Neben Wordpress, Joomla und Drupal gehört das freie CMS TYPO3 zu den meist verwendeten Systemen für das Content Management. Unser Autor Gregor Gold, Geschäftsführer der Agentur denkfabrik, beschreibt die Schwächen von TYPO3 - resultierend aus den Ergebnissen von knapp einem Dutzend Revisionsprojekten, in denen er die Qualität der jeweiligen Systeme begutachtet hat.
Viele Programmierstile verderben das System
TYPO3-Projekte charakterisieren sich oft dadurch, dass in der Entwicklungsphase viele Menschen erstmals zusammenarbeiten. Insbesondere wenn Web- oder Werbeagenturen entsprechende Vorhaben starten, werden häufig freie Programmierressourcen hinzugezogen. Die Vorteile bezüglich Flexibilität und Kosten werden mit erheblichen Nachteilen erkauft. Die Analyse von TYPO-3-Systemen belegt ein Nebeneinander sehr unterschiedlicher Programmiermethoden, weil die beteiligten Techniker ihren individuellen Stil einbringen. Als Konsequenz entstehen labile und schwer administrierbare Systeme.
Vor Beginn eines umfangreicheren TYPO-3-Projekts sollte deshalb immer eine grundlegende Programmierrichtlinie definiert werden. Dazu gehören beispielsweise methodische Prinzipien zum Programmierstil, Festlegungen zu den Konfigurationseinstellungen und Vorgaben für die Dokumentation. Zudem ist es sinnvoll präzise festzulegen, welche ergänzenden Hilfsmittel wie etwa zu verwendende Javascript-Bibliotheken, Konventionen für Namensgebung etc. herangezogen werden sollen, um Kompatibilitätsprobleme zu vermeiden und eine höhere Transparenz des Codes zu erzielen.
Unstrukturierte Typoscript-Templates
Die Typoscript-Templates, in denen ein Großteil der Systemkonfiguration des Content Management Systems (CMS) erfolgt, sind die Basis für TYPO 3. Sowohl für einen reibungslosen Betrieb der Website als auch für die spätere Pflege, Veränderung oder Ergänzung des Systems ist eine durchgängig klare Strukturierung und Zusammenfassung logischer Gruppen im Code zwingend erforderlich.
Das wird in der Praxis, insbesondere bei komplexeren Systemen, oft vernachlässigt. Besonders bei der Strukturierung oder der logischen Zusammenfassung von zusammengehörigen Typoscript-Konfigurationen sind erhebliche Schwächen zu beobachten. Das resultiert aus dem hohen Flexibilitätsgrad, den Typoscript den Programmierern bietet. Er betrifft sowohl stilistische Aspekte, etwa die Zusammenfassung von Code-Abschnitten, als auch die Frage, wo welche Einstellungen im System hinterlegt werden. Zudem zeigt sich TYPO3 tolerant gegenüber mehrfacher Definition oder Konfiguration einzelner Funktionen, was die korrekte Ausführung der Befehle angeht.
- Die besten kostenlosen CMS-Systeme
Web-Content-Management-Systeme sind zunehmend ein Muss. Wir haben die vier Open-Source-Systeme Wordpress, Joomla, Drupal und TYPO3 getestet. - Wordpress
Der hohe Bekanntheitsgrad von Wordpress spiegelt sich in neun Millionen Downloads und über 41.000 Plugins und Erweiterungen wider. Zusätzlich stehen dem Nutzer aktuell über 14.000 kostenlose Designvorlagen (Themes) zur Verfügung. Das deutschsprachige Forum wächst kontinuierlich. Über 79.000 Mitglieder tauschen sich gegenwärtig zu Erweiterungen, Problemstellungen und Lösungen aus. Laut Statista dominiert Wordpress den CMS-Markt mit einem Anteil von fast 60 Prozent. - Vorteile
Die populäre "Fünf-Minuten-Installation" von Wordpress und die äußerst bedienungsfreundliche Administrationsoberfläche haben einen wesentlichen Teil zur starken Verbreitung des Systems beigetragen.<br /><br />Hinzu kommt die einfache Integration von Erweiterungen, so genannten Plugins, die Vielzahl kostenloser Themes und die komfortable Aktualisierung per Knopfdruck. Suchmaschinenfreundliche URLs (Real-URLs) können ohne die Installation von Erweiterungen eingerichtet werden. Zusätzliche Erweiterungen bieten für jede gewünschte SEO-Anforderung eine Lösung. Das gilt auch für die nachfolgend bewerteten Lösungen Joomla, Drupal und TYPO3. Eine große Community und eine gute Dokumentation runden das Gesamtpaket sehr gut ab. - Nachteile
Funktionen größerer Portale, wie multilinguale Seiten, werden nur über ein Plugin unterstützt. Sie sind deshalb relativ aufwendig zu verwalten und nicht, wie von Wordpress eigentlich gewohnt, intuitiv. Ähnlich verhält es sich auch mit der Multidomain-Fähigkeit. Diese wird grundsätzlich für Subdomains, Subdirectories und für getrennte Domains geliefert, ist in der Handhabung zurzeit aber noch nicht komfortabel.<br /><br />Das Einrichten von Rollen und Rechten wird nativ leider nur bedingt von Wordpress unterstützt, kann aber bei Bedarf durch Plugins erweitert werden. - Fazit
Wordpress ist die optimale Wahl für alle Blogging- oder News-Portale mit verhältnismäßig einfachen Seitenstrukturen. Für kleinere Seiten kann Wordpress auch als CMS-Lösung eingesetzt werden. - Joomla
Joomla ist vor allem in den USA eine sehr verbreitete CMS-Lösung. Die Anzahl der Downloads liegt im deutlich zweistelligen Millionenbereich. Derzeit stehen über 7400 Erweiterungen für das System bereit. Die Popularität wird auch durch die Mitgliederzahlen von 675.000 Teilnehmern im offiziellen sowie annähernd 175.000 im deutschen Forum deutlich. - Vorteile
Die Installation ist zwar nicht ganz so einfach wie bei Wordpress, aber noch überschaubar und ohne Fachwissen zu bewerkstelligen. Das Gleiche gilt für die Verwaltung der Inhalte, wenn das Prinzip verstanden wurde, dass Inhalte nicht seitenbasiert, sondern objektbasiert verwaltet werden.<br /><br />Die Generierung von Templates ist äußerst bedienungsfreundlich und bietet eine modulare Template-Erstellung durch die dynamische Zuweisung von einzelnen, vordefinierten Inhaltselementen, ähnlich wie Templa Voila bei TYPO3. Joomla ist komplett objektbasierend auf dem MVC Framework (Modell View Controller) aufgebaut und gibt so auch Entwicklern die Option, individuelle Erweiterungen für Joomla zu programmieren. Darüber hinaus existieren eine sehr gute Dokumentation und Benutzerhandbücher sowie viele Foren, die alle erdenklichen Fragen abdecken. - Nachteile
Erweiterungen sind in Joomla in Plugins, Komponenten und Module gegliedert, die wieder im Frontend und Backend eingesetzt werden können. Das ist nicht immer intuitiv und kann teilweise zu Irritationen führen. Weitere Problempunkte, die jedoch meist nur bei größeren Projekten eine Rolle spielen, sind die Rechteverwaltung und die Freigabeprozesse.<br /><br />In den aktuellen Versionen ist die Rechteverwaltung ausgereift, allerdings können noch keine Freigabeprozesse abgebildet werden. Mandantenfähigkeit ist außerdem nur über Erweiterungen möglich, aber streng genommen wird pro Seite eine Installation benötigt. Leider sind die ausgereiften Erweiterungen teilweise kostenpflichtig, oder sie erfordern eine Registrierung beim Anbieter. - Fazit
Joomla unterstützt grundsätzlich komplexere Seitenstrukturen als Wordpress, ist aber nicht so flexibel wie TYPO3 oder Drupal, da immer nur ein Hauptinhaltselement zugeordnet werden kann. Joomla ist somit optimal für kleinere bis große Seiten, wenn keine Freigabe-Workflows und keine Multidomain-Installationen erforderlich sind. - Drupal
Die letzten offiziellen Download-Zahlen wurden 2008 von Dries Buytaert in seinem Blog veröffentlicht. Danach gibt es leider keine verlässlichen Werte mehr. Allerdings erfolgten zwischen Mitte 2007 und 2008 allein 1,4 Millionen Downloads. Das war eine Verdoppelung der Downloads gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum mit 620.000 Zugriffen. Weitere Indizien für die positive Entwicklung sind die Anzahl der Erweiterungen und zusätzlichen Module, die sich mittlerweile auf über 32.000 belaufen, und die fast 100.000 aktiven Mitglieder der offiziellen Drupal Community. - Vorteile
Neben den Grundfunktionen eines Content-Management-Systems liegt der Fokus von Drupal im Aufbau von Social-Publishing- und Community-Portalen, wo Mitglieder eigene Inhalte erstellen und mit anderen Teilnehmern interagieren können. Die Grundinstallation ist extrem schlank, bietet aber bereits viele Web-2.0- und Community-Features wie zum Beispiel Weblogs, Foren und Tag Clouds.<br /><br />Die Verwaltung der Inhalte erfolgt dabei, wie bei Wordpress und Joomla, objektbasierend. Der modulare Aufbau von Drupal ermöglicht die Umsetzung von individuellen und komplexen Seitenstrukturen. Multidomain-Management ist ein Thema, das Drupal problemlos unterstützt. Die Verwaltung eines Cores mit Erweiterungen und gemeinsamen Benutzern ist in der Multidomain-Umgebung über mehrere Seiten hinweg möglich. Dies führt jedoch dazu, dass die Konfiguration des Systems weitaus aufwendiger ist als bei Wordpress oder Joomla. Die stark ausgeprägte Community bietet für jegliche Fragestellungen aktive und fundierte Antworten. - Nachteile
Die schlanke Grundinstallation hat zur Folge, dass sehr viele Module nachinstalliert werden müssen. Deren Installation kann dabei leider nicht über die Administrationsfläche erfolgen, sondern nur per FTP. Viele Module stehen in Abhängigkeit zu anderen und erschweren die Aktualisierung. Zudem sind sie leider nicht abwärtskompatibel. - Fazit
Drupal ist für den Einsatz als Social-Publishing- oder Community-Portal mit dem Schwerpunkt Web 2.0 als Internet, Extranet oder Intranet prädestiniert. Durch den modularen Aufbau können aber auch Portale für Unternehmen und Konzerne realisiert werden. Allerdings ist Drupal im Bereich Freigabeprozesse nicht so stark wie TYPO3. - TYPO3
TYPO3 weist über sechs Millionen Downloads auf und kommt verstärkt im europäischen Raum zum Einsatz. Das Enterprise-Content-Management-System wird in über 50 Sprachen sowie mit über 5000 Erweiterungen angeboten. Die Community ist sehr stark und zählt über 100.000 Mitglieder, die sich aktiv an der Weiterentwicklung beteiligen. - Vorteile
TYPO3 beinhaltet alle Funktionen, die ein Enterprise-Content-Management-System auszeichnen. In der Grundinstallation wird bereits eine multilinguale Unterstützung mit Fallback-Funktion bereitgestellt. Eine Multidomain-Unterstützung, um mehrere Seiten über eine TYPO3-Installation zu verwalten, wird ebenfalls ermöglicht.<br /><br />Die integrierte Rechteverwaltung ist sehr umfangreich und ermöglicht den Administratoren, unterschiedliche Rollen und Rechte für die Benutzer einzurichten. Der Administrator kann unter anderem. festlegen, welche Eingabefelder von Inhaltselementen gesehen oder bearbeitet werden können. In diesem Zusammenhang können in TYPO3 auch die Freigabeprozesse individuell über so genannte Workspaces definiert und abgebildet werden. Der modulare Aufbau, die starke Konfigurationssprache Typoscript und die Möglichkeit, Veränderungen des Codes mit XClasses lokal auszulagern, machen TYPO3 nahezu unbegrenzt erweiterbar und anpassbar. - Nachteile
Die Lernkurve ist im Vergleich zu den anderen Systemen eher flach, und die Installation, Konfiguration und Administration erfordert Fachwissen, um TYPO3-Fehler zu vermeiden. Hier bieten jedoch eine Vielzahl an Büchern und Dokumentationen Hilfe. Die Anforderungen an die Hosting-Umgebung werden nicht von allen Providern standardmäßig unterstützt und sollten im Vorfeld geklärt werden. - Fazit
TYPO3 zeichnet sich durch die Ausrichtung als Enterprise-Content-Management-System aus und spielt seine Stärken vor allem bei größeren und oder komplexen Internet-, Extranet- oder Intranet-Projekten aus.
Besonders bei größeren Web-Projekten empfiehlt es sich, die Richtlinien für das Typoscripting genau festzulegen. Eine solche Regel wäre etwa, dass logisch und/oder funktional zusammenhängende Konfigurationsblöcke grundsätzlich zusammengefasst werden und alle Konfigurationseinstellungen für eine Funktionalität immer in einem Template angelegt werden. So lässt sich direkt zu Beginn ein in sich konsistentes Ergebnis sicherstellen, wodurch der spätere Administrationsaufwand deutlich reduziert wird.