Während der Anteil der Cloud am europäischen Service-Markt kontinuierlich zunimmt, entwickeln sich klassische Managed Services rückläufig. Deutet dies darauf hin, dass sie womöglich ein Auslaufmodell sind und sich sowohl der Markt als auch die Service Provider neu erfinden müssen? Der Blick auf die Kundennachfrage zeigt: Der Wunsch nach hybriden Betriebsmodellen wird immer größer. Wer sich also rein auf IT-Dienstleistung reduziert, könnte in Zukunft durchaus Schiffbruch erleiden. Aktuelle Entwicklungen zeigen aber sehr deutlich, dass auch Managed Services sich verändern, um ihre Chancen am Markt zu wahren. Je mehr Fachlichkeit sie dabei liefern, desto mehr Probleme lassen sich mit ihnen lösen. Das entlastet die Unternehmen im Endeffekt wirklich.
Einen Widerspruch zwischen den neuen Managed Services und der Cloud gibt es nicht. Im Gegenteil: Die Cloud ist so komplex, dass der Weg dorthin nur über das Know-how und die Skills der Managed Service Provider führen kann. Das heißt, hinter den Serviceangeboten ändern sich nicht nur die Plattformen beziehungsweise die Infrastruktur. Managed Services von heute bedeutet auch nicht länger, nur IT-Dienstleistungen bereitszustellen. Es geht vielmehr um eine strategische Partnerschaft zwischen Kunde und Anbieter, um gemeinsam eine Managed Service Delivery aufzubauen.
Bei Standardisierung hört die Cloud-Kompetenz auf
Wer bereits den Überblick über die IT-Landschaft im eigenen Rechenzentrum verloren hat, der schafft sich mit einem Lift & Shift in die Cloud noch mehr Probleme. Obwohl die altbekannte Cloud-Service-Pyramide von der Standardisierung lebt, können viele Unternehmen mit diesen standardisierten Services nicht umgehen. Ein Ökosystem, das in der Lage ist, diese standardisierten Services zu managen, lässt sich ebenfalls über Managed Services aufbauen. Hier zeigt sich, wie sich die Rolle der Managed Service Provider verändert - vom Anbieter zum Berater.
Während Kunden häufig Beratung zum Thema Compliance in der Cloud wünschen, agieren sie bei der Auswahl der Cloud wesentlich eigenständiger. Auch die Fachbereiche können theoretisch standardisierte Cloud-Leistungen ordern und nutzen, ohne dafür die eigene IT zu bemühen. Allerdings hat die Nutzung der Cloud für die gesamte Organisation viele Facetten: Es braucht zum Beispiel die IT für Schnittstellen und jemanden, der Datenschutz, -sicherheit oder (Banken-) Regulatorik prüft. Je nachdem, wie die Unternehmen auf den verschiedenen Ebenen aufgestellt sind, können Managed Service Provider hier auf technischer und/oder regulatorischer Ebene unterstützen.
- Günter Weinrauch, CGI
„Ein Managed Service Provider ist nicht einfach ein Zuarbeiter! Wir verstehen uns als Partner auf Augenhöhe und entwickeln gemeinsame Lösungen mit dem Kunden. Wir versuchen dabei, die Vergütung am Erfolg des Kunden auszurichten und nicht nur an den bereitgestellten IT-Experten sowie der erfolgten IT-Leistungserbringung. Natürlich ist dieser neue Ansatz deutlich komplexer für den Kunden, da er bei ihm Veränderungen und Transparenz gegenüber dem Managed Service Provider erfordert. Doch nur so lässt sich auch ein Mehrwert für das Geschäftsmodell erzielen. Denn: Die paar Prozent, die sich in Krisenzeiten in der IT einsparen lassen, machen weniger als ein Prozent vom Gesamtumsatz aus. Das wird ein Unternehmen in der Krise nicht retten. Ein erzielbarer Business Benefit hingegen schon.“ - Alexander Lapp, matrix technology GmbH
„Ich weiß nicht, warum sich das Argument „Wir gehen in die Cloud, um Kosten zu sparen“ so nachhaltig hält. Wer sinnvoll in die Cloud geht, also passend auf gesteuerte Prozesse oder mit neuen Geschäftsmodellen, kann die Kosten an die Geschäftsmodellierung anpassen, die Übersicht behalten und langfristig günstiger werden. Wer technisch und organisatorisch keinen Mehrwert in der Cloud findet, muss die Projektkosten für den Shift und die neuen Betriebskosten mit den Ist-Kosten vergleichen – und kann auch zu dem Fazit gelangen, lieber alles so zu lassen, wie es ist. Und das ist gut so. Es geht also immer um die Fachlichkeit, passend auf die Geschäftsmodellierung: Was möchte ich als Geschäftsprozess meinem Kunden liefern und wie hoch ist der Cloud- bzw. IT-Anteil? Es gibt kein Geschäftsmodell mehr, das ohne IT funktioniert.“ - René Funke, Metrics Germany
„Wir analysieren seit 20 Jahren die Motive für IT-Sourcing. Kostenersparnis landete immer auf den ersten drei Plätzen und lässt sich auch durch die Cloud nicht wegdiskutieren. Bei der Frage, wo die Kunden am wenigsten mit ihrem Provider zufrieden sind, kommt gern das Thema Innovation auf. Ein Klassiker, der in erster Linie mit Sourcing generell zu tun hat, aber auch für die Cloud wichtig ist. Grund für das Spannungsfeld ist manchmal einfach die falsche Erwartungshaltung: Für eine gute Sourcing-Beziehung muss auch der Kunde seinen Beitrag leisten und seine Organisation so ausrichten, dass er den Mehrwert einstreichen kann. Das Thema wird leider zu selten auf den Tisch gebracht – sowohl vom Auftraggeber als auch vom Auftragnehmer.“ - Michael Wendt, microfin
„Gerade bei der Forderung nach Innovation spielt der klassische Zielkonflikt im Sourcing eine Rolle: Der Kunde möchte vom Preisverfall der Technologie und der Lernkurve des Providers profitieren, während der Dienstleister den Kunden entwickeln möchte, d. h. über die Vertragslaufzeit das Geschäft auszubauen. Das Innovationsthema wird häufig dazwischen zerrieben. Der große Kundenwunsch, von Innovation zu profitieren (idealerweise kostenfrei), funktioniert selten. Man muss erst einmal Sprit in den Tank füllen, um irgendwo hinzufahren.“ - Robert Scholderer, Scholderer GmbH
„Um effizienter zu werden, lassen sich Unternehmen immer häufiger von der IT inspirieren. So beschreiben wir hauptsächlich Services in der IT, können dies aber auch für viele andere Geschäftsprozesse tun. Dadurch wird für alle Beteiligten klarer, welche einzelnen Leistungen dort angeboten und durchgeführt werden und wie sie organisiert sind. Das ist einfacher, als wenn jeder kleine Geschäftsbereich sich selbst eine eigene komplexe Service-Struktur baut. Das ist nur eines von vielen Beispielen dafür, wie sich Unternehmen auch abseits von IT-Themen signifikant häufiger von der IT beraten lassen.“
Vom Provider zum Partner
Corona hatte nicht die Cloud-Nutzung auf Seiten der Kunden kräftig angeschoben. Vor allem die Kosten sind dadurch in der Agenda nach oben gewandert. Wie bleiben Managed Services unter Kostensicht auch in Zukunft beherrschbar? Ausschreibungen betreffend ist die Preissensibilität der Unternehmen sehr groß geworden: Werden Leistungen eingekauft, dürfen deren Kosten die der eigenen IT-Leistung nicht überschreiten. Manche entscheiden sich jedoch bewusst für die deutlich höheren Kosten von Cloud Services, da sie sich damit deutlich mehr Flexibilität erkaufen.
Für Kunden ist die Kostenersparnis nach wie vor eine der wichtigsten Fragen in ihrer Sourcing-Strategie. Die eingesparten Kosten wollen sie jedoch gezielt für Innovation, Transformation und Veränderung einsetzen. Um die neu geschaffenen Freiräume sinnvoll zu nutzen, brauchen sie die Unterstützung des Service Providers als Business-Partner, dessen Leistung beispielsweise auch am Geschäftserfolg des Kunden vergütet werden kann. Der Managed Service Provider 2.0 ist nicht länger nur der Outsourcing-Dienstleister.
Die neue Art der Geschäftsbeziehung erfordert Offenheit auf beiden Seiten und stellt alle Beteiligten vor gewisse Herausforderungen. So müssen Kunden bereit sein, ihre Komfortzone zu verlassen, um ihre Organisation entsprechend anzupassen, und für Innovation zu bezahlen. Service Provider hingegen dürfen nicht länger Dienst nach Vorschrift machen, sondern müssen mithilfe intelligenter IT, Erfahrung und Beratung aktiv das Geschäftsmodell des Kunden mitgestalten, damit dieser erfolgreich ist.
Informationen zu den Partner-Paketen der Studie 'Managed Services 2022'
Cloud-Trend verändert die Kundenansprüche
Gerade im digitalen Wandel erwarten die Kunden vom Managed Service Provider eine ständige Flexibilisierung, wie sie es bereits von Cloud-Diensten kennen. Doch dieses Zukaufen on demand und schnelle Loswerden ist schwierig, wenn ein Dienstleister erst in Infrastrukturen investieren muss. Einen Service Request stellen, der erst ein Genehmigungsverfahren durchlaufen muss, um dann nach vier Wochen eine neue Sharepoint-Instanz am Laufen zu haben - das ist heute inakzeptabel. Darauf muss man sich auch bei Managed Services einstellen. Und das ist nicht so einfach, da Kunden sehr oft ihre Services umstellen und dadurch immer neue Service Requests erzeugen, die sich aufgrund der individuellen Dynamik meist nicht automatisiert abarbeiten lassen. Gelingt es jedoch, diese standardisiert einzuordnen und zu bearbeiten, hätte man zumindest die Möglichkeit, die vom Kunden gewünschte Schnelligkeit zu generieren.
Eine andere Option, Schnelligkeit zu gewinnen, kommt über die direkt vom Fachbereich beauftragte Cloud-IT. Das braucht allerdings eine starke Governance-Funktion. Das Wichtigste dabei: Den Spannungsbogen zwischen den (Cloud-)Wünschen aus dem Fachbereich, dem Dienstleister, der dies abwickeln kann, und einer gemeinsamen strategischen IT zu schlagen. Ansonsten würde eine Situation entstehen, gegen die die alte Schatten-IT harmlos ist.
Studie "Managed Services 2022": Sie können sich noch beteiligen! |
Zum Thema Managed Services führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multi-Client-Studie unter IT-Entscheidern durch. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, hilft Ihnen Frau Regina Hermann (rhermann@idgbusiness.de, Telefon: 089 36086 384) gerne weiter. Informationen zur Managed-Services-Studie finden Sie auch hier zum Download (PDF). |
Kampf um die Fachkräfte
Neben den neuen Anforderungen von Kundenseite müssen sich Managed Service Provider auch ihren internen Herausforderungen stellen: Das betrifft vor allem den Fachkräftemangel und den Wettbewerb mit Hyperscalern. Generell stehen MS Provider vor dem Problem, Mitarbeiter mit IT- und kaufmännischem Hintergrund zu finden. Hinzu kommt, dass sie ihre Attraktivität als Arbeitgeber herausstellen müssen, um überhaupt einen Stich gegen große Unternehmen machen zu können, die beim Thema Brand kräftig von ihrem Marketing unterstützt werden.
Dennoch können Managed Service Provider auch gegen "die Großen" wie AWS oder Google punkten. Der Einblick in sehr viele Unternehmen mit Best Practices aus den verschiedensten Branchen gestalten das Jobprofil sehr abwechslungsreich. Das Problem mit dem Fachkräftemangel ist in Deutschland zum Teil selbstgemacht, da man beim Mitarbeiterprofil zu sehr festgelegt ist. Im Gegensatz zu anderen Ländern fehlt hier die Bereitschaft, die Ärmel hochzukrempeln und loszulegen. Das wird sich ändern müssen! Nicht nur mehr auf Mitarbeiter eingehen und zum Beispiel Home-Office ermöglichen. Man muss sich zum Teil auch die Skills selbst aufbauen, die am Markt in der Form nicht zu haben sind.
Informationen zu den Partner-Paketen der Studie 'Managed Services 2022'