Auf den Weg in den Mainstream: ChatGPT & Generative AI ab 2022
Seit OpenAI im November 2022 seinen KI-Chatbot ChatGPT öffentlich verfügbar gemacht hat, hat sich ein Hype entfaltet, der innerhalb der IT-Branche am ehesten mit dem großen Run auf die Cloud vergleichbar ist. Allerdings schaffte ChatGPT etwas, das anderen KI-Tools bis dahin kaum gelungen war - nämlich künstliche Intelligenz auch zum Dauergesprächsthema in den Mainstream-Medien zu machen.
ChatGPT rückte auch andere Tools wie DALL-E oder Stable Diffusion ins Rampenlicht und befeuerte die berufliche wie private Nutzung der Tools. Die werden häufig als Modelle bezeichnet, weil sie versuchen, einen Aspekt der realen Welt auf der Grundlage einer (manchmal sehr großen) Teilmenge von Informationen zu simulieren oder zu modellieren. Die Ergebnisse können Erstaunen hervorrufen, werfen aber auch Fragen auf. Abseits des Hypes geht unter der glänzenden Oberfläche der Systeme weniger Revolutionäres vor sich als man glaubt: Im Grunde geht es bei Generative AI darum, mit Hilfe von Machine Learning große Datenmengen zu verarbeiten, die in vielen Fällen aus dem Netz zusammengesammelt und anschließend als Grundlage für Vorhersagen genutzt werden. Wie ChatGPT sich selbst definiert, lesen Sie im COMPUTERWOCHE-Interview mit der KI-Instanz. Mehr Informationen zur Funktionsweise, Anwendungsfällen sowie den Limitationen von Generative AI erfahren Sie in unserem Grundlagenartikel zum Thema sowie einem weiterführenden Beitrag zum Thema Large Language Models (LLMs).
Im Januar 2023 konnte MIcrosoft einen Deal mit OpenAI verkünden: Die Redmonder erklärten sich bereit, rund zehn Milliarden Dollar in das KI-Startup zu investieren. Im Gegenzug werkelt der Konzern seitdem fleißig daran, die KI-Technologie zunehmend mit seinen eigenen Softwareprodukten im Verbraucher- und Unternehmensumfeld zu verknüpfen. Der Erfolg von ChatGPT (respektive OpenAI und Microsoft) setzte eine Art KI-Goldrausch in Gang und sorgte dafür, dass auch andere große Tech-Player Anstrengungen unternahmen, um möglichst schnell ein Konkurrenzprodukt auf den Markt zu bringen - allen voran Google.
Darüber hinaus entstanden im Dunstkreis von ChatGPT zahllose weitere generative KI-Tools und -Services für diverse Einsatzzwecke und Anwendungsfälle. Das hat Folgen: Laut der kommenden Studie "Applied AI 2023" nutzt bereits jeder zweite Entscheider in der DACH-Region Generative AI - beruflich wie privat.
- Andreas Schneider, IBM
„KI ist nur so gut wie die Daten, die sie füttert. Unternehmen benötigen daher eine AI- und Data-Plattform, um Modelle möglichst kontextspezifisch und kollaborativ zu trainieren, zu validieren und zu deployen. Gleichzeitig darf dabei nicht aus den Augen verloren werden, alle Beteiligten auch abzuholen. Dass Veränderungen, beispielsweise durch die Automation von Geschäftsprozessen, nicht immer auf Begeisterung stoßen, ist völlig menschlich. Soziale Aspekte und Ängste muss man deshalb genauso berücksichtigen wie Technologie und eine umfangreiche Governance von KI-Modellen.“ - Daniel Hummel, KI Reply
„Es reicht nicht aus, lediglich theoretisch über KI-Lösungen zu diskutieren und sie zu skizzieren. Stattdessen sollten wir diese Lösungen mithilfe von Mockups simulieren, um ihren Nutzen und ihre Machbarkeit besser zu verdeutlichen. Dank der neuesten Fortschritte in der KI können wir sie schnell in Proof-of-Concepts (PoCs) umwandeln. Dies eröffnet uns die Möglichkeit, sofort auf Veränderungen zu reagieren und den nächsten Schritt in Richtung Realisierung zu gehen. Für mich ist es von zentraler Bedeutung, die uns zur Verfügung stehenden Modelle bestmöglich zu nutzen. Damit können wir in Deutschland eigenständige Innovationen vorantreiben, anstatt die Lösungen anderer zu adaptieren.“ - Michael Koch, Lufthansa Industry Solutions
„Die Nutzung von KI bringt bereits heute viele Vorteile, wir müssen den Umgang damit aber noch erlernen. Die Vision: Wir sollten KI wie ein Flugzeug verwenden. Denn auf dem Weg in den Urlaub vertrauen wir der Technik und machen uns keine Gedanken darüber, wie zum Beispiel ein Triebwerk funktioniert. Der Weg ist sicherlich noch weit, aber mit den derzeit verfügbaren Sprachmodellen und KIs können wir schon heute einfach und verlässlich gewinnbringende Lösungen entwickeln, die aktuelle Sicherheits- und Datenschutzvorgaben berücksichtigen. Eine gute Lösung sollte verwendet werden, egal welche KI im Einsatz ist. Voraussetzung dafür ist, dass sie alle ethischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen im Sinne einer Trustworthy AI und des EU-AI-Acts einhält." - Christian Eckstein, MVTec Software
„Der Anteil von KI in Bildverarbeitungssystemen ist niedriger, als man vielleicht vermuten würde. Und das hat einen einfachen Grund: Die Modelle, die unsere Kunden selbst trainieren, müssen lokal ausgeführt werden. Die Idee, dass der Anlagenbetrieb von einer Internetverbindung oder einer Cloud abhängt, ist sehr absurd in der Industrie. Auch, dass Bilddaten von Fehlerteilen zum Beispiel nach aussen geschickt werden, ist für die meisten undenkbar. Weil die Modelle lokal ausgeführt werden, braucht es eine entsprechende Hardware. Eine GPU, die in der Fertigung gekühlt werden muss – auch das ist schwierig. Und schließlich ist KI für die meisten Anwendungen der Bildverarbeitung zu langsam. Die Inspektion von Folie zum Beispiel, die mit zig Metern pro Sekunde durch die Anlage läuft – da käme kein Modell hinterher.“ - Björn Ständer, Oracle
„Ein breites Einsatzgebiet für KI gibt es heute schon im Bereich Gesundheitswesen. Die Kombination aus supervised and unsupervised Leaning erschliesst neue Möglichkeiten im Bereich Diagnose und Behandlung. Dabei werden z.B. Messdaten von Smart Devices mit Modellen von Digital Twins kombiniert, um Erkenntnisse für eine Früherkennung oder neue Behandlungsmethoden zu gewinnen. Der Einsatz anonymisierter Bilderkennung unterstützt das Krankenhauspersonal beim Monitoring von Patienten und alarmiert Pflegekräfte über kritische Situationen – durch eine intelligente Automatisierung mit KI kann das Personal von Routinetätigkeiten entlastet werden – in Zeiten von Fachkräftemangel und steigendem Kostendruck dient der Einsatz von KI dem Wohl Patienten als auch der Kostenoptimierung des Providers.“ - Alexander Siebert, Retresco
„Mit ChatGPT haben wir zum ersten Mal eine White Collar Revolution. Vorher waren es die Kuka-Roboter, welche die Blue Collar Worker in den Fabriken bedroht haben. Nun sind plötzlich die Kreativprozesse betroffen, was Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. Sowohl intern, weil die Marketing-Abteilungen um ihre Jobs fürchten, andererseits aber damit arbeiten müssen, um effizient zu bleiben. Aber auch von außen, weil plötzlich eine ganz andere Wettbewerbssituation gegeben ist. Mit KI-Sprachmodellen können kleine 1-Personen-Betriebe viel leichter Geschäftsmodelle aufbauen, welche sehr schnell herkömmliche Angebote bedrohen können.“ - Johannes Bohnet, Seerene
„Selbst vergleichsweise einfache Softwareprojekte entziehen sich durch ihre im wahrsten Sinne des Wortes übermenschliche Komplexität einem holistischen menschlichen Verständnis und damit der strategischen Steuerung durch menschliche Akteure. Seerene nutzt KI einerseits, um aus den Daten, die in den Software-Entwicklungsabteilungen bereits vorhanden sind, die Sichtbarkeit von Software-Produktionsprozessen bis hin zur Managementebene zu erreichen. Zum anderen setzen wir AI direkt in der Software-Entwicklung ein, um Vorhersagen treffen zu können, wo aus den Tätigkeiten heraus eine zukünftige Gefahr besteht, dass dort Fehlerquellen in den Code gelangen könnten.“