Techniktrends 2024

Die Tops und Flops der CIOs

21.02.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Technologien mit der geringsten Bedeutung

Platz 22: Aufbau oder Nutzung von Marktplätzen, beispielsweise für Cloud- und Daten-Services oder Algorithmen

Nur wenige Unternehmen sind bereits in der Lage, ihre Daten, Algorithmen oder spezialisierte Cloud-Services extern zu vermarkten - zuvor müssen die meisten Organisationen intern einiges verändern. Sie müssten Services und Daten wie Produkte behandeln und diese in hoher Qualität und bedarfsgerecht aufbereitet zur Verfügung stellen können. Das hieße, Strukturen und Prozesse anzupassen, Datensilos aufzulösen und Verantwortlichkeiten neu zu definieren.

Quantencomputing bleibt ein Nischenthema - die Technik ist von einem alltagstauglichen Einsatz noch weit weg.
Quantencomputing bleibt ein Nischenthema - die Technik ist von einem alltagstauglichen Einsatz noch weit weg.
Foto: Capgemini

Als Vorbereitung auf ein solches Szenario eigne sich aus Sicht von Capgemini die interne Vermarktung solcher Services und Daten über Self-Services-Plattformen. Das ermöglicht, nicht nur die Qualität des Angebotes zu überprüfen, sondern auch den Bedarf zu ermitteln. Im Moment bieten lediglich sechs Prozent der Teilnehmenden Services über Marktplätze an oder nutzen sie, allen voran IT-Dienstleister. Das Interesse daran ist aber bei fast jedem dritten Befragten vorhanden. Die Mehrheit davon steckt derzeit in der Projektplanung (knapp 21 Prozent), neun Prozent der Befragten stecken bereits in der Umsetzungsphase.

Platz 23: 5G

Dass der Mobilfunkstandard 5G einen der hinteren Plätze belegt, ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass die Technologie für den öffentlichen Bereich derzeit fast keine Bedeutung hat. Für die Wirtschaft ist 5G dagegen sehr wohl interessant. Nach den Frequenzauktionen 2019 wurde es zunächst still um den Standard, da viele Funktionalitäten noch nicht verfügbar waren, ebenso wie Geräte und Netzwerkkomponenten. Außerdem war der Mehrwert des Umstiegs von 4G oder WLAN etc. häufig unklar.

Das ändert sich: Nach verschiedenen Updates ist das Anwendungsspektrum jetzt breiter, die Sicherheit noch einmal gestiegen, die Bandbreite höher, die Latenzzeiten mit zehn Millisekunden nahe Echtzeit und das Angebot an Komponenten und Dienstleistern größer. In der Wirtschaft nutzt auch bereits fast jeder vierte Befragte 5G. Viele planen den Einsatz oder implementieren derzeit Netze mit diesem Standard.

Platz 24: Virtual & Augmented Technology

Die Bedeutung von Virtual & Augmented Technology ist im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht gestiegen, allerdings bleibt die Technologie in einer Nische am Ende des Rankings. Immerhin liegt die Nutzungsquote fast unverändert bei knapp 22 Prozent. Dabei handelt es sich um Organisationen, bei denen Teams an unterschiedlichen Standorten gemeinsam an physischen Objekten arbeiten wie in der Konstruktion und Entwicklung. Außerdem wird die Technologie in verschiedenen Branchen zu Schulungszwecken wie zum Beispiel bei der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten oder bei der Wartung von Maschinen genutzt. In Zukunft könnten sich neue Einsatzbereiche im E-Commerce ergeben - solche Szenarien hängen aber stark vom Erfolg der Endgeräte für Consumer und von der Attraktivität virtueller Marktplätze ab.

Platz 25: Graph-Datenbanken

Graph-Datenbanken wecken aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit große Hoffnungen, stark vernetzte Daten zu verwalten und komplexe Abfragen durchführen zu können. Sie ermöglichen beispielsweise, die Metadaten verschiedener Datensilos zu verknüpfen und zu erkennen, welche Datenpunkte zu welchem Kunden oder Produkt zur Verfügung stehen. Das eröffnet viele neue Analysemöglichkeiten.

Die Bedeutung der Technologie ist zwar gestiegen, trotzdem reichte es in der Endabrechnung nur für den vorletzten Platz. Die Umsetzung von Graph-Datenbanken ist jedoch konzeptionell und technisch schwierig, deshalb gibt es derzeit nur wenige Anwender. Gerade einmal jeder zehnte Teilnehmende hat Graph-Datenbanken im Einsatz, darunter vor allem Konzerne aus der Automobil-, Energie- und Logistikbranche sowie des produzierenden Gewerbes. Rund jeder fünfte überlegt zumindest, wie er die Technik einsetzen könnte oder hat bereits ein Projekt dazu gestartet.

Platz 26: Quanten-Computing

Die Quanteninformatik stößt in der Wissenschaft und Technik ebenso wie in der Industrie zwar auf großes Interesse. Sie wurde vor zwei Jahren in die Themenliste aufgenommen, bleibt aber wie schon im vergangenen Jahr auf dem letzten Platz. Das Potenzial ist da: In der Finanzindustrie könnten Quanten-Computer beispielsweise komplexe Modelle schneller und genauer berechnen, viele Szenarien gleichzeitig simulieren und dadurch dazu beitragen, die Marktvolatilität genauer einzuschätzen. Bei der Datenübertragung kann durch Quantenverschlüsselung ein Sicherheitsniveau erreicht werden, das Kommunikation nahezu abhörsicher machen könnte. Inzwischen bieten zwar verschiedene Unternehmen Quanten-Computing als Cloud-Service an, dennoch ist die Technologie noch lange nicht alltagstauglich.

Die Auf- und Absteiger des Jahres 2024

Während die Bedeutung vieler Technologien im Vorjahr sehr ähnlich eingeschätzt wurde wie in der Erhebung für die IT-Trends-Studie 2022, sind die Bewertungen in der aktuellen Auswertung fast durchgängig positiver als im Vorjahr. So erklärt Capgemini die relativ große Zahl der Aufsteiger, also Technologien mit einem deutlichen Bedeutungszuwachs, und das Fehlen von Absteigern.

Nach einem Durchhänger im vergangenen Jahr ist Edge Computing der Aufsteiger 2024.
Nach einem Durchhänger im vergangenen Jahr ist Edge Computing der Aufsteiger 2024.
Foto: Capgemini

Zu Letzteren gehörte im vergangenen Jahr überraschend Edge Computing. Die Technologie ermöglicht, Daten direkt an der Quelle wie beispielsweise am Produktionsstandort zu verarbeiten. Edge Computing wird vor allem in der Automobilindustrie und dem produzierenden Gewerbe eingesetzt. Nach der Flaute im Vorjahr hat das Thema jetzt wieder stark an Bedeutung gewonnen und ist Aufsteiger des Jahres.

Der hohe Zuwachs beim High Performance Cloud Computing ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Anwendenden i Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen ist und in diesem Jahr weiter steigen dürfte. Die darunter zusammengefassten Technologien und Verfahren für die Bewältigung komplexer Rechenaufgaben können inzwischen bei Cloud-Providern gebucht werden, so dass der aufwendige Aufbau und der Betrieb einer eigenen Infrastruktur entfallen. High Performance Computing wird beispielsweise in Forschung und Wissenschaft, für Engineering-Aufgaben, Simulationen, Modellberechnungen, im Bereich Business Intelligence oder für KI-Anwendungen eingesetzt.