"Die menschenleere Fabrik war ein gedanklicher Irrweg"
Auch wenn Industrie 4.0 die personenunabhängige Kommunikation zwischen den Dingen auf eine neue Ebene hebt, kommt dem Menschen in diesem Konstrukt doch eine zentrale Bedeutung zu. Die menschenleere Fabrik, wie sie noch mit der computergestützten Automatisierung in Verbindung gebracht wurde, ist für Industrie 4.0 kein Thema mehr. „Die menschenleere Fabrik war ein gedanklicher Irrweg“ sagt Bildmayer. „In der Produktionshalle der Zukunft wird der Mensch einen wichtigen Part als Aktor und Sensor übernehmen, das heißt er nimmt auf und handelt dann entsprechend. Damit kommt dem Arbeitnehmer nicht mehr die Rolle eines Bedieners von Maschinen zu, stattdessen wird er immer mehr die Prozesse steuern und regeln.“
Ob den Firmen der Schritt in die digitalisierte und vernetzte Industrieproduktion gelingt, ist in erster Linie produktabhängig. „Die Unternehmen müssen ihre Produkte grundsätzlich überdenken“, meint Bildmayer. „Die Produkte müssen flexibel genug sein, um einerseits zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Herstellung individualisiert werden zu können und andererseits, um sinnvolle Abläufe in der Produktionsanlage zu ermöglichen.“ So ist der flexible Einsatz des Autoradios aus dem Eingangsbeispiel natürlich nur möglich, wenn ein Radio in der erforderlichen modulartigen Form entwickelt.
Bereitschaft zu grundsätzlichem Wandel erforderlich
Der Einstieg in Industrie 4.0 muss jedoch nicht notwendigerweise von Produktseite aus erfolgen. Denkbar ist auch der Anstoß durch eine innovative Engineering-Leistung. „Einer unserer Kunden, ein Getriebehersteller, benötigte beispielsweise für die Fertigung seiner Getriebe sehr spezielle Einzelteile“, so Bildmayer. „Es gelang den Entwicklern des Unternehmens schließlich das exotische Material durch Standardteile zu ersetzen, die mit sehr kurzem zeitlichen Vorlauf in nahezu allen erforderlichen Mengen zu beschaffen waren.“ Generell verbindet Bildmayer den Einstieg in die Industrie 4.0 jedoch mit der Bereitschaft zu einem grundsätzlichen Wandel: „Für Unternehmen muss der strategische Ansatz bei der Beschäftigung mit Industrie 4.0 sein, Waren und Produktionsweisen generell zu überdenken, immer vor dem Hintergrund der Frage, ob Produkte und Prozesse noch zeitgemäß sind“.