Ganz oben auf der Agenda zahlreicher Unternehmen steht aktuell die digitale Transformation und somit ein umfangreiches Digitalisierungsprogramm. Damit ergeben sich sowohl neue Chancen als auch Herausforderungen. Anwender müssen sich die Frage stellen, ob sie ihre Abläufe durch eine Prozess- oder eine Roboteroptimierung (Robotic Process Automation, RPA) verbessern wollen. Die zwei Unterprojekte ergeben sich zwangsläufig aus dem übergeordneten Digitalisierungsprogramm und werden oftmals fälschlicherweise miteinander vermischt.
Schritt für Schritt optimieren
Bei der Prozessoptimierung geht es darum, den grundsätzlichen Ablauf der Vorgänge zu verbessern, zu harmonisieren, sowie ineffiziente oder überflüssige Schritte abzuschaffen. Dagegen befasst sich die Roboteroptimierung mit der Verbesserung der Software-Automation an sich. Welche Optimierungslösung bietet sich nun wo an? An welcher Stelle müssen Anwender ansetzen?
Bei der zeitgleichen Durchführung von Prozess- und Roboteroptimierung entstehen in der Regel multidimensionale Fehlerbilder, die sich im Nachhinein nur noch schwer identifizieren und beheben lassen. Anwender sollten daher bereits im Voraus entscheiden, ob sie ihre Prozesse zunächst automatisieren und anschließend optimieren wollen oder andersherum.
In vielen Fällen zeigt sich allerdings sehr schnell: Jede Automatisierung bedingt immer auch eine kontinuierliche Optimierung. Im Vorfeld gilt es also festzulegen, wie und wo sich die limitierten Ressourcen eines Unternehmens am sinnvollsten einsetzen lassen. Auf diese Weise wird jeder einzelne Vorgang robotertauglich dokumentiert und der Projektverlauf insgesamt systematisch verfolgt.
Weg zur funktionalen Roboteroptimierung
Eine sorgfältige Analyse bildet die Grundlage für die Roboteroptimierung. Hier wird der existierende Prozess untersucht und anschließend eins zu eins in den Software-Roboter überführt. Zur Durchführung der Analyse gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder nutzen die Entwickler historische Daten oder sie betrachten einzelne Vorgänge im Tagesgeschäft und ziehen daraus ihre Schlüsse in Bezug auf den zu automatisierenden Prozess.
Auch Mitarbeiter-Interviews bilden eine Maßnahme zur Datengewinnung, um beispielsweise zunächst unlogisch wirkende, durch die Applikation vorgegebene Abläufe zu ermitteln und anschließend zu dokumentieren. Bei vielen Arbeitsprozessen müssen Nutzer eingegebene Daten kopieren und dafür mehrere Schritte zurückgehen, um sie in die aktuelle Eingabemaske einfügen zu können.
Alternativ finden außerhalb des Computers Prozessschritte statt, die nicht dokumentiert sind. Diese werden nicht in der Analyse abgebildet, da die Untersuchung nur den Teil des Vorgangs betrachtet, der sich auf dem Mitarbeitersystem abspielt oder im "offiziellen" Ablauf des Prozesses festgelegt ist.
Aus logischer Sichtweise dürften solche Vorgänge eigentlich gar nicht existieren, allerdings lässt sich das in der Realität oft nur schwer verhindern: Weiterführende Informationen oder vorgeschriebene Texte auf ausgedruckten Listen oder Spickzetteln liegen einsatzbereit in den Schreibtischschubladen der erfahrenen Arbeitskräfte und sorgen dafür, dass diese ihre Aufgaben effizient ausführen können.
Das Expertenwissen ist in den einzelnen Köpfen verankert und nur selten richtig ausformuliert und dokumentiert: Dabei können mit der Zeit angewachsene Informationen entweder bereits untereinander verbreitet oder auch bewusst unter Verschluss gehalten worden sein - für die Analyse macht das keinen Unterschied.
In der Untersuchungsphase fördern die Entwickler dieses gesamte angesammelte Wissen zu Tage, dazu gehören auch nicht dokumentierte Entscheidungen, die ein Mitarbeiter zum Beispiel spontan getroffen hat. Naturgemäß lässt ein Prozess immer Interpretationsspielraum für den jeweiligen Bearbeiter. Die Ausprägungen gilt es zu identifizieren, zu verstehen und die Wege zum Ziel bestmöglich zu konsolidieren.