Rechnungswesen

Fakturierungsrückstände werden zur Cash-Falle

28.12.2015
Von 


Paul Moody ist als Direktor bei REL, einer Tochter der Hackett Gruppe, verantwortlich für die Projektentwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Schwerpunkte sind unter anderem Working Capital und Supply Chain Optimierung.
Die Zeitspanne zwischen angefallenen Kosten und dem Zahlungseingang vonseiten der Kunden gefährdet leicht die Liquidität der Unternehmen, wenn sie nicht konsequent minimiert wird.

Um die Leistung im Forderungsmanagement zu verbessern, sollten Rechnungen möglichst zeitnah nach Leistungserbringung gestellt werden und ebenso zeitnah beim Kunden zur Bearbeitung eintreffen. Je früher der Kunde die Rechnung erhält, desto eher wird die Rechnung bearbeitet und bezahlt.

Es gilt, den Wert der unfakturiert ist, so gering wie möglich zu halten.
Es gilt, den Wert der unfakturiert ist, so gering wie möglich zu halten.
Foto: Syda Productions - shutterstock.com

Fakturierungsrückstände binden nicht nur Kapital und verhindern Liquidität, sie können Unternehmen finanziell ernsthaft gefährden. Das gilt vor allem für Industrien, die erhebliche Vorleistungen erbringen müssen, bevor die Kunden zahlen, also besonders Projektbereiche wie Anlagenbau, Bauindustrie, Maschinenbau und IT. Das gilt aber auch für Dienstleister wie Marketingagenturen, Anwaltskanzleien und im Gesundheitswesen.

Externe Barrieren

Oft liegt es an den Kunden, wenn die Bezahlung der Rechnungen auf sich warten lässt: Sie bestehen auf einmaligen Endrechnungen und lehnen Zwischen- oder Teilrechnungen ab. Zur Zahlung erst zum Projektabschluss kommt zudem noch die oft zeitaufwändige Projektdokumentierung, die zu weiteren Verzögerungen führt.
Beide Hemmnisse können durch geschickte Vertragsverhandlungen weitgehend vermieden werden, wenn das Vertragswerk in Einzelleistungen mit klar umrissenem Umfang und Modalitäten gegliedert wird, für die exakt definierte Zahlungsziele und Leistungspreise vorgegeben sind. Und auch wenn es fast eine Binsenweisheit ist: Die korrekte Rechnungsadresse, Bestellungsnummer und die zuständige Kontaktperson beim Kunden für die jeweilige Rechnung müssen bekannt sein.

Neben diesen Basiselementen gibt es weitere Möglichkeiten, Cash-Fallen durch nicht fakturierte Forderungen zu vermeiden - der Rechnungsstellungsprozess muss optimiert werden:

  • Frühere Rechnungsstellung
    Vertraglich festgelegte Rechnungsdaten, die sich an den Aufwendungen wie Arbeitszeit und Material orientieren, können vorteilhafter sein als die Rechnungsstellung analog zu Projekt-Meilensteinen.

  • Öftere Rechnungsstellung
    Vorauszahlungen sollten vertraglich vereinbart werden, um Kreditrisiken zu vermeiden. Als Daumenregel können zweiwöchentliche Rechnungsstellungen vertraglich fixiert werden, in denen Arbeitszeit und Material fakturiert werden.

  • Festgelegte Verantwortung
    Beim Kunden muss feststehen, wer für die Bearbeitung der Rechnungen zuständig ist, in welchem Zeitrahmen die Bearbeitung erfolgen muss und welche Konsequenzen sich ergeben, wenn die Bearbeitung nicht zeitnah oder überhaupt nicht erfolgt. Die permanente Kommunikation mit dem Kunden ist eine Voraussetzung für eine nachhaltige Partnerschaft.

  • Umfassende Information
    Die mit der Rechnungsstellung befasste Abteilung der Unternehmen muss umfassend informiert sein über alle vereinbarten Vertragsdetails. Das gewährleistet, dass die Rechnungen exakt mit den geschlossenen Verträgen korrelieren und keinen Anlass zu eventuellen Auseinandersetzungen bieten.

Eine korrekte und regelmäßige Fakturierung schafft Vorteile: Der Umsatz wird stabilisiert und das Unternehmen hat einen guten Überblick über das bereits Geleistete. Die Kundenkonten spiegeln den Status quo wieder und eventuelle Rabatte können exakt kalkuliert werden. Und vor allem: Der Cashflow kann erheblich verbessert werden - je eher die Rechnung gesendet wird, desto eher erfolgt das Inkasso.

Interne Hemmnisse

Neben den genannten externen Faktoren wird das Faktum der Fakturierungsrückstände auch stark beeinflusst durch unternehmensinterne Gegebenheiten. Beispielsweise im sehr komplexen Anlagenbau oder der Baubranche wird die Rechnungstellung oft verzögert durch das Fehlen relevanter Informationen, die sich die Finanzabteilung erst mühsam beschaffen muss. Auch die interne Bürokratie verursacht eine spätere Rechnungsstellung: Etwa wenn das Unternehmen grundsätzlich Rechnungen zum Monatsende verschickt, obwohl die Rechnungen schon zu Monatsbeginn oder zur Monatsmitte gestellt werden könnten.

Die frühere und schnelle Rechnungsstellung wird dann erleichtert, wenn zwei KPIs (Leistungskennzahlen) genutzt werden: Einmal die Days Unbilled Outstanding (DUO), also das Zeitfenster zwischen den angefallenen Kosten und der Rechnungstellung. Das zeigt, wie viel Tage vergehen, bis die Rechnung gestellt werden kann.
Die frühere und schnelle Rechnungsstellung wird dann erleichtert, wenn zwei KPIs (Leistungskennzahlen) genutzt werden: Einmal die Days Unbilled Outstanding (DUO), also das Zeitfenster zwischen den angefallenen Kosten und der Rechnungstellung. Das zeigt, wie viel Tage vergehen, bis die Rechnung gestellt werden kann.
Foto: REL

Als zweite wichtige KPI dient billing delay, also die Zeitverzögerung zwischen der effektiven Rechnungsversendung und dem ursprünglich geplanten Termin der Rechnungstellung, dem billing trigger date, also dem Datum, das die Rechnungsstellung auslöst. Diese Kennzahl kann aber nur dann generiert werden, wenn das billing trigger date im System festgehalten ist.

Die Erfassung und Verfolgung dieser KPI zeigt die Grundursache der verzögerten Zahlungseingänge.
Die Erfassung und Verfolgung dieser KPI zeigt die Grundursache der verzögerten Zahlungseingänge.
Foto: REL

Best Practice wäre es, im Rechnungswesen automatisierte billing triggers einzuführen, die selbsttätig bei Auslieferungen Rechnungen erstellen.

Am runden Tisch

Ein anderer Weg, die Cash-Fallen durch nicht fakturierte Forderungen zu vermeiden, ist die Installation regelmäßiger Meetings, in denen die Interessenvertreter der unterschiedlichen Unternehmensabteilungen sich mit dem Thema befassen - Unternehmen, die ihre Fakturierungsrückstände erfolgreich minimieren, praktizieren solche Meetings bereits. Diese Komitees treffen sich in regelmäßigen Abständen, um

  • unfakturierte Forderungen in Form einer Top-Liste der zehn wertmäßig wichtigsten Kundenprojekte mit Faktuierungsrückständen zu priorisieren.

  • Die Gründe für die Nichtfakturierung zu erfassen und zu katalogisieren - damit können die Ursachen erkannt und beseitigt werden.

  • Deadlines und Verantwortliche festzulegen: Für jede der nicht fakturierten Forderungen sollte ein Verantwortlicher benannt, Maßnahmen zur Lösung definiert und eine Deadline für die Lösung festgelegt werden. Damit werden nicht nur die Gründe für die fehlende Rechnungstellung erkannt - fast wichtiger noch: Die zugrunde liegenden Probleme werden analysiert und können gelöst werden.

Und schließlich sollten Unternehmen Prozeduren entwickeln und klare Verantwortlichkeiten schaffen, um die "unbilled receivables" so weit wie möglich einzudämmen. Denn Eines liegt auf der Hand: Sind die nicht fakturierten Forderungen hoch, wird die Unternehmensliquidität negativ beeinflusst. Und wie die letzte Finanzkrise wieder gezeigt hat, kann Liquidität den Unterschied machen zwischen Erfolg und Untergang. (bw)