Welche Technologietrends halten Manager im digitalen Wandel für relevant? Auf einer Skala von eins (sehr wichtig) bis sechs (völlig unwichtig) liegt einer aktuellen Studie von Capgemini zufolge der Bereich Sicherheit mit einem Durchschnittswert von 1,4 klar vorne. Auf den Plätzen folgen die Aspekte Daten (1,8), Prozesse (1,9), Anwendung (2,3), Interaktion (2,5), Infrastruktur (2,6) und Intelligente Technologien (2,8).
Der IT-Dienstleister hat im Herbst letzten Jahres 120 Geschäftsführer und Topmanager aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Den Interviewten wurden aus den genannten sieben übergeordneten Bereichen 35 Einzelthemen vorgelegt, um die Trendtechnologien zu ermitteln. Die Umfrage wiederholt sich jährlich, doch wird das Angebot der zu bewertenden Technologien jedes Mal neu angepasst. Hintergrund ist, dass es immer wieder Hype-Technologien gibt, die auf dem Radar der Entscheider auftauchen und bald wieder verschwinden, ohne eine allzu große Wirkung zu entfalten.
Security Automation beschäftigt fast alle
Platz eins unter den Technologien mit der gegenwärtig größten Bedeutung besetzt erstmals das Thema Security Automation. Die Manager reagieren offenbar darauf, dass die Aufgaben rund um IT-Sicherheit im Zuge der Digitalisierung und der sich verschärfenden regulatorischen Anforderungen (etwa durch die EU-DSGVO) zunehmen und vielfältiger werden.
Security Automation ist kein Neuling im Capgemini-Ranking: In den vergangenen drei Jahren gehörte das Thema immer zu den Top-drei des Rankings. Wie der IT-Dienstleister feststellt, sind die Unternehmen heute verstärkt dabei, Sicherheitsaufgaben zu automatisieren. Knapp 15 Prozent der Befragten sind diesen Schritt demnach bereits gegangen, mehr als 50 Prozent stecken noch in der Planung oder Umsetzung.
Mehrfaktor-Authentifizierung ist Pflicht
Das zweitwichtigste Technologiethema hat ebenfalls mit IT-Sicherheit zu tun: Es handelt sich um das Management von digitalen Identitäten beziehungsweise um die Mehr-Faktor-Authentifizierung. Ursächlich hierfür sind offenbar neue gesetzliche Vorgaben wie die Payment Service Directive 2 (PSD2) mit der Verpflichtung zur sogenannten "starken Kundenauthentifizierung".
Derzeit nutzen erst 20 Prozent der Umfrageteilnehmer Authentifizierungsmechanismen mit zwei oder mehr Verfahren, fast 60 Prozent stecken aber in der Planung oder implementieren bereits. Capgemini erwartet, dass die Multi-Faktor-Authentifizierung einfache Authentifizierungsverfahren insbesondere in kritischen Bereichen zügig ablösen wird.
Es lebe die Plattform-Ökonomie
Der Aufbau neuer Plattformen für Vertrieb, Kundenkontakt, ERP oder Internet of Things (IoT) steht an dritter Stelle der Prioritäten. Solche Plattformen seien für den Betrieb moderner, vernetzter Anwendungen unerlässlich, lassen sich damit doch alle Informationen an einem Ort vorhalten, Datenflüsse von Geräten und Applikationen regeln sowie Analysen einfacher vornehmen.
Im Zuge der Digitalisierung haben die Unternehmen oft zuerst die Schnittstelle zum Kunden modernisiert und die Systeme, auf denen die Daten zusammenlaufen sollen, hintangestellt. Jetzt würden Lieferanten und Geschäftspartner den Nachholbedarf erkennen und handeln: 42 Prozent der Befragten implementieren derzeit eine neue Plattform für den Kundenkontakt und den Vertrieb oder für IoT-Anwendungen. Entweder setzen sie dabei auf eine eigene Lösung, oder sie nutzen Cloud-Plattformen von Providern. Nur jeder zehnte Teilnehmer hat diesen Prozess bereits abgeschlossen.
Sicherheit im Gerätezoo
Heiß ist derzeit auch das Thema IoT-Sicherheit (Platz 4), zumal die Risiken durch schwer erkennbare Angriffe auf IoT-fähige Geräte steigen. 58 Prozent der Teilnehmer setzen sich mit dieser potenziellen Sicherheitslücke auseinander. Risiken entstehen durch schwache Standard-Passwörter, Klartext-HTTP-Kommunikation zu einem Server für Firmware- oder Paket-Updates, Klartext-HTTP-Authentifizierung und die Nutzung veralteter Bibliotheken.
Oft ist unklar, welche Sicherheit ein IoT-fähiges Gerät bietet, weil Risiken und Schwachstellen unbekannt sind und Informationen über das jeweils geeignete Einsatzgebiet abgehen. Es fehlt an Standards, Unternehmen können aber die Sicherheit der Geräte mit relativ einfachen Maßnahmen wie der Änderung der Standard-Anmeldeinformationen oder der Unterbindung des Zugriffs auf IoT-Geräte aus externen Netzwerken erhöhen. Darüber hinaus sollten die Betriebe ihr Portfolio überprüfen und definieren, in welchen Bereichen sie welches Sicherheitsniveau benötigen. Entsprechend ist die IoT-Geräte-Strategie anzupassen.
DevOps im Herzen des agilen Wandels
Last, but not least schaffte es der Megatrend DevOps in die Top Five: Vier von fünf Unternehmen beschäftigen sich mit dem Konzept, erfolgreich umgesetzt haben es bislang aber nur rund 20 Prozent. Insbesondere in großen Unternehmen ist die Umstellung aufwändig: Strukturen müssen nicht nur in der IT-Abteilung, sondern vor allem auch in den Fachbereichen verändert werden.
Agiles Arbeiten erfordert die Definition sogenannter Produktverantwortlicher auf der Fachseite, die es in klassischen Organisationsformen meistens nicht gibt. Internationale Unternehmen müssen entscheiden, wie autark Länderorganisationen in einzelnen Bereichen arbeiten sollen, und zu guter Letzt stellt sich die Frage, wie groß oder klein die Verantwortungsbereiche zugeschnitten werden.
Manche Anwendung ist zu komplex, um von einem oder wenigen agilen Teams betreut zu werden. Auch die IT-Teams sind organisatorisch neu auszurichten, Entwicklung und Testing gilt es zu skalieren. Mit der Umsetzung all dieser Aufgaben ist derzeit jedes vierte Unternehmen beschäftigt, etwa jedes dritte steckt noch in der Planung. DevOps dürfte in einigen Jahren das dominierende IT-Entwicklungs- und -Betriebsmodell sein.
Technologien mit der geringsten Bedeutung
Verschlafen Unternehmen im deutschsprachigen Raum wichtige Trends oder sind sie einfach nur hellsichtiger als andere? Jedenfalls liegt das Thema Infrastruktur für künstliche Intelligenz (KI) laut Capgemini-Umfrage nur auf dem 31. und damit fünftletzten Platz der wichtigsten Technologien (Durchschnittsnote: 3,49) - man könnte auch sagen, KI besetzt nach Einschätzung der befragten Manager Rang fünf der unwichtigsten Technologien.
Dabei wäre Vorbereitung angezeigt, wenn Unternehmen wirklich in das Thema einsteigen wollen. Die Nutzung intelligenter Technologien erfordert viel Rechenleistung, insbesondere wenn Daten in Echtzeit verarbeitet werden sollen wie bei IoT-Anwendungen oder beim Einsatz von Chatbots. Grundsätzlich lohnt es sich, die Umgebung zum Trainieren der Algorithmen logisch von deren Ausführungsumgebung zu trennen und zum Beispiel mit Containertechnologie für Konsistenz zu sorgen.
Vorteile haben Unternehmen, die in den vergangenen Jahren Cluster für Big-Data-Anwendungen aufgebaut haben: Sie können diese auch für intelligente Anwendungen einsetzen. Ist das nicht der Fall oder übersteigen die Anforderungen nach einiger Zeit die eigenen Kapazitäten, müssen Unternehmen ausbauen, auf Edge Computing setzen oder die Cloud-Infrastrukturen der großen Anbieter nutzen. Offenbar setzen die Befragten darauf: Fast die Hälfte hat derzeit keine Pläne, eine eigene Infrastruktur aufzubauen.