IBM präsentiert z16

Der Mainframe bekommt Echtzeit-KI

07.04.2022
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
IBM hat mit der z16 eine neue Mainframe-Generation präsentiert. Punkten sollen die Großrechner mit KI-Funktionen und quantensicherer Verschlüsselung.
Bei der Entwicklung der neuen Mainframe-Generation z16 hat IBM eng mit Kunden zusammengearbeitet.
Bei der Entwicklung der neuen Mainframe-Generation z16 hat IBM eng mit Kunden zusammengearbeitet.
Foto: IBM

Es sei ein historischer Tag für IBM und seine Kunden, sagte Ross Mauri, General Manager für den Bereich IBM Systems, anlässlich der Vorstellung der neuen Mainframe-. Tausende von IBM-Entwicklern aus den Hardware- und Software-Ressorts hätten gemeinsam mit mehr als 70 Kunden an den z16-Großrechnern gefeilt. Mauri sprach von einem kollaborativ ausgerichteten und kundenzentrischen Ansatz, der auch bei der Entwicklung der nächsten Großrechner-Generationen zum Einsatz kommen soll. Die neuen z16-Großrechner sollen ab Ende Mai 2022 verfügbar sein.

Für IBM geht es darum, seine Mainframe-Kunden bei der Stange zu halten und die aus den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammenden Boliden für moderne IT-Infrastrukturen salonfähig zu machen. Die Mainframe-Plattform soll fit werden für das Cloud-Zeitalter und für aktuelle Workload-Anforderungen.

Dafür hat IBM eine Reihe neuer Funktionen in die z16-Familie integriert. Die wichtigste Neuerung steckt im Prozessor. IBM hat mit "Telum" einen neuen Mainframe-Prozessor gebaut. Der Chip beinhaltet einen besonderen KI-Beschleuniger und ist dem Hersteller zufolge dafür optimiert, KI-Aufgaben mit besonders hohen Leistungs- und Rechenanforderungen zu lösen - beispielsweise wenn es darum geht, in Echtzeit große Mengen transaktionaler Daten zu analysieren, Erkenntnisse daraus zu ziehen und direkt aus den Ergebnissen Aktionen abzuleiten.

Mainframe soll Betrugsversuche in Finanztransaktionen blockieren

Solche Szenarien gibt es unter anderem im Bankenumfeld, wenn IT-Systeme Betrugsversuche in Finanztransaktionen erkennen und blockieren sollen. Bis dato war es laut IBM schwierig, Deep-Learning-Modelle mit akzeptablen Latenzzeiten und ausreichender Sicherheit auf große Datenvolumina anzuwenden, wenn die darauf basierenden Applikationen extrem kurze Antwortzeiten verlangten. Die z16-Maschinen könnten 300 Milliarden Interferenzanfragen pro Tag mit einer Latenz von einer Millisekunde verarbeiten, behaupten die IBM-Verantwortlichen und berufen sich dabei auf eigene Tests.

Rund um den neuen Mainframe-Prozessor hat IBM eine Reihe zusätzlicher Funktionen vorgestellt, die auf den Telum zugeschnitten sind. Dazu gehört "Watson Machine Learning for IBM z/OS", mit dem Anwender schneller Analyseergebnisse aus operationalen Daten gewinnen können. Das sei interessant, wenn es darum gehe, bestimmte Ereignisse zu simulieren und Vorhersagen für die künftige Geschäftsentwicklung zu treffen, hieß es.

Das neue Datenbank-Release "DB2 13 for z/OS" bekommt das Feature "SQL Data Insights". Es soll Anwendern bessere Analytics-Möglichkeiten geben und ist darauf ausgelegt, schnell Muster und Auffälligkeiten in großen Datenbeständen zu identifizieren. Insgesamt hat IBM seine KI-basierten Automatisierungstechniken für die z16-Mainframes verfügbar gemacht. So sollen Anwender ihre Applikations-Performance besser im Blick behalten und Ausfallsrisiken senken.

Großrechner wird quantensicher

Neben zusätzlichen KI- und Analytics-Funktionen hat IBM seiner Mainframe-Plattform mehr Sicherheit spendiert. "IBM setzt alles daran, seine Kunden dabei zu unterstützen, ihre Daten heute und in Zukunft zu schützen", sagte Mauri. Auf der Grundlage von quantensicherer Kryptografie will der Hersteller seinen Kunden zwei neue Funktionen bieten, um Sicherheits- und Resilienzstrategien zu unterstützen.

IBM hat zusätzliche Security-Features in seine neuen Großrechner gepackt.
IBM hat zusätzliche Security-Features in seine neuen Großrechner gepackt.
Foto: IBM

Das "IBM Z Security and Compliance Center", das ab Ende Mai 2022 allgemein verfügbar sein soll, sammelt im System Informationen und Belege, die in einem Audit-Bericht verwendet werden können. Zudem sollen sich diese Daten mit Industriestandards wie zum Beispiel PCI-DSS abgleichen lassen. Dies könne IBM zufolge die Audit-Vorbereitung beschleunigen und den Kunden helfen, ihr Compliance-Management zu vereinfachen.

Mit "IBM Z Flexible Capacity for Cyber Resiliency" sollen Kunden schneller auf betriebliche Sicherheitsanforderungen reagieren können. Beispielsweise sollen sich z16-Produktionssysteme vollständig automatisiert in verschiedene Backup-Systeme an unterschiedlichen Standorten sichern lassen.

IBM baut mit seinen Security-Funktionen für den Mainframe auf eigenen Technologien wie zum Beispiel "Pervasive Encryption" und "Confidential Computing" auf. Die z16-Systeme nutzen beispielsweise sogenannte gitterbasierte Kryptographie für Secure Boot. Damit soll verhindert werden, dass Hacker Malware in den Boot-Prozess einschleusen und so die Großrechner kapern. Ein spezieller Koprozessor, der "Krypto Express 8S", soll Anwendungen und auch Daten mit Hilfe klassischer, aber auch quantensicherer Kryptographie schützen.

Mainframe goes Cloud

IBM preist seine Mainframe-Plattform als tauglich für moderne Anwendungsanforderungen an, gerade im Business-kritischen Umfeld. Es handele sich um eine offene, agile Plattform, die sich in hybride Cloud-Infrastrukturen integrieren lasse, wirbt IBM-Manager Mauri. Um die Kunden dabei an die Hand zu nehmen, hat IBM verschiedene Pakete aus Tools, Services und Beratungsleistungen geschnürt.

Die neuen Mainframes ließen sich in hybride Cloud-Infrastrukturen integrieren und würden damit auch moderne Anwendungsanforderungen erfüllen, verspricht Ross Mauri, General Manager für IBM Systems.
Die neuen Mainframes ließen sich in hybride Cloud-Infrastrukturen integrieren und würden damit auch moderne Anwendungsanforderungen erfüllen, verspricht Ross Mauri, General Manager für IBM Systems.
Foto: IBM

Über den "Cloud Modernization Stack" und das "Cloud Modernization Center" erhielten Kunden Zugang zu einer Vielzahl von Tools, Schulungen, Ressourcen, Ökosystempartnern und branchenspezifischem Fachwissen von IBM Consulting, um ihre Anwendungen, Daten und Prozesse zu modernisieren. Über das "Tailored Fit Pricing" bekommen sie zudem ein Cloud-ähnliches nutzungsbasiertes Abrechnungsmodell, mit dem sie schnell auf Veränderungen bei dynamischen Workloads reagieren könnten.

Bereits im Februar hat IBM Wazi as-a-Service (Wazi aaS) angekündigt. Damit würden erstmals z/OS-Funktionen in die IBM Cloud gebracht, hieß es. z/OS-Entwickler erhielten die Flexibilität einer Public-Cloud-Entwicklungsumgebung und könnten mit Wazi aaS selbstständig eine z/OS Virtual Server Instance in einem logisch isolierten, sicheren Bereich konfigurieren und bereitstellen, der in der IBM Cloud läuft. Dort ein z/OS-System aufzusetzen und zu starten, soll IBM zufolge in weniger als fünf Minuten möglich sein. Bezahlt wird nach Verbrauch, auf Stundenbasis und je nach verwendeten Ressourcen.

Fujitsu zieht sich aus dem Mainframe-Geschäft zurück

IBM ist derzeit der einzige verbliebene Anbieter von Mainframe-Systemen, und das wird auch wohl so bleiben. Ende Februar hatte Konkurrent Fujitsu angekündigt, den Verkauf seiner Mainframes und Unix-Server einzustellen - das Geschäft mit Global-Server-Mainframes soll 2030 enden, der Verkauf von Unix-Systemen 2029. Der Support für diese Rechner soll 2035 beziehungsweise 2034 auslaufen. Die Ankündigung bezieht sich ausschließlich auf die Global-Server-(GS-)Linie. Die BS2000-Systeme seien nicht betroffen, hieß es. Fujitsu werde diese Plattform so lange bereitstellen und bedienen, wie es einen Bedarf am Markt. Schätzungen zufolge setzen noch etwa 300 Unternehmen und Behörden auf die BS2000.

Fujitsu bietet seinen Kunden verschiedene Optionen und Modelle, ihre Mainframe-Systeme inklusive Anwendungen auf andere Plattformen umzuziehen. Beispielsweise haben die Japaner Programme aufgesetzt, um Großrechner-Umgebungen komplett auf Cloud-Infrastrukturen beispielsweise von AWS oder Microsoft Azure umzustellen.