ERP-Zufriedenheitsstudie

ERP-Systeme im Praxis-Check - Anwenderzufriedenheit, Nutzen und Perspektiven

24.12.2014
Von 
Karsten Sontow ist Vorstand der Trovarit AG in Aachen.

So schlagen sich die anderen großen ERP-Anbieter

SAP ERP zeigt sich sowohl im Hinblick auf die Gesamtzufriedenheit sowohl mit der Software als mit den Einführungs- und Wartungsdienstleistungen der verschiedenen SAP-Dienstleister nahezu unverändert. Gemessen an den anderen Lösungen für größere Unternehmen liegt die Lösung knapp vorne und das Urteil über die Dienstleistungen im guten Mittelfeld. Allerdings fallen doch einige Veränderungen (negativ) auf: So wurde die "Anwenderfreundlichkeit" der Software - ausgehend von einem ausgesprochen niedrigen Niveau - nochmals deutlich schwächer bewertet (-0,279). Auch in Sachen "Anpassbarkeit & Flexibilität" (-0,183) schneidet die Software schwächer ab als im Jahr 2012. Schließlich wird der Software bescheinigt, dass sie nur in sehr beschränktem Maße mobil einsetzbar ist. Herausragend bewertet wird dagegen die "internationale Einsetzbarkeit" (Schulnote 1,64) der Software. Ähnliches gilt für die Integrationsfähigkeit über "Schnittstellen" (Schulnote 2,0). Im Vergleich zu anderen Lösungen dieser Gewichtsklasse überdurchschnittlich gut bewertet wird zudem die "Release-Fähigkeit". Entsprechend aktuell sind auch die Release-Stände bei den Teilnehmern der Studie: Über 85 Prozent der Teilnehmer haben ihre Installation seit 2011 aktualisiert. Spürbar nachgegeben hat allerdings die Bewertung der Wartungspartner in Sachen "Support/Hotline" (-0,284) sowie bei der "Betreuung durch den Account-Manager" (-0,342). Angesichts zahlreicher Neuerungen im Leistungsangebot der SAP rund um SAP ERP, die der Hersteller seit 2013 vorgestellt hat (zum Beispiel HANA, SAP Fiori, Cloud-Services), stecken die SAP-Anwender derzeit offenbar in einer Art Übergangsphase: Einerseits adressieren die Maßnahmen der SAP unmittelbar vielfach kritisierte Schwachpunkte (insbesondere "Usability" sowie "Formulare & Auswertungen") andererseits braucht es doch erhebliche Zeit, bis diese Neuerungen auch ihren Weg zu den Anwendern gefunden haben. Zumal im Mittelstand, wo dieser Weg zwingend über die SAP-Partner geht, die sich ihrerseits zunächst einmal mit den Neuerungen vertraut machen müssen.

Microsoft Dynamics NAV liegt unter den "Mittelstandslösungen" im hinteren Mittelfeld. Die Anwenderzufriedenheit mit der Software ist mit der Schulnote "Gut" insgesamt weitgehend stabil. Kleinere Abstriche verzeichnet dagegen die Anwenderzufriedenheit mit den Dienstleistungen rund um den Software-Betrieb. Die Anwender bescheinigen Dynamics NAV nach erheblichen Verbesserungen im Vergleich zu 2012 (+0,288) eine überdurchschnittlich gute "Flexibilität" (Schulnote 1,9) verbunden mit einer guten "Internationalen Einsetzbarkeit" (Schulnote 2,1). Auch in Sachen "Usability" muss Dynamics NAV nach Verbesserungen gegenüber 2012 (+0,110) den Vergleich mit dem Wettbewerb nicht scheuen. Schwachpunkt der Software im Marktvergleich bleibt dagegen die "Release-Fähigkeit" (Schulnote 3,3). Auf Seiten der Dienstleistungen fallen spürbare Verbesserungen im Bereich der Anwenderschulung (+0,262) sowie - auf durchaus hohem Ausgangsniveau - bei der "Unterstützung von Updates & Release-Wechseln" und der "Branchenkompetenz" (+0,127) der Microsoft-Partner ins Auge.

Als einer der Marktführer im Bereich der mittelständischen diskreten Fertigungsindustrie erzielt proAlpha erneut ein gutes Ergebnis in Sachen Anwenderzufriedenheit: Mit einer Gesamtnote von 1,88 liegt die Software sogar leicht über dem Marktdurchschnitt während die Dienstleistungen von proAlpha und ihren Partnern mit einer Schulnote von 1,96 knapp unter dem Durchschnitt aller Lösungen abschneiden. Bei proAlpha fällt der negative Trend im Bereich der "Usability" (-0,232) auf. Dies ist insofern erstaunlich als proAlpha Anfang 2013 eine deutlich modernisierte Oberfläche vorgestellt hat. Allerdings scheinen von dieser Neuerung bis dato nur wenige proAlpha-Anwender zu profitieren, da rund 75 Prozent der Studienteilnehmer noch Release-Stände aus dem Jahr 2012 und früher betreiben. Positiv fällt dagegen das Engagement der proAlpha-Berater im Zuge der Implementierung auf: Hier sind spürbare Verbesserungen auf die Gesamtnote 1,89 zu verzeichnen.

Sehr ähnlich stellt sich die Lage beim proAlpa-Wettbewerber ABAS Business Software dar: Die Software wird ganz leicht über dem Durchschnitt (Schulnote 1,9) und die Dienstleistungen knapp darunter (Schulnote 2,03) bewertet. Allerdings kommt das Ergebnis auf anderem Wege zustande: So punktet ABAS Business Software trotz Abstrichen im Vergleich zu 2012 (-0,165) vor allem durch "Anpassbarkeit & Flexiblität" (Schulnote 1,60) und "Release-Fähigkeit" (1,82). Auch muss die Software im Bereich der "Usability" (2,10) und "Mobilen Einsetzbarkeit" (2,53) den Vergleich mit dem Wettbewerb nicht scheuen. Dabei scheint das im zweiten Halbjahr 2013 vorgestellte neue GUI bei den ABAS-Anwendern durchaus positive Wirkung zu erzielen. Anders als bei proAlpha nutzen bereits rund zwei Drittel der Anwender Release-Versionen aus den Jahren 2013 oder 2014. Negativ fällt bei ABAS eine deutlich abnehmende Zufriedenheit mit der "Anwenderschulung" sowie - damit einhergehend - mit dem "Schulungs- & Informationsangebot" auf (-0,139). Auch hier kann die Ursache durchaus in dem neuen GUI liegen, da derartige Umstellungen gerade bei langjährigen Nutzern zu einem gewissen Einarbeitungsaufwand führt, der zumindest kurzfristig als lästig und unnötig empfunden wird.