Wer Industrie-4.0-Projekte angehen oder Smart Cities entwickeln möchte, wird in erster Linie auf Daten und deren Analyse setzen, um Zusammenhänge deutlich zu machen. Architecture Frameworks wie TOGAF sind dabei immer noch wichtig, aber EAM reicht heute weit darüber hinaus. Die Rolle des Architektur-Managements verändert sich: Neben Risikovermeidung geht es vermehrt auch um die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen und ihrem Umgang mit Unsicherheiten. Nicht Governance steht im Vordergrund, sondern Begleitung, Transparenz, Empfehlung - und das nicht mehr nur im IT-Umfeld, sondern im gesamten digitalisierten Business.
"Große Organisationen begreifen die digitale Transformation als Managementaufgabe und stellen sich die Frage, wie sie sich im Großen und als Daueraufgabe gestalten lässt", sagte Johannes Helbig, Vorstandsvorsitzender des Cross Business Architecture (CBA Lab) e.V. Karsten Schweichhart, Data Economy Executive bei der Deutschen Telekom und Vorstand des CBA Lab, ergänzte: "Mit EAM werden Unternehmen erfolgreicher - auch mittelständische Firmen, wie wir auf dieser Veranstaltung deutlich sehen."
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KTR will "den Ball im Spiel halten"
Enterprise Architecture Management spielt seine Stärken immer dann aus, wenn es zu plötzlichen Veränderungen im Markt kommt - das zumindest beobachten Hendrik Gedicke und Olaf Korbanek. Beide arbeiten für die KTR Systems GmbH, einen Hersteller von Antriebstechnik, Bremssystemen und Kühlsystemen sowie Hydraulik-Komponenten für den Maschinen- und Anlagenbau - Gedicke als Chief Architect und Korbanek als CIO und Prokurist.
"Für uns ist EAM das Mittel für den Zweck, stets reaktionsbereit zu sein. Architekturmanagement hilft uns, den Ball im Spiel zu halten. Wir sind als Komponentenhersteller nicht in der Lage, das Spiel selbst zu bestimmen. Das tun die Großen wie Siemens", sagte Korbanek. "Wir müssen reaktionsbereit bleiben, weil das Umfeld sich sehr schnell ändert." Er unterstreicht das mit einer Analogie aus dem Sport: "Wie im Volleyball: Wir müssen immer auf Zehenspitzen stehen, um schnell die Richtung wechseln zu können."
Bei KTR spielt sich Digitalisierung vor allem in drei Bereichen ab: im Produkt, im Bereich innere Wertschöpfung und bei Veränderungen im Markt - Stichwort Plattformökonomie. Die Architekten von KTR beschäftigen sich vor allem mit den Marktveränderungen. "Wenn ein Partner plötzlich Leistung statt Produkt kaufen will, dann muss man schnell reagieren und beispielsweise auf Pay per Use umstellen können."
Seit rund drei Jahren ist EAM die "Spielfläche", auf der alle Aktivitäten bei KTR geplant werden. Dort sind alle Systeme, Projekte und beteiligten Prozesse dokumentiert - auch die SAP- und Microsoft-Plattformstrategien. "Damit haben wir den Überblick auch darüber, was der Gegner macht. Und der ist inzwischen nicht mehr nur der direkte Wettbewerber, sondern auch der Anbieter von Dienstleistungen aus der Cloud. Wir haben das bessere Angebot, also keines, was man sich auf die Schnelle per Maus zusammenklicken kann. Das funktioniert nur, wenn Prozesse stabil laufen und Daten schnell zur Verfügung stehen - und dafür ist EAM eine Schlüsselkomponente", führte Gedicke aus.
Ein Traum: Mit dem Notebook den ganzen Hafen steuern
Agilität ist auch für Sebastian Saxe, CDO und Mitglied des Management Boards der Hamburg Port Authority (HPA), ein entscheidender Vorteil, den Architekturmanagement bietet. Sein Traum: Mit dem Notebook den ganzen Hamburger Hafen zu steuern. Eine Mammutaufgabe, denn "der Hafen ist eingebettet in die ganze Stadt - das ist ein einziges großes logistisches System". Architektur-Management ist hier zwingend erforderlich. "Die Architekturen, die wir entwickelt haben, lassen sich übereinanderlegen und verbinden."
Schon heute wird der Verkehr im Hafen auf Schiene, Wasser und Straße digital gesteuert. Die Architekturen und Erfahrungen aus dem Hafen seien wichtig für die gesamte Stadt und übertragbar auf das komplexe Verkehrssystem. Weitere Sensoren, Drohnen, KI und 5G sollen nun hinzukommen, um beispielsweise Kaimauern oder Brücken vorausschauend zu warten oder Lkw autonom auf die Straße zu bringen. "Für die Architekturbildung bedeutet das: laufend Geschwindigkeit aufzunehmen", sagte Saxe.