Mit fünf Keynote- und 18 Fachvorträgen, 14 Ausstellern und 160 ausgewählten Gästen, überwiegend CDOs, CIOs oder deren Vertreter, war es die bislang größte herstellerübergreifende Low-Code-Konferenz in Europa. Die Veranstaltung wurde vom Branchenverband der Berlin/Brandenburger IT-Industrie (SIBB) organisiert. Der Verband plant, den Low Code Day zu einem regelmäßig stattfindenden Event in Berlin zu entwickeln.
Low-Code-Plattformen sind Tools oder Dienste, die anstelle von Programmierung visuelle und deklarative Methoden verwenden. Damit soll die Entwicklung von Anwendungssoftware effizienter gestaltet werden. Zudem ermöglichen Low-Code-Plattformen auch Nicht-Programmierern, den sogenannten Citizen Developers oder Business Developers aus den Fachabteilungen großer Unternehmen, professionelle Softwarelösungen zu entwickeln.
Low Code gilt als eine der Schlüsseltechnologien der digitalen Transformation. Das liegt in erster Linie an der Schnelligkeit, mit der Digitalisierungsideen umgesetzt werden können. Des Weitern bitet es eine Möglichkeit, Problemen durch den immer weiter anwachsenden Fachkräftemangel in allen IT-Berufen entgegenzuwirken.
Die Zukunft der Softwareentwicklung
Zum Auftakt referierte Jan Berger, CEO des Zukunftsforschungsinstituts 2bAhead, über die Zukunft der Softwareentwicklung. Er stellte die Frage, ob es wirklich vorstellbar sei, dass im Jahr 2030 Software immer noch entwickelt werde, indem Dutzenden zusammengekaufte Programmierer hunderttausende Zeilen kryptischen Programmcode in Tastaturen eingetippen. Angesichts des rapiden Wandels, den die IT-Welt in den letzten zehn Jahren durchlaufen habe, sollten Paradigmenwechsel wie der der Low-Code-Methodik nicht überraschen. Low Code sei angetreten, die heute immer noch übliche Java-Programmierung sowie das heutige Verständnis von Agilität zu überwinden und durch etwas Neues und Besseres zu ersetzen. "In zehn Jahren ist SCRUM-agil sowas von gestern," so Berger.
John Rymer, der Erfinder des Begriffs Low Code
Das Highlight der Fachkonferenz war der Keynote-Vortrag von John Rymer, Vice President des US-Analystenhauses Forrester Research. Er hat im Jahr 2014 den Begriff Low Code erfunden. Damit hat er verschiedene Entwicklungslinien unter einem Begriff vereint, die aufwändige manuelle Programmierung bei der Entwicklung von Anwendungssoftware auf ein absolutes Minimum beschränken sollen. Die von ihm eingeführte einheitliche Bezeichnung führte zu einer deutlich höheren Bekanntheit und Akzeptanz. Hersteller wie Outsystems, Mendix, Appian und Scopeland Technology waren zu dieser Zeit mit ihren Angeboten längst erfolgreich auf dem Markt präsent.
Seither tummeln sich auf dem Low-Code-Markt hunderte Startups und Softwarehäuser. Auch die ganz Großen der Branche reihen sich mit ihren Produkten neuerdings mit ein. Unter der Leitung von John Rymer vergleicht Forrester Research in regelmäßigen Abständen Low-Code-Anbieter in Forrester-Wave-Berichten. Etliche der darin als führend eingestuften Anbieter waren auch auf dem Berlin Low-Code Day vertreten.
Für jeden das passende Low Code Tool
In seinem Vortrag stellte Rymer die Unterschiede zwischen Low-Code-Plattformen für professionelle Softwareentwickler und solchen für Business Developer heraus. Letztere diene auch als Alternative zu Schatten-IT, die sich in den letzten Jahrzehnten unkontrollierbar ausgebreitet habe.
In Deutschland ist Low Code noch weitgehend unbekannt, obwohl das Interesse an der Technologie laut Rhymer seit 2014 deutlich gestiegen sei und in den nächsten zwölf Monaten weiterhin zunehmen soll. In den USA sei Low Code aber längst zum Mainstream geworden. Rymer stützt sich dabei auf Forrester-Zahlen, nach denen eine deutliche Mehrheit der Entwickler in den USA inzwischen auf Low Code umgeschwenkt sei oder den Umstieg vorbereite. Das gilt sowohl für professionelle Softwareentwickler als auch für Citizen Developer.
Lesetipp: Low-Code-Plattformen auf einen Blick
Das lässt sich heute mit Low Code erreichen
Eine weitere Keynote präsentierte Praxisbeispiele, nach denen eine Effizienzsteigerung um den Faktor zehn durch Low-Code-Einsatz erreichbar sei. Zudem sei es auch realistisch, mindestens 98 Prozent des Codes automatisch generieren zu lassen.
Des Weiteren gebe es in Deutschland keine klare Differenzierung zwischen professionellen Low-Code-Entwicklern und Citizen Developern. Low-Code-Entwickler seien eher eine Mischung aus beidem, sozusagen 'Professionelle Citizen Developer'. Folglich stünden die Anbieter auch vor ganz anderen Herausforderungen, denen Unternehmen in ihrem Business Modell gerecht werden müssten. Es ließe sich demnach hierzulande ein Trend zur Herausbildung eines neuen Berufsbildes erkennen: dem des Low Code Developers.