Bitkom-Research-Studie zur künstlichen Intelligenz (AI)

Deutsche Verbraucher sehen KI-Dienste skeptisch

25.07.2017
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Eine aktuelle Studie offenbart: KI steht bei den deutschen Verbrauchern nicht hoch im Kurs.
Die deutschen Verbraucher stehen dem Thema KI skeptisch gegenüber.
Die deutschen Verbraucher stehen dem Thema KI skeptisch gegenüber.
Foto: Tatiana Shepeleva - shutterstock.com

Während in der ITK-Branche das Thema Künstliche Intelligenz ( KI, AI) oder Machine Learning in aller Munde ist und es im Bitkom-Branchenbarometer vom Platz 23 in 2016 auf Platz 9 im ersten Halbjahr 2017 geschafft hat, stehen die deutschen Verbraucher dem Thema sehr skeptisch gegenüber. Grundsätzlich ist dabei die Angst, dass die eigenen Daten bei der KI nicht sicher seien, weitverbreitet. Allerdings ist die deutsche Angst in Sachen Datenschutz etwas bigott: Mit steigendem Nutzwert (günstiger, besserer Service) steigt die Bereitschaft persönliche Daten preiszugeben - entgegen allen Sicherheitsbedenken.

Die Studie "Wieviel Künstliche Intelligenz brauchen wir im Alltag" führte Bitkom Research im Juni 2017 im Auftrag von VMware durch. Dazu wurden knapp über 1.000 Personen mit Festnetzanschluss zu den Themenkomplexen KI im Einzelhandel, im Gesundheitswesen und im Finanzwesen befragt.

Allgemeine Ergebnisse

Das Vertrauen der Deutschen in KI-Services ist nicht besonders hoch.
Das Vertrauen der Deutschen in KI-Services ist nicht besonders hoch.
Foto: VMware/Bitkom Research

Grundsätzlich legen die Deutschen nach wie vor hohen Wert auf eine persönliche Interaktion, auch wenn angenommen wird, dass KI das Leben künftig in Form von Robotern, Chatbots und anderen intelligenten Maschinen immer mehr beeinflussen wird. Zudem ist jeder Zweite (55 Prozent) der Meinung, dass ein Chatbot ein größeres Sicherheitsrisiko im Hinblick auf persönliche Daten darstellt, als ein Mensch. Auch wenn zwei Drittel der Befragten Vorteile in vollautomatisierten Dienstleistungen für sich als Kunden erkennen, macht sich die Mehrheit (71 Prozent) dennoch Sorgen, dass vollautomatisierte Dienstleistungen die Sicherheit ihrer persönlichen Daten gefährden.

Wenig überraschend ist, dass sich die Generation Facebook (Jüngere zwischen 18 und 29 Jahren) gegenüber neuen Technologien wie Smart-Home-Geräten oder digitalen Sprachassistenten aufgeschlossener zeigt. Grundsätzlich hängt es auch davon ab, welche Daten die Unternehmen für ihre KI-Services wünschen. Während jeder Fünfte bereit wäre, medizinische Daten weiterzugeben, sind es bei finanziellen Daten nur sieben Prozent.

KI im Einzelhandel

Im Finanzwesen befürchten die Verbraucher schlechteren Service durch KI.
Im Finanzwesen befürchten die Verbraucher schlechteren Service durch KI.
Foto: VMware/Bitkom Research

Betrachtet man die Studienergebnisse nach einzelnen Branchen, so zeigt sich, dass Verbraucher im Einzelhandel generell den persönlichen Kontakt mit einer realen Person bevorzugen. Zwar haben schon 40 Prozent mit einem Chatbot gechattet, doch 90 Prozent präferieren die klassische Kommunikation. Insgesamt müssen Einzelhandel und ITK-Industrie noch viel Überzeugungsarbeit leisten beziehungsweise am Mehrwert ihrer Dienste feilen, um die Consumer von ihren Services und Produkten zu überzeugen. Nicht einmal jeder zweite Verbraucher (44 Prozent) würde einem vollautomatisierten Einkaufsservice vertrauen, der Lebensmittel automatisch nachbestellen würde, wenn diese aufgebraucht sind. Ebenso skeptisch stehen die Deutschen der Frage gegenüber, ob Smart-Home-Geräte ihnen den Alltag erleichtern.

KI im Finanzwesen

Genauso schlecht ist es mit der Meinung der Deutschen um den Einsatz von KI im Finanzwesen bestellt. Einen persönlichen Vorteil durch vollautomatisierte Dienstleistungen erwarten sich hier wie im Einzelhandel nur 23 Prozent. Dagegen erwarten fast drei Viertel (72 Prozent) einen schlechteren Service durch fehlenden menschlichen Kontakt. Zudem sieht jeder Zweite ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für seine Finanzdaten. Immerhin erkennen 44 Prozent einen Vorteil in der möglichen Verringerung von Wartezeiten bei Banken.

KI im Gesundheitswesen

Jeder Fünfte ist bereit, seine medizinschen Daten weiterzugeben.
Jeder Fünfte ist bereit, seine medizinschen Daten weiterzugeben.
Foto: VMware/Bitkom Research

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man nach dem Einsatz von KI im Gesundheitswesen fragt. Fast jeder Zweite gibt zu Protokoll, dass KI hier künftig eine größere Rolle spielen wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nun Roboter im Sturm die Arztpraxen erobern, denn 93 Prozent vertrauen eher einem Arzt als einem computerbasierten medizinischen Informationssystem. Und Chatbots wollen die Deutschen im Gesundheitswesen schon einmal überhaupt nicht antreffen. Lediglich 16 Prozent können sich eine Online-Sprechstunde mit einem Chatbot vorstellen. Auf der anderen Seite sieht über die Hälfte der Befragten Vorteile durch die KI in der Medizin. So glaubt jeder Zweite an eine indviduellere Betreuung sowie schnellere Diagnosen. Zudem ist die Überzeugung weit verbreitet, dass eine von Robotern durchgeführte Operation Vorteile biete.

Unter dem Strich zeigt die Studie, dass das Vertrauen in KI bei den deutschen Verbrauchern noch sehr gering ist. Hier besteht für Hersteller und Service-Anbieter Nachholbedarf in Sachen Aufklärung. Zudem sollten sie transparent darüber aufklären, was mit den Daten geschieht. Ferner ist hier die Politik gefordert, um genauer definierte Rahmenbedingungen für die Datenverarbeitung/KI mit Blick auf die Verbraucherinteressen zu schaffen. Und last but not least sollten alle Beteiligten darauf achten, den Verbrauchern einen wirklichen Mehrwert zu liefern. Wird dieser erkannt steigt nämlich die Bereitschaft, persönliche Daten weiterzugeben.