Häufig in Tragweite und Komplexität unterschätzt

Digitalisierung bedeutet auch kulturellen Wandel

16.02.2018
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Marc Wilczek ist Autor zahlreicher Beiträge rund um die Themen digitale Transformation, Cloud Computing, Big Data und Security. Aktuell ist er Geschäftsführer beim IT-Sicherheitsanbieter Link11. Neben Managementstationen im Deutsche Telekom Konzern und bei CompuGroup Medical, leitete er zuvor unter anderem als Managing Director das Asiengeschäft beim IT-Sicherheitsexperten Sophos.

Paradigmenwechsel: Abschöpfen oder Auskundschaften?

Die Unterscheidung zwischen "Exploitation" (Abschöpfen) und "Exploration" (Auskundschaften) wird in der Managementliteratur breit erörtert. Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass das digitale Zeitalter in vielerlei Hinsicht ein Umdenken verlangt. Anstatt ausschließlich bestehende Geschäftsmodelle abzuschöpfen, müssen Unternehmen das stabile Gleichgewicht und ihre Komfortzone verlassen. Das Umschalten ins Auskundschaften ist jedoch ein großer Tapetenwechsel und viel leichter gesagt als getan. Häufig scheitert es in der Praxis an internen Widerständen.

Abschöpfung:

  • Kurzfristig orientiert

  • Tagesgeschäft, Streben nach mehr Effizienz und geringeren Kosten

  • Risikoscheue, es gilt Fehler zu vermeiden

  • Starr und beharrlich

  • Relativ bestimmtes Ergebnis vorwegnehmbar

Auskundschaften:

  • Langfristig ausgerichtet

  • Suche nach neuen Ideen und Verhaltensmustern, um das Geschäft zu beleben

  • Risikobereitschaft, Ausfall und Rückschläge sind möglich

  • Flexibel und agil

  • Unsicheres Ergebnis

Das Spannungsfeld zwischen den beiden unterschiedlichen Fähigkeiten ist denkbar groß. Nur wenige Unternehmen sind in der Lage in beiden Welten gleichzeitig zu agieren und diese souverän auszubalancieren. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass diejenigen, die dieses Meisterwerk beherrschen, bessere Ergebnisse produzieren als ihre Konkurrenten. In Fachkreisen wird das Phänomen auch Ambidextrie genannt.

Digital zu werden ist ein viel weiterer und steinigerer Weg als manch einer meint. Neue Technologien zu implementieren ist zumeist noch die einfachste Facette aus dem Mosaik an erforderlichen Initiativen. Unternehmen sollten ihre Strategie anhand ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten ausrichten und sich im Rahmen ihrer Wertschöpfung auf das konzentrieren, was sie am besten beherrschen und was sie im Markt gegenüber ihren Wettbewerbern auszeichnet und differenziert.

Führungskräfte sollten sich fragen, ob die Zielsetzung und das definierte Ambitionsniveau wirklich weit genug gesteckt sind. Um ein aufstrebendes digitales Unternehmen zu werden, ist es wichtig allerseits zu verinnerlichen, dass es dazu ein Verlassen der Komfortzone braucht. Diese Reise verlangt Mut, Ausdauer und allem voran die Freiheit den Status Quo ohne Tabus radikal in Frage zu stellen. Für Dogmatismus ist kein Platz.

Organisatorische Trägheit beziehungsweise Beharrlichkeit ist vielleicht die größte Herausforderung auf dem Weg. Viele Führungskräfte bemerken ihre eigenen unterbewussten Denkschemata und Verhaltensweisen nicht, die sie davon abhalten, Veränderungen anzunehmen. Insbesondere interne Machtkämpfe und eine Kultur, die kein Scheitern akzeptiert, sind wichtige Hindernisse die es zu überwinden gilt. Der kulturelle Wandel wird jedoch nicht über Nacht eintreten mittels Dekret oder Proklamation. Vielmehr erfordert dies die konsequente Umsetzung Tag für Tag. Ein Transformationsplan gibt Orientierung und stellt sicher, dass die Flotte - trotz zeitweise stürmischer See - auf Kurs bleibt und sicher den neuen Heimathafen erreicht.