Die Idee der Integration nicht neu. Schon vor 20 Jahren wurde über Service-Oriented Architecture (SOA) gesprochen. Der große Unterschied zu damals ist, dass man heutzutage mehr als nur Business-Systeme miteinander verbindet. Integriert werden neben Devices, Apps und API-Plattformen (Application Programming Interface) vor allem auch die Menschen. Die Integration wurde also wesentlich vielfältiger und offener, da nicht zuletzt auch die B2B-Kommunikation immer vielfältiger wird.
Warum ist sie aber gerade jetzt so wichtig? Integration ist quasi das fünfte Kind, das im Rahmen der Vernetzung und Digitalisierung nachgekommen ist: Je stärker die Welt vernetzt ist und je mehr technologische Services für neue Geschäftsmodelle gebraucht werden, desto mehr rutscht die Integration in den Fokus, um durch die Vernetzung nicht den Anschluss zu verlieren.
Klarer Trend zum API-Management
Ein weiterer Unterschied zu früher: Die Tools haben sich verändert. Jedes Tool hat heute eine gute API und ist zum großen Teil Cloud-basiert, wodurch sich viel größere und bessere Möglichkeiten bieten. Deshalb ist das API-Management heute auch ein klarer Trend, bei dem die Integrationsmöglichkeiten für die einzelnen Fachbereiche im Vordergrund stehen. Diese sind Nutznießer der Technologie und müssen demnach entsprechend befähigt werden, um sie auch nutzen zu können. Aus diesem Grund übernehmen die Produktmanager der Unternehmen nun eine ganz andere Rolle: Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Services auch als API verfügbar sind.
Der neue Stellenwert von Integrationsplattformen liegt nicht nur darin begründet, dass sie in der Lage sind, die fragmentierte IT-Landschaft eines Unternehmens zusammenzubringen. Neben dem technologischen Aspekt gibt es noch einen weiteren Grund, warum sie an Bedeutung zugenommen haben: Die Unternehmenskultur ändert sich. Viele Unternehmen werden datengetriebener. Dadurch sind nicht nur Datensilos entstanden, die nun verbunden werden müssen, um daraus einen Mehrwert zu generieren. Durch die Nutzung von Daten entstehen auch Abhängigkeiten - von Services, Modellen, Funktionen, Skills, Menschen, Dienstleistern oder Herstellern. Diese Abhängigkeiten mit Microservices aufzulösen, um eine flexible Lösung zu erhalten, ist eine klar erkennbare Tendenz.
- Dietmar Koch, Axway
„Fachabteilungskompetenz ist wichtig, es muss aber auch eine zentrale Kompetenz geben, um Richtlinien festzulegen und die entsprechenden Tools zu beschaffen. Wir alle wissen, dass im Fachbereich zwangsläufig Inseln entstehen, weil jeder ganz schnell ein Tool findet und implementiert. Aber wie schaffen wir es, dass dieses Asset auf Unternehmensebene auch sichtbar wird und somit wiederverwendet werden kann? Das ist die zentrale Rolle, die organisiert werden muss, damit das Tool in der Breite effizient und sicher genutzt werden kann.“ - Sridhar Narini, beON
„Mit Open-Source-basierten Plattformen vermeiden Sie die Bindung an einen bestimmten Anbieter, allerdings auf Kosten der Bindung an eine bestimmte Technologie. Sie werden immer von der Toolchain abhängig sein, die jemand für seine eigenen Integrationszwecke entwickelt hat, oder von der Technologie, auf der Ihre eigenen Integration Services basieren. Diesen Aspekt sollten Sie auf jeden Fall berücksichtigen." - Marius Merkel, IBM
„Beim Thema Digitalisierung habe ich immer den klassischen Spruch im Kopf: Schuster bleib bei deinen Leisten. Warum muss ein produzierendes Unternehmen auf einmal eine Hülle und Fülle von digitalen Services oder neue Geschäftsmodelle selbst entwickeln? Wieso nutzt man nicht durch die Möglichkeiten von Technologien, Schnittstellen und Integration einfach Drittservices? Partnerschaften zu gründen ist wesentlich effektiver als Dinge selbst zu bauen, an denen man sich am Ende die Finger verbrennen kann. Selbst wir als Technologiekonzern verfolgen diesen Ökosystemgedanken.“ - Sven Schlünzen, IKOR
„Dienstleister, die integrativ schnell sind, schieben sich immer mehr in die Geschäftsmodelle anderer Unternehmen. Beispielsweise Lieferando, die Lebensmittel ausliefern oder Modelle mit McDonalds zur Auslieferung gefunden haben. Diese Veränderung des Marktes beginnt gerade, wird aber enorme Dimensionen in der Schnelligkeit annehmen. Unternehmen müssen darauf reagieren und sich verändern. Wenn es keine Antworten auf die Veränderung und auf die Integration gibt, dann werden Unternehmen sterben. Wer also nicht wie Kodak zu einem Liebhaberstück verkommen will, der sollte sich auf den Weg machen.“ - Philipp Ziemer, INFORM DataLab
„Vor fünf bis zehn Jahren ging es häufig nur darum, Daten auf einem Dashboard und irgendwo im System zu haben. Man hat sich keine Gedanken darüber gemacht, dass man diese eventuell an anderer Stelle in Zukunft nochmal brauchen könnte. Heute wird viel besser verstanden, warum Systeme miteinander sprechen müssen. Auch, dass Aufwände immer wieder anfallen, wenn man nicht zentral integriert. Mittlerweile ist auch auf Geschäftsführerebene klar, dass Daten und alles, was damit zu tun hat, für das Unternehmen wichtig sind, um daraus konkrete Mehrwerte zu generieren.“ - Dennis Hauck, Ivanti
„Integration ist sehr anwendergetrieben, jedoch stoßen Fachbereiche früher oder später an ihre technischen Grenzen. Man kann vieles erreichen ohne Einbeziehung der IT-Abteilung, aber ab einem gewissen Punkt sollte man statt die 1-zu-1-APIs im Unternehmen weiterzuverbreiten den Gedanken hin zu einer Datendrehscheibe, die alles verbinden kann, entwickeln. Mit einer zentralen Steuerung welche die Leitplanken festlegt.“ - Simon Sonnenschein, MHP
„Eine Plattform ist heute ja keine zentrale Instanz mehr, die auf einem Server läuft. Statt dessen ist ein und dieselbe Lösung auf unterschiedlichen Instanzen installiert, zum Beispiel in verschiedenen Bereichen oder Werken. Daher ist ein wichtiger Punkt, dass Integrationsplattformen auf beiden Welten leben können. Die hybriden Plattformen werden sich durchsetzen und je besser die Tools das in beiden Welten können, sodass der Bediener gar keinen Unterschied merkt, ob die Plattform nun On-Premises oder in der Cloud läuft, umso besser ist das natürlich.“ - Sven Schindler-Grünholz, ONEiO Cloud
„Aus Business-Sicht müssen die Prozesse klar sein. Ich kann noch so eine gute Plattform haben oder eine noch so toll entwickelte API – wenn man die Prozesse nicht kennt oder diese sich permanent ändern, dann funktioniert das alles nicht. Man möchte meinen, dass das allen Unternehmen klar ist. Erstaunlicherweise ist das aber nicht der Fall. Die Hauptvoraussetzung ist zu wissen, wie man arbeiten möchte.“
Vertikal zur Zentralisierung
Der Integrationsdruck kommt aus den Fachabteilungen, da sie an ihre Grenzen stoßen, wenn es irgendwann mehr als eine 1-zu-1-Verbindung braucht. Dann ist die IT-Abteilung gefragt, das Ganze zu managen. Und das möglichst mit einer Plattform, die es den Fachabteilungen auch einfach macht, selbst ihre Verwaltung durchzuführen.
Damit ein Unternehmen die Integration durchführen und auch nutzen kann, braucht es vor allem eines: Organisation. Gerade in größeren Unternehmen entwickeln Fachbereiche gerne ein Eigenleben und bauen Schatten-IT auf. Viel zu tun für die IT, was die Integration betrifft. Von daher geht der Trend in Bezug auf Organisation klar zur Zentralisierung, um die zunehmenden Schnittstellen und die steigende Komplexität in den Griff zu bekommen.
Eine Art Center of Excellence (CoE) oder Center of Competence (CoC) macht die Vorgaben, definiert die Guidelines, trifft Entscheidungen darüber, welche neue Plattform eingeführt wird, und stellt sicher, dass genügend Personen vorhanden sind, die sie auch bedienen können. Die Qualitätssicherung gehört also in eine zentrale Hand, während die Verantwortung für Integration dezentral bei den verschiedenen Organisationen liegt. Kurzum: Vertikalisierung ist das Schlagwort bei der Integration.
Über die Governance das Integrationsthema zu lösen ist allerdings auch für die Unternehmen ein großer Change, der nicht unterschätzt werden darf. Immer wieder zeigt sich, dass von den drei Dimensionen Menschen/Organisationen, Prozesse/Framework und IT als Teilstück der Gesamtlösung Organisationen und Prozesse am wichtigsten sind.
Die Menschen kommen durch die Integration in neue Rollen. Und diese Veränderung gehört begleitet, denn die Datensilos, die man aufbrechen möchte, müssen organisatorisch, also in den Köpfen, aufgebrochen werden. Dann braucht es Prozesse, die tatsächlich lebbar sind, um die Integration auch technisch abbilden zu können. Für die heutige Technologie ist das kein Problem. Prozesse aber lassen sich nicht mal eben schnell aus dem Ärmel zaubern. Sie müssen klar und an der Unternehmensstrategie ausgerichtet sein.
Integration braucht ein Security-Konzept
Durch die Digitalisierung sind zahlreiche neue Geschäftsmodelle entstanden. Dass sich in diese auch andere Unternehmen einbringen, hat Folgen: Durch den Zugriff von aussen bekommen Themen wie Security eine deutlich höhere Relevanz. Integration muss demnach mit einem Security-Konzept verbunden sein, um den Zugriff und die Verteilung der Daten zu regeln.
Hierfür ist es unerlässlich, dass man zum einen alle Plattformen, Schnittstellen und Gateways, die man hat, auch kennt. Zum anderen ist es Teil des API-Managements, diese auch sichtbar und überwachbar zu machen. Zum Beispiel, indem Informationen über Security-Probleme direkt über die Integrationsplattform in die entsprechenden Warnsysteme fließen.
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Zum Thema Integrationsplattformen führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multi-Client-Studie unter IT-Entscheidern durch. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, helfen Ihnen Regina Hermann (rhermann@idg.de, Telefon: 089 36086 161) und Manuela Rädler (mraedler@idg.de, Telefon: 089 36086 271) gerne weiter. Informationen zur Studie finden Sie auch hier zum Download (PDF). |
Zukunftssicher durch Offenheit und Flexibilität
Bei der Auswahl einer Integrationsplattform muss man einerseits berücksichtigen, dass Versuche auf reiner Open-Source-Basis fast immer an der Skalierung scheitern. Andererseits lässt sich ein Vendor-Lock-in nicht vermeiden, wenn man eine Enterprise-ready-Lösung haben möchte. Doch: Wenn der Vendor zur Unternehmensstrategie passt, dann passt er auch für die nächsten fünf bis zehn Jahre.
Von daher sollte man dies weniger als Lock-in sehen, sondern als Partnerschaft. Zudem besteht auch die Möglichkeit, mehrere Integrationsplattformen zu nutzen: Kommt durch M&As eine weitere Plattformen mit an Bord, empfiehlt es sich, über beide Plattformen hinweg ein einheitliches Management zu etablieren, das die Gesamtsichtbarkeit von allen Schnittstellen und allen APIs entsprechend verwaltet.
Auf jeden Fall muss die Planung auf langfristige Sicht erfolgen. Wie viel kostet die Lösung in fünf Jahren und wie kann man skalieren, wenn man zum Beispiel eine Applikation anbinden möchte? Fragen wie diese müssen im Vorfeld ebenso geklärt werden wie der eigentliche Betrieb der Integrationsplattform. Regulierte Bereiche bevorzugen immer noch On-Premises-Lösungen. Auch Produktionsdaten werden ungern über eine Cloud-Lösung ausgetauscht. Steigen aber die Anforderungen oder ändert sich das Datenvolumen, so lassen sich On-Premises-Lösungen oftmals nicht skalieren. Gegen eine reine SaaS-Lösung sprechen eventuelle Probleme bei der Verfügbarkeit. Von daher setzen viele Unternehmen bereits auf hybride Lösungen.
Ein weiteres Auswahlkriterium ist die Flexibilität: Viele Lösungen wirken etwas starr, da sie alles enthalten, was man eventuell einmal gebrauchen könnte. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass sie auch Module für verschiedene Use Cases und Zwecke bieten. Und last, but not least sollte jede Plattform offen genug sein, um sowohl die verschiedenen Technologien integrieren zu können, als auch individuelle Kriterien berücksichtigen. Unternehmen sind verschieden und auch die Geschäftswelt verändert sich so schnell, dass Offenheit eines der Hauptkriterien sein sollte.
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