Kunden auf allen Kanälen erreichen

Digitalisierung treibt immer neue CRM-Blüten

14.03.2016
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Im Zuge der Digitalisierung bekommt das CRM-System immer mehr Facetten. Nur Kundendaten zu verwalten, reicht heute längst nicht mehr aus. Unternehmen müssen ihre Kunden über eine Vielzahl von Kanälen im Blick behalten und ihr Verhalten genau analysieren, um deren Wünsche und Anforderungen passgenau erfüllen zu können.

Die Kunden von heute werden immer anspruchsvoller. Sie erwarten Full-Service und personalisierte Dienste über sämtliche Kommunikationskanäle hinweg - von der Smartphone-App über das klassische Internet bis hin zur Filiale vor Ort. Dementsprechend müssen sich die Unternehmen auf Wünsche und Anforderungen ihrer Kunden einstellen und ihre Geschäftsprozesse rund um den Kundenkontakt auf den Prüfstand stellen, laufend verbessern und anpassen.

Dreh und Angelpunkt für alle Interaktionen mit dem Kunden ist in aller Regel das Customer-Relationship-Management-System (CRM). Hier sollten sämtliche Daten über den Kunden selbst sowie weitergehende Informationen zu Käufen, Serviceanfragen und Reklamationen hinterlegt sein. Daraus zu schließen, die Anbieter besäßen damit auch die Wissenshoheit, entspricht allerdings nicht mehr der Realität - das war vielleicht früher einmal so. Heute sind die Kunden bestens informiert über die Produkte, für die sie sich interessieren, wie auch über die Anbieter sowie deren Service-Leistungen. Dazu kommt, dass die Kunden über eine Vielzahl von Kanälen und Plattformen miteinander vernetzt sind und sich im Netz über die Qualität von Produkten, Unternehmen sowie Dienstleistungen austauschen.

Babylonische CRM-Verwirrung

Die Unternehmen stehen also unter Zugzwang. Um auf diese Entwicklungen passend reagieren und die richtigen Kundenbeziehungen knüpfen zu können, müssen die Anwender ihre CRM-Plattformen neu justieren. Doch das ist meist alles andere als trivial. In der jüngeren Vergangenheit haben sich eine Reihe von Schlagworten im Markt breit gemacht, deren Bedeutung vielfach nicht klar umrissen ist und die Anwender eher verwirren, als zur Lösung der Herausforderungen im Management der Kundenbeziehungen beitragen.

Da ist die Rede von der 360-Grad-Sicht auf die Kunden, der "Customer Journey" sowie dem Kundenerlebnis, das Unternehmen ständig im Blick behalten und steuern müssten. Dazu kommen neue CRM-Facetten wie Social-CRM und Mobile-CRM beziehungsweise spezielle Tools für bestimmte Aufgaben wie zum Beispiel Marketing Automation oder neue Spielarten wie das Customer Success Management oder das Customer Experience Management (CEM). All diese Aspekte müssen die Unternehmen in ihrer Strategie berücksichtigen, bewerten, wie wichtig die unterschiedlichen Facetten für das eigene Geschäft sind und gegebenenfalls mit einbauen.

Neben den strategischen und funktionalen Aspekten ihrer CRM-Systeme müssen sich die Verantwortlichen in den Anwenderunternehmen auch mit den technischen Aspekten auseinandersetzen. Gerade im CRM-Umfeld haben sich in den vergangenen Jahren etliche Software-as-a-Service-Spezialisten (SaaS) im Markt etabliert. Bestes Beispiel ist Salesforce.com. Der Cloud-Anbieter, der noch vor wenigen Jahren von den On-premise-Platzhirschen wie Microsoft, Oracle und SAP belächelt wurde, führt heute den weltweiten CRM-Markt souverän an. Für die Anwenderunternehmen stellt sich angesichts der vielfältigen neuen SaaS-Angebote jedoch die Frage, wie sie diese am besten mit ihren bestehenden On-Premise-Infrastrukturen verknüpfen, beziehungsweise inwieweit bestehende Lösungen oder Funktionen in die Cloud verlagert werden sollten.

CRM will gut organisiert sein

Für eine erfolgreiche CRM-Strategie gilt es für die Unternehmen zunächst, eine passende organisatorische Struktur zu entwickeln. Vielfach haben unterschiedliche Abteilungen Kontakt zu den Kunden - das Marketing, der Vertrieb und der Service. Das hatte in der Vergangenheit oft zur Folge, dass sich innerhalb der Unternehmen regelrechte CRM-Silos mit abgegrenzten Datenbeständen und eigenen Prozessen gebildet haben. Diese Silos müssen die Verantwortlichen aufbrechen, um unternehmensweit eine einheitliche Gesamtsicht auf jeden Kunden zu ermöglichen. Über Bereichsgrenzen hinweg sollte das Ziel sein, eine ganzheitliche, unternehmensweit einheitliche CRM-Strategie zu etablieren.

Nur so lassen sich die immer vielfältiger werdenden Kanäle zum Kunden richtig steuern. Neben den Klassikern wie Print, E-Mail und Aktionen rund um das Ladenangebot kommen derzeit laufend neue Möglichkeiten hinzu, Kunden anzusprechen, beispielsweise online durch Self-Service-Portale, das immer dichtere Netz von Social-Media-Plattformen sowie mobil über Smartphone-Apps. Darüber hinaus entwickeln sich derzeit Techniken, die die alte Shopping- mit der neuen Internet-Welt verbindet. Dazu zählen beispielsweise Beacons und Near Field Communication (NFC). Damit lassen sich Ladenarchitekturen optimieren und schnöde Regalgassen mit schicker Online- und Mobile-Technik aufpeppen.

Doch Vorsicht: Bevor Unternehmen blindlings jedem Trend hinterherhecheln, sollten sie genau prüfen, ob die Technik in die eigene Infrastruktur und vor allem auch für die eigenen Kunden passt. Will ein Unternehmen zusätzliche Kanäle in die Kundenkommunikation einbinden, müssen diese im Sinne eines übergreifenden Omni-Channel-Managements in die bestehenden CRM-Systeme integriert werden. Passiert dies nicht, entstehen schnell wieder neue Silos, in die zwar wertvolle Kundeninformationen einlaufen, die aber mangels Integration nicht für andere Kanäle genutzt werden können. Darüber hinaus sollten sich die Verantwortlichen darüber Gedanken machen, ob die angedachte neue Ansprache bei den Kunden auch auf die gewünschte Akzeptanz trifft. Nicht jede Klientel mag es, wenn ihre Wege im Laden getrackt werden, um ihnen an der passenden Stelle Werbung oder Sonderangebote aufs Smartphone zu spielen.