E-Learning muss schnell, einfach und billig sein

26.11.2002
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Arzberger betreute das Training von 8500 Anwendern in einem Energiekonzern, als dieser auf SAP-Standardsoftware umstellte. Die Mitarbeiter lernten via Computer nur die Module, die sie direkt an ihrem Arbeitsplatz benötigten. Wichtig war allerdings die Unterstützung durch Mentoren, die den Trainingserfolg sicherten.

Ebenso entscheidend ist die Geschwindigkeit, so die Erfahrung von Gabriele Feldmeier, bei Siemens Business Services für das Thema E-Learning zuständig. In einem ihrer Projekte galt es, weltweit 13 000 Vertriebsmitarbeiter auf ein neues Telekommunikationsprodukt zu schulen - und das in drei Monaten. Da sei keine Zeit mehr geblieben, um lange über Fragen wie Lernen am Arbeitsplatz oder zu Hause, multimediale Umsetzung der Inhalte oder Akzeptanz der Anwender zu diskutieren. Dabei entscheidet die Akzeptanz der Betroffenen über den Erfolg eines Projekts.

Der Reifenhersteller Continental etwa hat via E-Learning seine weltweit 22 000 Mitarbeiter in Lotus Notes geschult. Das erste Lernprogramm war nur in englischer Sprache vorhanden, was die Motivation nicht gerade förderte. Also entschied man sich kurzfristig, den Mitarbeitern das Online-Programm in elf weiteren Sprachen zur Verfügung zu stellen.

Wichtig für die Akzeptanz ist vor allem die Benutzerfreundlichkeit eines Systems, wie das Beispiel des Berliner Pharmakonzerns Schering zeigt. "In der Regel ist die Schulung weit weg vom beruflichen Alltag", so die Erfahrung des Schering-Weiterbildungsexperten Walter Rauschenberger. Als die Berliner von Client-Server auf Web-Applikationen umstellten, bastelte der IT-Dienstleister Datango eine Lernhilfe, die in der Software integriert ist: Der Benutzer kann sofort auf Erklärungen zugreifen, ohne einen Kollegen fragen zu müssen oder sich ein Lernprogramm zum Produkt an-ueignen. Rauschenberger nennt das stolz „be-darfsorientierte Just-in-Time-Schulung“. Der Nebeneffekt war, dass die Handbücher, mit denen man früher zusätzlich arbeitete und die mit 35 Euro pro Exemplar zu Buche schlugen, jetzt nicht mehr benötigt werden.

Einige Diskussionen auf dem IT-Trainingskongress zeigten aber, dass es nicht immer leicht ist, Mitarbeiter, die seit zehn oder 20 Jahre dieselbe Tätigkeit ausüben, von Neuerungen und der damit einhergehenden Notwendigkeit des Lernens zu überzeugen. Die Betroffenen sollten darum schon früh informiert, in den Veränderungsprozess eingebunden werden, aber auch klare Zielvorgaben bekommen - so die Ratschläge der Experten.

Die Commerzbank hat es geschafft, die Berührungsängste von 8000 Mitarbeitern im Vorfeld abzubauen, so dass diese gleich am Tag der Freischaltung mit der neuen Vertriebssoftware arbeiten konnten. Da die Software während des Trainingsprozesses noch entwickelt wurde, behalf man sich mit einer Simulation. "Die Mitarbeiter konnten sich mit der Software vertraut machen und fast alle Geschäftsvorfälle beliebig oft ausprobieren, ohne für den Kunden das Wertpapier wirklich zu kaufen", erläutert Projektleiter Thomas Müller von der Commerzbank. In seinen Augen gehört der Freiraum zum Üben neben der Begleitung der Lernenden durch Tutoren oder anderen Ansprechpartner zu den wichtigsten Voraussetzungen, wenn der Wandel gelingen soll.