Prozess- und Roboter-Optimierung

Erst automatisieren und dann optimieren?

27.05.2020
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Alexander Steiner ist Chief Solution Architect der meta:proc GmbH und übersetzt Kundenanforderungen in technisch umsetzbare Lösungen. Der studierte Diplom-Ingenieur eignete sich in diversen Innovationsprojekten eine hohe Fachkompetenz im Bereich „Lösungen unter Einsatz digitaler Agenten“ und „eigenverantwortlich agierender IT Service Management Systeme“ in Bezug auf Entwicklung, Umsetzung und Betrieb an.

Zeitpunkt entscheidend für Erfolgsrate

Kritischer im Hinblick auf die schnelle und effektive Umsetzung eines RPA-Projekts wären hingegen komplexere Veränderungen des Prozessablaufs oder mögliche Anpassungen in der Applikationslandschaft zu sehen. Kommt es zur Umgestaltung eines Prozesses, ändert sich in der Regel auch die Vorgehensweise der manuellen Bearbeitung sowie in einigen Fällen die Art und Qualität von Ein- beziehungsweise Ausgabedaten oder Berechtigungen.

Solche Projekte erfordern grundsätzlich die Beteiligung weiterer Abteilungen, die es zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt zu involvieren gilt. Infolgedessen steigt in Bezug auf die Inbetriebnahme sowohl die Laufzeit als auch die Komplexität - ein möglicher Business Case wird auf diese Weise unter Umständen negativ beeinflusst.

Die Verantwortlichen müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Ressourcen nur begrenzt zur Verfügung stehen, wenn sie die Prozessoptimierung als Teil ihres Digitalisierungsprogramms durchführen wollen. Oftmals stammen die Projektbeteiligten aus Entwicklungsabteilungen beziehungsweise werden aus dem Tagesgeschäft rekrutiert und sind damit nur eingeschränkt verfügbar.

Dieser Umstand wirkt sich wiederum negativ auf die Laufzeit und letztendlich auch auf den Erfolg eines Automatisierungsprojekts aus. Besonders wenn Prozessveränderungen erhebliche Einflüsse auf die Funktion des Bots haben und somit der Komplexitätsgrad des eigentlichen Projekts steigt. Als entscheidend für die Prozessoptimierung zeigt sich die Wahl des Zeitpunktes: Dieser bestimmt den Aufwand, der für die Anpassung der Automation entsteht, und wirkt sich damit auch auf die Erfolgsrate aus.

Reihenfolge ausloten: Was kommt zuerst?

Eine Prozessoptimierung am Ende eines Automatisierungsprojekts stellt in der Regel einen verhältnismäßig hohen Aufwand bei der Anpassung der zuvor entwickelten Bots dar. Denn jede einzelne Modifikation des Ablaufes während der nachgelagerten Optimierung fordert auch eine Abwandlung des Software-Roboters.

Wer die Prozessoptimierung dagegen direkt zu Beginn des Projekts durchführt, muss mit deutlich geringeren Auswirkungen auf den Bot rechnen. In diesem Fall nimmt die Komplexität zunächst ab und wirkt sich somit stabilisierend auf die Ausführung aus - was wiederum einen positiven Effekt auf den initialen Automatisierungsgrad des Bots hat.

Allerdings verzögert die Prozessoptimierungsphase auch den Start der RPA-basierten Bearbeitung des Automatisierungsvorhabens, denn dieser Abschnitt bildet einen nicht zu unterschätzenden Faktor im Bereich der Projektplanung. Art und Zeitpunkt der Prozessoptimierung lassen sich am besten in der Analysephase bestimmen. Hier wird deutlich, welche Anstrengungen erforderlich sind, um den vorliegenden Ablauf zu automatisieren, beziehungsweise wie groß der notwendige Aufwand ist, bis es letztendlich zur eigentlichen Automatisierung kommt.

Selbst ein gut automatisierter, aber fehlerhafter Prozess kann für einen gewissen Zeitraum immer noch eine geeignetere Lösung bilden als ein schlecht automatisierter korrekter Prozess. Denn hier fließt ein Großteil des Aufwands in die Optimierung und verbraucht schließlich bis zum Projektende alle Ressourcen, die notwendig wären, um die Software-Roboter selbst zu verbessern.

Analyse als Hygiene-Wegweiser

In der Praxis hat sich gezeigt, dass ein Automatisierungsprojekt ohne eine vorherige Prozessoptimierung schnellere Ergebnisse liefert, jedoch anschließend mehr Kapazitäten bei der Roboteroptimierung erfordert. Außerdem besteht die Gefahr einer möglicherweise instabilen Ausführung der Automation.

Während der Entwicklung beinhaltet sie allerdings auch kleine Verbesserungen an der Konfiguration, ebenso wie an der Bedienung der verwendeten Tools mit Bordmitteln. Diese stehen der Automatisierung zur Verfügung und helfen dabei, den Software-Roboter so stabil wie möglich zu gestalten.

Alles in allem steigen die Komplexität und die Laufzeit des Automatisierungsprojekts durch eine Prozessoptimierung beträchtlich, durch die effizientere Optimierung der Systeme hat sie jedoch auch einen positiven Einfluss auf den Automatisierungsgrad am Anfang der produktiven Phase. Entscheidend für das gesamte Projekt und die damit verbundenen Herangehensweisen ist die Analyse: Hier finden Anwender heraus, welcher Weg für ihr Unternehmen der richtige ist.