Vor über 27 Jahren kündigte Bill Gates die Zusammenführung der drei bis dato getrennten Anwendungsprogramme Word, Excel und PowerPoint an. Diese wurden seitdem in einem Paket, welches als Microsoft Office für Windows bekannt ist, angeboten. Als 1990 Office 1.0 für Windows erschien, hatten die drei Anwendungen allerdings nur sehr wenig gemein und arbeiteten eher "unter Zwang" zusammen.
Die zweite Version von Office, welche kurioserweise Microsoft Office 3 .0 hieß und aus Word 2, Excel 4, PowerPoint 3 und Mail 3 bestand, rief eine neue Softwarekategorie ins Leben, welche als "Office Productivity" bekannt wurde.
In diesem Artikel beschäftigen wir uns aber nicht mit der Geschichte und Weiterentwicklung von Microsoft Office für Windows. Sondern stellen stattdessen die vielen Konkurrenten vor, die von Microsoft Office verdrängt oder zumindest zu einem Nischendasein gezwungen wurden.
Frühe DOS-Textverarbeitungsprogramme
Electric Pencil: Entstanden 1976; Verschwunden 1983; Grund: wurde von den Entwicklern vernachlässigt.
EasyWriter: Entstanden auf dem Apple II 1979; auf DOS übertragen: 1981; verendete an zu vielen Bugs
Volkswriter: Entstanden 1982; als Antwort auf EasyWriters Bugs; Beendet ungefähr im Jahr 1989
Kommerzielle Textverarbeitungsprogramme wie Homeword, PFS:Write, Bank Street Writer, XyWrite, DisplayWrite, PC-Write und viele andere erstrahlten damals kurz in glänzendem Licht und verglühten dann doch wie Sternschnuppen. Alle gingen unter, nachdem MS Office auf den Markt gekommen war.
Electric Pencil war die erste Textverarbeitung in unserer Zusammenstellung. Auf die ursprüngliche Idee für das erste Textverarbeitungsprogramm kam letztlich Michael Shrayer, der niemals im Computerbereich gearbeitet hatte. Shrayer wurde es allerdings irgendwann zu anstrengend immer mit den Konkurrenten mitzuhalten zu müssen und so schied Electric Pencil schließlich dahin.
Textverarbeitungsprogramm: WordStar
Entstanden: 1979; noch nicht ganz verschwunden
Der Klassiker unter den Textverarbeitungsprogrammen der DOS-Ära. Und bis heute nicht ganz tot.
WordStars Anspruch auf Ruhm: Es geht aus dem Weg. Keine Überschriften. Tasten bewegen den Mauszeiger. Keinerlei Wortprüfungsfunktion. Formatierung? Für so etwas engagiert man doch jemand anderen!
1984 hat MicroPro, die Firma, die WordStar entwickelt hat, damit 70 Millionen Dollar eingespielt, was das Unternehmen damals wohl zur größten Softwarefirma der Welt gemacht hat. 1988 war dieser Erfolg längst Geschichte, aber einige Anwender blieben Wordstar treu.
WordStar für Windows kam dagegen nie richtig in die Gänge.
Textverarbeitungsprogramm: MultiMate
Entstanden als WordMate: 1982; an Ashton-Tade verkauft: 1985; Untergang, als A-T an Borland verkauft wurde: 1991
Die Connecticut Mutual Life Insurance, ein großer Wangkunde, kaufte PCs, um die alten Wanggeräte zu ersetzen und stellte W.H. Jones & Co. ein, um die Software für den Wechsel zu entwickeln. Die ursprüngliche Gruppe von fünf Programmierern behielt die Rechte an der Software, gründete ihr eigenes Unternehmen und der Rest war Geschichte.
Die Tasten der IBM PCs-passten nicht zu denen auf den Wanggeräten? Kein Problem. MultiMate wurde mit Aufklebern für die eigenwilligen Tasten und einer großen Plastikschablone ausgeliefert.
Textverarbeitungsprogramm: WordPerfect für DOS
Entstanden: 1979; auf DOS übertragen: 1982; wird immer noch unterstützt
1979 nahm die Brigham Young Universität eine Gruppe Programmierer unter Vertrag um eine Textverarbeitung für deren Data General Minicomputer zu erstellen. Die Programmierer bildeten ein Unternehmen, Satellite Software International, und begannen "SSI WP" für 5.500 Dollar pro Exemplar zu verkaufen.
WordPerfect 2.20, die erste DOS-Version, erschien 1982. 1986 war WordPerfect 4.2 die sich bei weitem am besten verkaufende Textverarbeitung. Mit LAN-Support (1988), Dropdown-Menüs (1989), einem WYSIWYG-Modus, Anzeige-Codes, Designs, Drucksupport und einer eigenen Makrosprache beherrschte WordPerfect den Markt.
Dann schlug Microsoft zu, WordPerfect reagierte nicht schnell genug und fiel Microsoft Office zum Opfer.
Witzig: WordPerfect für DOS Updated besteht weiter unter dem wachsamen Auge von Ed Mendelson.
Textverarbeitungsprogramm: WordPerfect für Windows
Entstanden: 1991; Version 5.2: 1992; wurde zur WordPerfect Office Suite
WordPerfect für Windows existierte als eigenständiges Produkt nur für eine kurze Zeit und wurde die Grundlage für verschiedene WordPerfect Suites.
WordPerfect brachte seine erste Windows-Version zu spät und der Zusammenschluss von Windows mit Microsoft Office auf vielen PCs führte zum Verkauf von WordPerfect - zuerst an Novell, dann 1996 an Corel - mit dem Ziel eine konkurrenzfähige Office Suite zu produzieren. Mittlerweile steigt die Popularität in einigen Märkten wieder an, besonders im juristischen Bereich, allerdings erhält WordPerfect allgemein weniger Aufmerksamkeit als Word-Konkurrent.
Textverarbeitungsprogramm: Word für DOS und Mac
Entstanden auf Xenix: 1983; kurz darauf auf DOS übertragen und auf Mac: 1985; die letzte DOS-Version: 1993
Microsoft machte sich in diesem Fall selbst überflüssig.
Der Programmierer Charles Simonyi fing 1981 damit an ein Allzwecktool Word für Xenix zu entwickeln und brachte dabei Richard Brodie für die Arbeit als P-Code-Übersetzer an Bord, der zum Schlüssel von Microsofts Anwendungsentwicklungen für mehr als ein Jahrzehnt wurde.
Microsoft verteilte im November 1983 kostenlose Kopien von Microsoft Word.
Außergewöhnlich war, dass Word für die für die Nutzung mit der Maus konzipiert war.
Word für Mac verkaufte sich zwischen 1985 und 1989 besser als Word für DOS, als schließlich Word für Windows beide übertraf.
Tabellenkalkulation: VisiCalc
Entstanden auf dem Apple II: 1979; auf DOS übertragen: 1981; verschwunden: 1983, von Lotus übernommen
VisiCalc existierte schon lange schon nicht mehr bevor Charles Simony überhaupt mit der Entwicklung von Microsoft Office begann, aber viele der Programme, die aus VisiCalc entstanden sind, lebten weiter, sowohl in Excel, als auch in anderen Produkten, die dem Microsoft-Riesen zum Opfer fielen.
Dan Bricklin und Bob Frankston brachten VisiCalc 1979 zuerst auf dem Apple II heraus. Es auf DOS zu übertragen war keine große Mühe, allerdings wurde VisiCalc für DOS 1981 mit den ersten IBM-PCs ausgeliefert. Als Lotus 1-2-3 1983 erschien, biss VisiCalc ins Gras. Lotus kaufte VisiCalc 1985 und erlöste das Unternehmen von seinem Leid.
Tabellenkalkulationssoftware: Lotus 1-2-3
Entstanden: 1983; von IBM aufgekauft: 1995; untergegangen: irgendwann dazwischen
Lotus 1-2-3 (1=Berechnungen, 2=Diagramme, 3= Datenbank), eines der bedeutendsten Anwendungsprogramme auf PCs, verpasste den Übergang zu Windows.
Lotus 1-2-3 wurde zum DOS-basierten Lotus Symphony (mehr darüber später) und anschließend auf Windows zur Lotus SmartSuite. Die Übertragung auf Windows war ein Riesenpfusch und 1-2-3 verschwand in der Versenkung.
Excel erledigte Lotus dann endgültig.
Tabellenkalkulation: SuperCalc
Entstanden auf dem Osborn I: 1981; auf DOS übertragen: 1982; auf Windows übertragen: 1984; Untergang durch Vernachlässigung
Adam Osborn hatte SuperCalc entwickelt, um es mit dem Osborn I auszuliefern. Obwohl bekannt war, dass es schneller, genauer und mit mehr Funktionen bestückt war als VisiCalc, verdrängt es VisiCalc nicht vom Markt. Als Lotus 1-2-3 VisiCalc auf dem DOS-Markt überholte, blieb SuperCalc auf dem zweiten Platz.
1984 kaufte Computer Associates das Unternehmen Sorcim, das SuperCalc herstellte, auf und lieferte eine CA-SuperCalc Version für Windows aus. Das Produkt, welches eine Art Pivot-Tabellen einführte, fiel weit hinter Excel zurück. Schlussendlich ließ Computer Associates - die zweite Softwarefirma neben Microsoft, die jdamals ährlich mehr als eine Milliarde Dollar einnahm - es langsam eingehen.
Tabellenkalkulation: CalcStar
Entstanden: 1981; verschwand um das 1988 herum
Auch wenn es Berühmtheiten wie George R. R. Martin gibt, die das Schwesterprodukt WordStar noch immer am Leben halten (oder es zumindest alle paar Jahre erwähnen), so gibt es doch fast keine CalcStar-Nutzer mehr.
MicroPro kombinierte WordStar, CalcStar, den InfoStar-Bericht-Ersteller und ein Programm namens Starburst miteinander und stellte damit lange vor der dem Erscheinen von Windows etwas vor, das man als die erste Office-Suite bezeichnen kann. Zu der Zeit damals benutzte man noch gar nicht den Begriff Office-Suite.
WordStar war damals durchaus der Inbegriff für Textverarbeitungssoftware. CalcStar dagegen wurde zwar von einigen Anwendern genutzt, erreichte aber niemals das Level von 1-2-3 oder die Beliebtheit von WordStar.