Jährlich zweistellige Wachstumsraten im digitalen Business will Siemens bis 2020 erzielen. Damit will der Konzern seine Position als digitales Unternehmen weiter stärken - sowohl intern als auch extern als Anbieter entsprechender Digitalisierungslösungen. So erzielte Siemens im Geschäftsjahr 2016 mit digitalen Services mehr als eine Milliarde Euro Umsatz und mit Softwarelösungen rund 3,3 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr ist dies eine Steigerung um 12 Prozent.
Drei Zukunftsfelder
Dabei ist die Digitalisierung laut Siemens CTO Roland Busch eines der drei Wachstumsfelder des Konzerns: Electrification, Automatisation und Digitalization führen zur EAD-Strategie, um die sich gerade alles im Konzern dreht. Im Bereich Automatisation sieht sich der Konzern bereits als Nummer Eins und will es mit Digitalisierung auch bleiben. "Zumal wir das breiteste Know-how in unterschiedlichen vertikalen Märkten haben", betont CTO Busch die in seinen Augen gute Ausgangslage von Siemens. Zudem bleibe Siemens, so Busch weiter, auf das B2B-Segment fokussiert und werde sich nicht durch ein Engagement in Richtung B2C wieder verzetteln. Dass es dabei durchaus zu Überschneidungen kommen kann - etwa im Bereich Smart Home, Smart Grid - steht für Busch außer Frage.
Mit Digitalisierung mehr Output
Mit Hilfe der Siemens Digitalisierungslösungen, so Busch weiter, könnten Unternehmen ihre Produkte bis zu 50 Prozent schneller auf den Markt bringen. Dabei wollen die Münchner die gesamte Prozesskette von Design, Entwicklung, Simulation, Logistik bis zur Produktion auf dem shop floor mit ihren Softwarelösungen adressieren. In der eigenenDigitalen Fabrik im mittelbayrischen Amberg konnte Siemens eigenen Angaben zufolge die Effizienz um 20 Prozent steigern. Insgesamt wurde dort seit 1990 der Output verneunfacht - bei gleichbleibender Anzahl der Beschäftigten.
Dabei hat der Konzern sein Digitalisierungsportfolio in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut: Schon 2007 übernahm der Konzern die PLM-(Product Lifecycle Management-)Software-Firma UGS. 2010 folgte mit LMS eine Software zur mechanischen Simulation. 2016 kam CD-adapco dazu, ein Spezialist für Simulationssoftware in der Strömungsmechanik. Nun hat Siemens angekündigt, Mentor Graphics zu übernehmen. Zudem besteht seit November 2016 eine strategische Allianz mit Bentley Systems. Mit Hilfe dieses Know-hows ist Siemens nach eigenem Bekunden als einziges Unternehmen in der Lage auf einer Plattform das mechanische, thermische, elektronische sowie Embedded- Software-Design anzubieten - die Konstruktion und Simulation elektronischer Bauteile inbegriffen. Die zugrundeliegende Plattform, auf derPLM,MES/MOMundTIAaufbauen, ist Teamcenter.
IoT-Plattform MindSphere
Ein anderer Wachstumstreiber in Sachen Digitalisierung stellt für Busch die eigene Cloud-Plattform MindSphere dar, die er als "cloudbasiertes, offenes Betriebssystem für das Internet of Things (IoT)" propagiert. Als Platform as a Service (PaaS) konzipiert lassen sich Applikationen (Apps) sowie Digitale Services entwickeln, betreiben und vertreiben. MindSphere kann entweder in der Cloud gehostet werden oder on premise von der eigenen IT. Seine Feuertaufe als Plattform für Digital Services hat MindSphere bereits in Russland in Sachen predictive maintenance bestanden. Mit Hilfe der IoT-Plattform konnte die Verfügbarkeit der russischen Hochgeschwindigkeitszüge auf 99 Prozent gesteigert werden - und dies bei Umgebungstemperaturen von -40 Grad. Eine Zuverlässigkeit von der deutsche Bahnkunden nur träumen können.
Für den Anschluss von Maschinen, Anlagen und Systemen anMindSphereist MindConnect zuständig. Beispielsweise hat der Kunde die Möglichkeit mit MindConnect. Durch die Plug-and-Play-Lösung können Daten etwa aus einem Sensor sicher ausgelesen und verschlüsselt an MindSphere übertragen werden. Mit MindApps steht zudem ein Ecosystem zur Verfügung für das Siemens, Partner und OEMs Applikationen und Services entwickeln können. Zum Nachrüsten bestehender Anlageninstallationen offerieren die Münchner einen sogenannten Smart Motor Kit. Er enthält Sensoren, die an bestehenden Elektromotoren angebracht werden können, um so etwa Vibrationen, Drehzahl etc erfassen können. Mit Hilfe dieser Daten sei dann ebenfalls ein predictive maintenance realisierbar. Zwar ist man sich bei Siemens auch bewusst, dass die anfallenden Daten nicht mit den Informationen mithalten können, die in einem neu entwickelten IoT-Device anfallen. Auf der anderen Seite eröffne das Kit aber eine Option, Legacy-Systeme an die IoT- und MindSphere-Welt anzukoppeln.
IBM Watson trifft MindSphere
Prominenter Partner ist beispielsweise IBM. Beide Unternehmen planen, den Datenanalyse-Service "IBM Watson Analytics" und weitere Analyse-Tools in MindSphere zu integrieren. Dabei sollen Geschäftskunden Zugang zu Visualisierungsfunktionen und Dashboards erhalten, während App-Entwickler und Datenanalysten über Schnittstellen Analytics-Technologien nutzen können. IBM plant zudem, Apps für MindSphere entwickeln - etwa im Bereich vorausschauende Instandhaltung. IBM und Siemens wollen dabei ihre jeweiligen Kompetenzen bündeln - im Bereich leistungsstarke Analysetechnologien ebenso wie bei der Automatisierung und Digitalisierung der Industrie. Weitere MindSphere-Partner sind etwa Atos, SAP, Microsoft sowie Accenture.