Interview mit Stefan Hansen, Lufthansa Systems

"Den Preiskampf bei der Infrastruktur wollen wir nicht mitgehen"

17.07.2014
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

"Hier fließt mein Know-how ein, das will ich geschützt haben"

CW: Ist das im Interesse der Lufthansa, wenn Sie innovative Techniken an den Wettbewerb verkaufen?

Hansen: Wir haben keine Richtlinien, die dagegen sprechen. Es passiert natürlich bei Kunden wie der Lufthansa oder auch bei anderen Airline-Kunden, dass gesagt wird: 'Hier fließt mein Know-how ein, das will ich geschützt haben'. Dann dürfen wir für bestimmte Zeiträume Produkte nicht bei anderen Kunden implementieren.

Auf der anderen Seite muss man ganz nüchtern sagen: Wir sind in einem fragmentierten Markt mit unglaublich viel Wettbewerb unterwegs. Wenn wir's nicht machen, machen es andere. Im Prinzip dürfen wir also unsere Produkte und Dienstleistungen frei anbieten. Das gilt ja zum Beispiel auch für Lufthansa Technik.

CW: Wie stellen Sie sich im Bereich Industry Solutions auf?

Hansen: Wir arbeiten hier im Konzern intensiv mit den nicht fliegenden Gesellschaften wie bspw. Lufthansa Cargo und Lufthansa Technik zusammen. Das werden wir weiter ausbauen. Ansonsten werden wir weiter die gesamte Palette an Professional Services im Markt anbieten. Derzeit machen wir in diesem bereits rund 60 Prozent des Umsatzes außerhalb des Konzerns. Aufgrund unserer Größe begegnen wir unseren Kunden auf Augenhöhe, was geschätzt wird. Ein weiterer Vorteil liegt in den neuen innovativen Produktentwicklungen, die wir zusätzlich anbieten können.

Ein Beispiel ist Velimo, das Schwesterprodukt zu Board Connect - allerdings für Kreuzfahrtschiffe, Busse und Bahnen. Da gibt es einen regelrechten Hype. Wir haben bereits 25.000 Kreuzfahrtkabinen damit ausgestattet und haben Verträge für weitere 17.000. Wir werden in den USA in Kürze über 1000 Greyhound-Busse damit ausrüsten. Und auch die ADAC-Postbusse in Deutschland sind damit unterwegs. Hier wollen wir auch die Hospitality-Branche stärker angehen, Pflegeeinrichtungen, Heime etc.

CW: Dell übernimmt einer Ankündigung zufolge Wartung und Support für das Ticketing- und Reservierungssystem der Lufthansa. Warum macht so etwas nicht Lufthansa Systems?

Hansen: Es handelt sich um ein Amadeus-System, ein komplexes Buchungssystem mit diversen Anwendungen und Funktionen. Die Lufthansa hat das ausgeschrieben und Dell Services hat den Zuschlag erhalten. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass IT-Aufträge nie automatisch bei der Lufthansa Systems landen werden. Wir müssen im Wettbewerb überzeugen. Und wir müssen schauen, wo es aufgrund unserer Prozesskompetenz für den Konzern strategisch Sinn gibt, Aufgaben im Konzern zu halten.

Foto: Lufthansa Systems

BoardConnect und Velimo

Bei BoardConnect handelt es sich um ein Inflight-Entertainment-System, mit dem Fluggesellschaften ihren Passagieren Inhalte auf private Endgeräte streamen können. Die Lösung kommt vor allem auf Kurz- und Mittelstrecken zum Einsatz, wo in der Regel keine Flugzeuge mit vorinstallierten Bildschirmen eingesetzt werden. Kunden laden sich eine App herunter und wählen aus einem Angebot, das Video- und Audio-Inhalte, Spiele, Informationen, Chat-Funktionen und mehr umfassen kann. Für Fluggesellschaften ist die Lösung auch deshalb attraktiv, weil Kunden via E-Commerce zu On-Board-Käufen angeregt werden können. BoardConnect benötigt einen Server und ein WLAN mit nur wenigen Access Points an Bord. In Kürze werden die ersten Airline-Kunden ihren Passagieren über die Plattform auch einen Internetzugang anbieten.

Hinter der Velimo-Plattform verbirgt sich konzeptionell auch BoardConnect, allerdings für andere Transportmittel wie Busse, Bahnen und Kreuzfahrtschiffe.