In den Unternehmen nimmt Predictive Analytics zunehmend Fahrt auf. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Studie "Predictive Analytics 2018", die CIO und COMPUTERWOCHE gemeinsam mit den Partnern Lufthansa Industry Solutions, Datavard, Jedox und Seven Principles erstellt haben. Dazu wurden 390 Entscheider aus der DACH-Region zu ihren Plänen und Projekten rund um die fortschrittliche Datenanalyse befragt.
- Lars Schwabe (Associate Director bei Lufthansa Industry Solutions
„Die Erfolgsquote von Predictive-Analytics-Projekten ist gestiegen, da die Firmen endlich die notwendigen Vorarbeiten geleistet haben, beispielsweise die Schaffung von modernen Datenarchitekturen. Außerdem sind inzwischen sowohl das Personal fachkundiger und die Tools besser geworden." - Daniel Eiduzzis (Solution Architect Analytics bei Datavard)
„Technisch müssen sich die Unternehmen öffnen und sollten sich nicht sklavisch einem Hersteller verpflichten. Heute geht es vielmehr darum, in Abhängigkeit vom jeweiligen Use Case das ideale Instrument zu identifizieren, mit dem die Fragestellungen bestmöglich bedient werden. Daher kann ein Best-of-Breed Ansatz hier sinnvoll sein.“ - Jan Henrik Fischer (Bereichsleiter Business Intelligence & Big Data bei Seven Principles)
„Mit Methoden der Predictive Analytics und der parallel weiter steigenden Digitalisierung werden wir Prozesse besser verstehen. Dies wird ausnahmslos alle Bereiche eines Unternehmens betreffen. Das größte Potenzial liegt dabei sicherlich in der Optimierung der Kundenprozesse. Durch ein tieferes Verständnis für seine Bedürfnisse werden wir in der Lage sein, den Kunden effizienter und besser zu bedienen sowie seine Loyalität zu steigern.“ - Vladislav Malicevic (Vice President Development & Support bei Jedox)
„Viele Unternehmen experimentieren bereits seit längerem mit Predictive Analytics. Bislang mangelte es oft an konkreten Anwendungsfällen mit einem klaren Mehrwert, dem sogenannten Business Case. Aber die nächste Phase im Technologie-Lebenszyklus hat bereits begonnen, und Firmen führen nicht mehr nur rein innovationsgetriebene Experimente durch. Sie verknüpfen Predictive-Analytics- und KI-Projekte zunehmend mit einem bereits im Vorfeld klar definierten Mehrwert für bestimmte Fachbereiche oder Geschäftsprozesse, inklusive der erwarteten Ergebnisse und den möglichen Auswirkungen auf bisherige Prozesse.“
Ein erster Bericht zu den Ergebnissen der Studie befasste sich mit dem Status quo in deutschen Firmen. In diesem zweiten Teil stehen die Chancen sowie die technischen und organisatorischen Herausforderungen von Predictive Analytics im Vordergrund.
Optimieren von betrieblichen Prozessen
Welche Ziele verfolgen die Firmen mit ihren Analytics-Aktivitäten? Die befragten Firmen haben mit Predictive Analytics vielfältige Ziele im Blick. Daher sind die Antworten auch breit gestreut. Primäre Antreiber sind die Optimierung betrieblicher Prozesse und eine bessere Datenbasis für strategische Entscheidungen.
Knapp ein Drittel der Firmen (32 Prozent) will mit Hilfe von Analytics seine betrieblichen Prozesse optimieren. Bei den großen Unternehmen sind es sogar 40 Prozent. Zum Stichwort "Effizienz" gehören ferner Punkte wie die Verbesserung der Qualität bestehender Produkte und Dienstleistungen (27 Prozent), ein höherer Umsatz (26 Prozent), eine bessere Kosteneffizienz (23 Prozent) sowie die Optimierung der Lieferkette (15 Prozent).
Daten lösen das Bauchgefühl ab
29 Prozent der Firmen erhoffen sich durch Analytics darüber hinaus eine bessere Datenbasis für strategische Entscheidungen. Die Mehrheit der Befragten geht deshalb auch davon aus, dass das Management künftig am meisten von der fortgeschrittenen Datenanalyse profitieren wird. Das bestätigt Lars Schwabe, Associate Director bei Lufthansa Industry Solutions: "Der eigentliche Nutzen von Predictive Analytics liegt darin, dass Entscheidungen datenbasiert und nicht mehr aus dem Bauch getroffen werden. Weitere Ausbaustufen automatisieren die Entscheidungsfindung, so dass Maschinen die Entscheider unterstützen oder gar komplett autonom Entscheidungen treffen, zum Beispiel für den Kauf- oder Verkauf von Gütern."
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Großes Potenzial für Predictive Analytics sehen die Betriebe zudem in der IT-Abteilung, dem Vertrieb (32 Prozent) und dem Bereich Finanzen / Steuer / Controlling. Diese Fachbereiche werden demnach künftig verstärkt von Vorhersagemodellen profitieren. Den geringsten Nutzen erwarten die Firmen für die Personalabteilung sowie für Forschung und Entwicklung. Weitere wichtige Antreiber für Predictive Analytics sind eine höhere Kundenzufriedenheit oder auch die Entwicklung neuer Produkte oder Geschäftsmodelle.
Auch Daniel Eiduzzis, Solution Architect Analytics bei Datavard sieht viele Chancen für Firmen: "Das Feld von Predictive Analytics ist sehr breit gefächert. Unternehmen können in ihrem angestammten Business bestehende Prozesse durch Automatismen optimieren und gleichzeitig durch verbesserte Vorhersage-Modelle die Qualität der Produkte steigern. Predictive Analytics bietet aber auch die Chance sich komplett neue Geschäftsfelder zu erschließen. Vor 15 Jahren war beispielsweise das autonome Fahren noch für manche Science Fiction. Heute stehen wir an der Schwelle, dass wir unmittelbar vor der Marktreife stehen."
Herausforderungen: Komplexität und fehlende Skills
Doch bevor Predictive-Analytics-Projekte erfolgreich verlaufen und entsprechenden Nutzen bringen, müssen Firmen eine Reihe von Hürden überwinden. Als größte Herausforderung nannte ein gutes Viertel der Befragten (26 Prozent) fehlende Ressourcen im Fachbereich beziehungsweise der IT-Abteilung. Knapp ein weiteres Viertel der Firmen sieht Hemmnisse durch die Komplexität der Analytics-Lösungen, fehlende analytische Skills im Unternehmen oder die mangelnde Datenqualität. Mit dem hohen Aufwand für die Implementierung von Analytics-Lösungen sowie für die Schulung und Weiterbildung der Mitarbeiter (jeweils 19 Prozent) folgen zwei weitere Punkte, die für die Komplexität der Projekte stehen.
Studiensteckbrief Herausgeber: COMPUTERWOCHE, CIO, TecChannel und ChannelPartner Studienpartner Gold-Partner: Lufthansa Industry Solutions GmbH & Co. KG Silber-Partner: Datavard AG Bronze-Partner: Jedox AG, SEVEN PRINCIPLES AG Grundgesamtheit: Oberste (IT-) Verantwortliche von Unternehmen in der D-A-CH-Region: strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und den Fachbereichen (LoBs), IT-Entscheider & IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich. Teilnehmergenerierung: Stichprobenziehung in der IT-Entscheider-Datenbank von IDG Business Media. Persönliche E-Mail-Einladungen zur Umfrage. Gesamtstichprobe: 390 abgeschlossene und qualifizierte Interviews. Untersuchungszeitraum: 15. März bis 2. April 2018 Methode: Online-Umfrage (CAWI) Fragebogenentwicklung: IDG Research Services in Abstimmung mit den Studienpartnern. Durchführung: IDG Research Services |
Die technischen Probleme mit Analytics-Lösungen sind vielschichtig und gleichmäßig verteilt. Am häufigsten nennen Firmen fehlende Funktionen und Fehler im Datenmanagement. Knapp dahinter rangieren mit jeweils 23 Prozent eine unzureichende Skalierbarkeit der Systeme sowie die mangelnde Flexibilität der Analytics-Lösungen und Tools. Ein Fünftel der Betriebe beklagt nicht intuitive Benutzeroberflächen, den fehlenden Zugriff auf Datenquellen und lange Antwortzeiten der Analytics-Lösung.
Weitere wichtige Hemmnisse betreffen den Bereich Datenschutz & Datensicherheit (18 Prozent), die unzureichende Verfügbarkeit von historischen oder externen Daten sowie eine nicht funktionierende Datenintegration (jeweils 16 Prozent). "Wir sehen insbesondere das Thema der Datenauswahl und -Aufbereitung als kritischen Erfolgsfaktor", sagt Vladislav Mali?evi?, Vice President Development & Support bei Jedox. "Will man KI-Technologien einsetzen, benötigen lernende Algorithmen und Modelle nicht nur eine ausreichend große Datenmengen, sondern müssen auch die Art und Format der Daten verstehen. Das bedeutet sämtliche neuen Daten aus internen und externen Quellen müssen auch wieder so aufbereitet werden wie die Trainingsdaten, und das in Echtzeit. Nur so können damit zuverlässige Aussagen getätigt werden."
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Laut Jan-Henrik Fischer, Bereichsleiter Business Intelligence & Big Data bei Seven Principles, müssen Firmen ihre Predictive-Analytics-Strategie grundsätzlich auf den Prüfstand stellen: "Viele Projekte wirken wie Stückwerk. Den meisten Unternehmen fehlt ein Masterplan, wie die zunehmende Analytik im Unternehmen eingebettet werden muss. Wo sind die wichtigsten Handlungsfelder? Welche Technologien sind dafür nötig? Welche Investments müssen getätigt werden? Es wird Zeit sich über die konsequente Wandlung zu einem 'Data-driven' Unternehmen Gedanken zu machen. Hierzu gehören eine Strategie, ein Governance-Rahmen sowie die richtige organisatorische Verankerung analytischer Verbesserungsprozesse."
Hoher Grad der Automatisierung
Trotz der genannten Herausforderungen und Probleme haben erstaunlich viele Unternehmen die IT-Prozesse für Predictive Analytics bereits operationalisiert beziehungsweise automatisiert. In nur elf Prozent der Firmen gibt es keine Automatisierung, sondern die Tools werden ad hoc genutzt. In 35 Prozent der Betriebe sind alle Berichte auch untertägig aktuell, und die Mitarbeiter können sie über ein Frontend lesen. Ein Fünftel der Unternehmen hat die Integration der Daten aus mehreren Datenquellen in einer Zieldatenbank (Extract Transform Load, ETL) automatisiert. Vorreiter sind hier wenig überraschend die großen Unternehmen (32 Prozent). Die Königsdisziplin Self-Service Predictive Analytics auf der jeweils aktuellen Datenlage haben bereits neun Prozent der Firmen umgesetzt. Das behauptet vor allem das C-Level-Management (23 Prozent).
Wer gibt in den Firmen beim Thema Analytics den Ton an? In 36 Prozent der Firmen ist der IT-Leiter mit seiner Abteilung für die Analytics-Initiativen zuständig. Zählt man noch die Ergebnisse für den CIO oder IT-Vorstand (28 Prozent) hinzu, kommt man auf 64 Prozent. Das heißt in fast zwei Drittel der Firmen ist Analytics ein IT-Thema. In 28 Prozent der Unternehmen treibt die Geschäftsführung Analytics-Vorhaben voran. Auffallend ist hier mit 45 Prozent der hohe Wert bei den kleinen Unternehmen. Aber auch die Leiter eines Fachbereichs wie Marketing, Vertrieb oder Kundenservice (17 Prozent), der CTO / Technik-Vorstand (14 Prozent) oder der CDO (Chief Digital Officer) mit elf Prozent übernehmen Analytics-Verantwortung.
Mitarbeiter brauchen Datenkompetenz
Predictive Analytics stellt insbesondere an die Mitarbeiter hohe Anforderungen. 42 Prozent der Unternehmen erwarten von ihren Angestellten, dass diese sicher mit Daten umgehen können, wenn sie sich mit Aufgaben rund um Predictive Analytics befassen. Sie müssen sich sowohl mit der Datenaufbereitung auskennen als auch den fachlichen Background von Daten verstehen, damit sie aus den Analyseergebnissen einen Mehrwert ableiten können. An zweiter Stelle der notwendigen Skills für fortgeschrittene Analysen steht Wissen über spezifische Geschäftsprozesse, gefolgt von Kommunikationsfähigkeit.
Gefragt ist auch die Moderation zwischen den Fachbereichen und der IT-Abteilung (30 Prozent), da Predictive Analytics eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen im Unternehmen erfordert. Weitere wichtige Fähigkeiten, die Mitarbeiter beherrschen sollten, sind statistisches, mathematisches Verständnis (30 Prozent), Marktkenntnisse (27 Prozent), Tool-Know-how und Kreativität mit jeweils 25 Prozent. Interessant: Erst am Ende der Skill-Skala tauchen Programmierkenntnisse auf.
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