Hannover Messe 2024

Die CeBIT der Industrial IT

22.04.2024
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Egal, ob KI, Digitale Zwillinge, Manufacturing-X, Smart Factories, Robotics oder Cyber Security, auf der Hannover Messe 2024 dreht sich fast alles um IT in der Industrie.
Die Hannover Messe 2024 dreht sich mehr denn je um das Thema Industrial IT. Technologien wie KI etc. läuten die nächste Phase der industriellen Digitalisierung ein.
Die Hannover Messe 2024 dreht sich mehr denn je um das Thema Industrial IT. Technologien wie KI etc. läuten die nächste Phase der industriellen Digitalisierung ein.
Foto: Hannover Messe

"THE PLACE TO BE FOR TECH TO COME" begrüßt ein großes Plakat über dem Haupteingang die Besucher der diesjährigen Hannover Messe. Es steht perfekt für die Aufbruchsstimmung in die nächste Phase der Digitalisierung, die die Hannover Messe als industrielle Leitmesse vermitteln will.

Globale Tech-Giganten zu Gast

So zählen zu den ausstellenden Unternehmen globale Tech-Giganten wie AWS, Bosch, Google, Microsoft, SAP, Schneider Electric oder Siemens sowie mittelständisch geprägte Technologieführer wie Beckhoff, Festo, Phoenix Contact, Rittal, SEW-Eurodrive und Harting, um nur einige Namen zu nennen. Eben so wenig fehlen namhafte Forschungseinrichtungen wie Fraunhofer oder das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) oder das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Zudem sind in den Messehallen mehr als 300 Startups am Start.

GenAI bestimmendes Thema

Eines der zentralen Themen auf den Messeständen ist dabei das Thema (generative) KI: Roboter, die sich per Sprache steuern lassen, Maschinen, die Fehler automatisch erkennen, oder Systeme, die durch vorausschauende Wartung Ausfallzeiten reduzieren.

Das Stuttgarter Trumpf-Spin-off Q.Ant zeigt in Hannover wie sich Prothesen, Exoskelette und Avatare künftig per Quantensensoren mit Nervensignalen steuern lassen.
Das Stuttgarter Trumpf-Spin-off Q.Ant zeigt in Hannover wie sich Prothesen, Exoskelette und Avatare künftig per Quantensensoren mit Nervensignalen steuern lassen.
Foto: Hannover Messe

So zeigt etwa Microsoft auf der Messe zahlreiche Beispiele für den Einsatz seiner Copilots in der Fertigung. Zudem stellt das Unternehmen mit "Manufacturing Data Solutions in Microsoft Fabric" sowie "Copilot Template for Factory Operations" - beide als Private Preview verfügbar - zwei neue Werkzeuge für GenAI-Anwendungen in der Industrie vor.

Neue KI-Tools für Fertigung

Die Tools sollen Fertigungsunternehmen dabei helfen, ihre Datenbestände aus OT und IT zusammenzuführen sowie die Datentransformation in Microsoft Fabric zu beschleunigen. Mit "Copilot Template for Factory Operations" können Unternehmen eigene Copilots erstellen, durch die etwa das Fertigungspersonal Datenbestände in natürlicher Sprache abfragen kann.

Über 25 Kunden und Partner veranschaulichen auf dem Messestand zudem, welchen Nutzen GenAI - auch in Form eigener industrieller Copilots - in der Fertigung bringt. Dazu zählen unter anderem Accenture, Annata, Ansys, Avanade, AVEVA, Blue Yonder, BMW, Bosch, Capgemini, Cognite, Connected Cars DK, DSA, HARTING, HERE Technologies, Hexagon, KUKA, Netstar, NVIDIA, o9 Solutions, PTC, Rockwell Automation, SAP, Schneider Electric, SYNTAX, Sight Machine, Siemens, SymphonyAI, TCS, Threedy, ToolsGroup, Tulip Interfaces und Volvo.

KI in der Fertigung ist bei vielen Unternehmen bereits Realität - auch wenn die Grenzen zwischen GenAI, KI und Machine Learning oft fließend sind.
KI in der Fertigung ist bei vielen Unternehmen bereits Realität - auch wenn die Grenzen zwischen GenAI, KI und Machine Learning oft fließend sind.
Foto: Hannover Messe

Ebenfalls zu Gast sind die Preisträger des diesjährigen Microsoft Intelligent Manufacturing Award. Über die Projekte von Mercedes-Benz, Northvolt, Malvern Panalytical, Wilo, ANDRITZ und Danfoss berichteten wir bereits hier.

Einige andere Beispiel für den KI-Einsatz sind etwa:

  • Der KUKA Copilot interpretiert, kommentiert und generiert den neuen KUKA Robotic Language Code auf Basis der Azure OpenAI Services. Damit können Unternehmen Roboter einfacher programmieren und konfigurieren.

  • Die Programmierung optimieren und die Entwicklungszeit für SPS verkürzen soll der Schneider Electric PLC Code Generation Copilot.

  • Der ANDRITZ Metris Copilot kombiniert wiederum die Erkennung von Anomalien mit einem digitalen KI-Assistenten mit Chat-Schnittstelle. Die Lösung nutzt Daten von IoT-Sensoren und Steuerungssystemen, um Störungen, Fehler und Ausfälle mithilfe von Algorithmen zu erkennen und zu vermeiden.

  • Volvo Penta nutzt den Copilot in Dynamics 365 Field Service und den Copilot in Guides mit HoloLens 2 zur Unterstützung seines Personals in Service und Produktion.

  • HARTING zeigt die KI-gestützte Entwicklung von Steckverbindern. KI soll dabei kundenspezifische Anpassungen bei industriellen Produkten erleichtern. Die Eingabe erfolgt dabei in natürlicher Sprache, um Produkte durch eine HARTING-Steckverbinder-KI an spezifische Anforderungen anzupassen und 3D-Modelle für die CAD-Software Siemens NX zu erstellen.

Siemens - in Halle 9 mit dem größten Stand der Hannover Messe vertreten - präsentiert bei Microsoft seinen Siemens Industrial Copilot, der die Mitarbeiter entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Design und Planung über Engineering und Operations bis zum Service unterstützen soll. Dabei soll er sowohl Abläufe beschleunigen als auch die Mensch-Maschine-Interaktion auf ein neues Niveau heben.

Sustainability im Blick

Der Siemens Industrial Copilot.
Der Siemens Industrial Copilot.
Foto: Siemens

Auch auf dem Siemens-Messestand selbst dreht sich alles rund um das Thema GenAI sowie Digital Twin. Einen besonderen Schwerpunkt legt das Unternehmen dabei auf Sustainability. Hierzu zeigt der Konzern Beispiele für die vier Domänen Automotive, Chemicals, Food & Beverage, Semiconductors.

Ein weiterer Showcase auf dem Microsoft-Stand stammt von BMW. Der Münchner Autobauer demonstriert, wie der Copilot in Microsoft Dynamics 365 Guides bei BMW per Sprachsteuerung hilft, Daten für die Fahrzeugentwicklung aus unterschiedlichen Systemen zu integrieren, Schlüsse abzuleiten und damit die Entwicklungsprozesse spürbar zu vereinfachen und zu beschleunigen. Hierzu nutzt BMW auch auf HoloLens 2, über welche die datenbasierten Ergebnisse als Hologramme auf reale Bauteile projiziert werden.

Manufacturing-X und Gaia-X

Apropos Daten: Breiten Raum nimmt auf der Hannover Messe auch das Thema Datensouveränität ein. Der Grund liegt auf der Hand: Immer mehr europäischen Unternehmen wird bewusst, dass sie einen sicheren Datenraum benötigen, wenn sie das Potenzial einer vernetzten Industrie voll ausschöpfen wollen. Ein auf den Mittelstand zugeschnittenes Konzept ist dabei Manufacturing-X. Es soll ermöglichen, dass die Unternehmen ihre eigenen Daten und ihr Domänenwissen nicht einem großen Plattformbetreiber überlassen müssen.

Eines der großen, noch nicht gelösten Themen rund um KI in der Fertigung, ist die Frage der europäischen Datensouveränität.
Eines der großen, noch nicht gelösten Themen rund um KI in der Fertigung, ist die Frage der europäischen Datensouveränität.
Foto: Hannover Messe

Weitere Projekte in Sachen Datenökosystem sind etwa Catena-X, Factory-X und Aerospace-X auf dem Stand der Plattform Industrie 4.0. Ebenfalls in Halle 8 ist der Stand der Gaia-X-Community zu finden. Ein Gaia-X-Leuchtturmprojekt ist dabei das "Europäisches Produktionsgiganet", kurz EuProGigant. Es zielt darauf ab, souveräne Maschinendaten und datenbasierte Dienste in Datenökosystemen für die europäische Fertigungsbranche nutzbar zu machen.