Enterprise Architecture Management

EAM gibt Orientierung in der digitalen Transformation

16.07.2019
Von 
Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.

EAM erzeugt ein "Value Network"

Ein probates Mittel für die vorausschauende Planung und Pflege komplexer Systeme ist der Digitale Zwilling. "Wir müssen Silos aufbrechen", sagt Uwe Weber, Managing Partner der Detecon International GmbH und Botschafter des CBA Lab. "Alles hängt mit allem zusammen." EAM bedeutet für ihn deshalb auch "nicht Enterprise, sondern Ecosystem Architecture Management". Und in dessen Fokus rückt er den Digital Twin, der die Zusammenhänge verdeutlichen kann. "Ein Architekt muss Informationen in den Mittelpunkt rücken, deren Ursprung, Kontext, Semantik und Bedarf alle Stakeholder kennen. Damit entsteht ein Value-Netzwerk."

Sein Beispiel: Predictive Maintenance eines Krans im Hafen. "Die Prozesskette beginnt mit dem Bauplan des Krans und endet mit Tarifen der Versicherung". Dieses komplexe Konstrukt erfordere eine Informationsarchitektur mit unterschiedlichen Bausteinen, die nicht nur die Komponenten und Beziehungen zwischen den Komponenten beschreibe, sondern auch, wie die Architektur entsteht und weiterentwickelt werden kann.

Beim digitalen Gebäudemanagement werde es so mit unterschiedlichen Datenmodellen möglich, eine Vielzahl von Geometriedaten, Prozess- und Produktinfos sowie Materialdaten miteinander zu kombinieren und je nach Bedarf zur Verfügung zu stellen. Am Digitalen Zwilling lassen sich bestimmte Eigenschaften vorab virtuell zeigen und überprüfen, ohne sie erst aufwändig in der Realität aufbauen und testen zu müssen.

Schaeffler will zeigen statt nur drüber reden

"Show - don´t tell" ist eines der Innovationsprinzipien der IT von der Schaeffler AG. Jürgen Henn, Senior Vice President Strategic IT, präsentierte die IT-Strategie und zeigte auf, wie IT-Innovationen etwa mithilfe von künstlicher Intelligenz bei Schaeffler architektonisch verprobt werden. In einem offenen, partnerorientierten Ansatz schafft Schaeffler Demonstrationsobjekte, mit denen der Konzern auf verschiedenen Wegen präsentiert, um zu inspirieren.

Als Beispiel dient etwa ein Prototyp des "Schaeffler eBoard", ein elektrisch-angetriebenes Skateboard. Es eignet sich ideal für solche Demonstrationen, passt es doch als urbanes Fahrzeug perfekt zur Konzernstrategie "Mobilität für Morgen". Es ist wesentlich geprägt von Software als Differenzierungsmöglichkeit und dabei einfach und jederzeit nutzbar.

In diesem Zusammenhang ist auch der Prototyp eines Chatbot entstanden - "eLISA", der "eLoquente, Intelligente Schaeffler Advisor". Er ermöglicht es Anwendern, in Alexa-Manier zu kommunizieren und auf natürliche Art und Weise mit IT-Systemen zu interagieren.

Ein mögliches Einsatzfeld könnte dabei der Schaeffler BioHybrid sein, eine neue Art von Fahrzeug, die Muskelkraft und Elektromotor zu einem innovativen und umweltfreundlichen Antrieb für die vernetzte Stadt vereint und Mobilität neu erlebbar macht. eLISA könnte dem Nutzer per Sprache Zugriff auf wichtige Status-Informationen geben oder das Buchen von Zusatzdiensten ermöglichen. "Wir erarbeiten sinnvolle Cases mit digitalen Fähigkeiten zur geschäftlichen Wertsteigerung und nicht nur theoretische Ideen. Damit wird die IT komplett anders wahrgenommen und es folgt eine neue Art der Diskussion," so Henn.

Innerhalb des Schaeffler-Konzerns können KI-basierte Lösungen wie eLISA die Art und Weise der Arbeit nachhaltig verändern. Algorithmen verknüpfen eine Vielzahl von Informationen aus verschiedenen Quellen und unterstützen den Anwender mit konkreten Handlungsempfehlungen. "Die Algorithmen werden immer intelligenter, weil sie lernen, wie der Mensch mit ihren Empfehlungen umgeht." Ergänzt durch neue intelligente Interaktionsmöglichkeiten, wird so die Nutzung von IT deutlich intuitiver werden.

Innovationen leisten so ihren Beitrag für eine bessere IT, die am Ende das gesamte Unternehmen weiterbringt. "Enterprise-Architektur-Management ist ein Leuchtturm für Veränderung und agile Orchestrierung aller Fachbereiche und IT-Einheiten", so das Fazit von Henn.

Bei Boehringer Ingelheim geht es um Speed

Dass die Zeiten vorbei sind, in denen die Einführung neuer Produkte und Technologien durch die Unternehmensarchitektur von langer Hand geplant und eingeführt werden musste, betonte Clemens Utschig-Utschig von Boehringer Ingelheim. Für den IT-Manager hat Geschwindigkeit oberste Priorität.

Utschig-Utschig istunter anderem für das Digital Lab "BI X" verantwortlich, das vor zwei Jahren geschaffen wurde, um mithilfe von Open-Source-Technologien neue Konzepte und digitale Lösungen für die Geschäftsbereiche Human Pharma und Tiergesundheit auf Open-Source-Basis zu entwickeln. "Wir haben einen Development Stack, der es Entwicklern erlaubt, sich auf die Fachlichkeit ihrer digitalen Lösung zu konzentrieren. Sie müssen sich nicht bei jedem Minimum Viable Product (MVP) mit der Frage beschäftigen, wie sie die Umgebung aufsetzen oder wo sie Daten und Dokumentation ablegen, um alle Regularien zu erfüllen."

Wenn das MVP als Produkt oder Service erfolgreich auf den Markt gebracht sei, übergebe man das ganze Wissen - samt Code-Basis und Dokumentation an die IT und an die Business-Organisationen - "and go for lunch". Er bezeichnet dies als "On-klick-Migration der gesamten Infrastruktur". Das Ergebnis: hohe Geschwindigkeit und Compliance.

Schweichhart zog ein positives Fazit der EAM-Konferenz, die die CBA Labs zusammen mit Inside Business organisiert hatten. "Wir sind dem Motto unserer Veranstaltung gerecht geworden, Richtungsgeber für die digitale Transformation zu sein. Die Konferenz war hochkarätig besucht und hat Best Practices von Anwendern auf die Tagesordnung gesetzt, die derzeit alle Architekten beschäftigen. Das Feedback der Teilnehmer fiel denn auch entsprechend positiv aus. Wir werden die Konferenz auch im kommenden Jahr wieder ausrichten - am 17. März 2020 in Berlin."