Wo und wie oft die Daten abgespeichert sind, hängt davon ab, welche der drei Arten von Blockchains verwendet wird. Bei privaten Blockchains bleibt alles im eigenen Unternehmensnetzwerk, weshalb sich diese Anwendungsart in erster Linie für Tests eignet, bevor weitreichender Projekte angegangen werden.
Erstreckt sich das Netzwerk über mehrere Parteien wie beispielsweise die kompletten Vertragspartner eines Unternehmens, spricht man von einem Konsortium. Ratsam ist in diesem Fall, dass die abgespeicherten Informationen nicht allen Parteien zugänglich sind, sondern je nach Bedarf durch Passwörter geschützt werden. Für die meisten Unternehmen weniger interessant sind so genannte "Public Blockchain", bei denen die Daten im weltweiten Netzwerk abgespeichert sind.
- Ethereum
Eine weitere Kryptowährung, die auf dem Blockchain-Prinzip basiert. Bietet eine Plattform für programmierbare Smart Contracts. Die "Ether" werden von Fans als legitime Nachfolger der Bitcoins angesehen (siehe auch obiges Bild). - Cryptlet
Von Microsoft für die Azure-Cloud entwickelter Service, mit dessen Hilfe Anwender externe Daten in eine Blockchain einpflegen können, ohne ihre Sicherheit und Integrität zu zerstören. Cryptlets können als indvidualisierte Middleware auch von Azure-Anwendern selbst entwickelt werden - in jeder beliebigen Programmiersprache - und sollen die Brücke von der Blockchain hin zu neuen Business-Services in der Cloud schlagen. - Kryptowährung
Digitales Geld, ohne Münzen und Scheine. Mithilfe von Kryptografie wird ein verteiltes, sicheres und dezentralisiertes Zahlungssystem aufgebaut. Benötigt keine Banken, sondern Rechenpower und technische Hilfsmittel wie die Blockchain. - Blockchain
Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden (daher auch der Begriff "Blockchain" = "Blockkette"). Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks. <br /><br /> Entwickelt wurde das technische Modell der Blockchain im Rahmen der Kryptowährung Bitcoin - als webbasiertes, dezentralisiertes, öffentliches Buchhaltungssystem aller Bitcoin-Transaktionen, die jemals getätigt wurden. - Bitcoin Core
Die Open-Source-Software validiert die gesamte Blockchain und wurde Anfang 2009 von einem gewissen <a href="http://www.computerwoche.de/a/neue-hinweise-auf-moeglichen-urheber-von-digitalwaehrung-bitcoin,3220391" target="_blank">"Satoshi Nakamoto"</a> unter dem Namen "Bitcoin" veröffentlicht. Bitcoin Core war in C++ zuächst vor allem für Windows-Systeme programmiert worden. Wenig später folgte die Portierung auf GNU/Linux. Weil die Entwickler sich zerstritten, existieren mittlerweile einige Derivate der Bitcoin-Software, unter anderem Bitcoin XT, Bitcoin Unlimited oder Bitcoin Classic. - BigchainDB
Die "skalierbale Blockchain-Datenbank" kann bis zu einer Millionen Schreibvorgänge pro Sekunde verwalten, Petabytes an Daten speichern und wartet trotzdem mit einer Latenzzeit von unter einer Sekunde auf - das alles dezentralisiert verwaltet und bei höchster Datenintegrität. Technische Grundlage ist die Blockchain-Technologie. - Distributed Ledger
Finanz-Fachbegriff für "verteilte Kontoführung". Bitcoin ist ein komplett neuer technischer Ansatz, um Informationen über bestimmte Zuordnungen zu verteilen. Es gibt hier kein klassisches Konto mehr, das zentral bei einer Bank geführt wird, sondern die "Kontoführung" basiert auf einem Netzwerk von kommunizierenden Systemen. - Smart Contract
Ein Computerprotokoll, das Verträge abbilden oder überprüfen oder die Verhandlung eines Vertrags technisch unterstützten kann. Könnte künftig den schriftlichen Vertragsabschluss ersetzen. - R3CEV
Das Startup R3 CEV baut die blockchainbasierte "Global Fabric for Finance". Mit rund 50 Finanzpartnern soll die größte Blockchain der Welt entwickelt werden - ein erster Testlauf mit elf Großbanken, darunter Barclays, Credit Suisse, HSBC, UBS und UniCredit wurde bereits erfolgreich absolviert. R3CEV ist eine strategische Partnerschaft mit Microsoft eingegangen, um Blockchain-Infrastruktur und -Technologie in der Azure Cloud entwickeln zu können. - Ripple
Ein Open-Source-Protokoll für ein Zahlungsnetzwerk - derzeit noch in der Entwicklung. P2P-Zahlverfahren und Devisenmarkt in einem, basiert auf der Kryptowährung "XRP". Ripple-Nutzer sind jedoch nicht auf diese eine Währung festgelegt, sondern können jede beliebige Währung verwenden - also beispielsweise auch Euro, Dollar oder Yen.