Langlaufende Projekte in Kurzläufer zerlegen
In einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftslandschaft ist es enorm wichtig, auf Veränderungen flexibel reagieren und sich rasch in eine neue Richtung bewegen zu können. Diese Art von Flexibilität kann zum Beispiel durch die Verwendung von agilen Verfahren erreicht werden, die es Teams ermöglichen, ihre Arbeit in einer iterativen Weise zu erledigen. Am Ende eines jeden Sprints, der oft wenige Wochen dauert, oder Iteration steht ein Ergebnis in Form eines Inkrements, das eigenständig für sich einen Business-Nutzen liefert. Auf Neudeutsch heißt das dann Minimum Viable Product, also ein Produkt mit minimaler Funktionalität, das dem Geschäft dennoch einen Nutzen bietet.
- 1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen. - 2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia. - 3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv. - 4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt. - 5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet. - 6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann. - 7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht. - 8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software. - 9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist. - 10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat. - 11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3. - 12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen. - 13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren. - 14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes. - 15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden. - 15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.
Anstatt also in mehrjährige Projekte zu investieren und dafür das Budget fest zuzuteilen, gilt es die "Supertanker" in kleinere Liefereinheiten aufzubrechen. Der Effekt ist, dass die Risiken von Fehlentwicklungen aufgrund der kürzeren Zeitspanne deutlich reduziert werden. Weiterhin lassen sich Planungen und Vorhersagen für die nächsten Wochen und Monate mit einer höheren Präzision anstellen als für die nächsten Jahre. Wer kann schon absehen, was zwischenzeitlich auf Märkten passiert oder welche Produkte Wettbewerber auf den Markt bringen werden?
Jetzt werden manche sagen, dass ein Zerschneiden oft unmöglich ist. Fakt ist, dass es sicher nicht in 100 Prozent der Fälle geht. Doch wenn 90 Prozent funktionieren, dann ist oft schon ein großer Fortschritt erreicht. Denn die Erfahrung lehrt, dass der Bau von Supertankern weder zeit- noch kostentechnisch gut beherrschbar ist. Wer kennt nicht das Beispiel des Berliner Flughafens? Das alte Prinzip "Teile und herrsche" findet auch in der digitalen Transformation seine Entsprechung.
Work in Progress reduzieren
Oft ist es viel einfacher, ein neues Projekt zu beginnen, als ein laufendes abzuschließen oder sogar eines zu unterbrechen. Der Start eines neuen Projekts zeigt schließlich schon einmal Initiative, insbesondere auf Management-Ebene. "Wir haben ja schon mal damit angefangen" - damit können nervöse Fachbereichsverantwortlich erst einmal beruhigt werden, wenn es mal wieder nicht schnell genug gehen kann. So beginnt ein Teufelskreis, der in einer Art "Verstopfung" des Portfolios endet. Der parallele Beginn vieler Projekte und gegebenenfalls noch die Verteilung der gleichen Ressourcen auf mehrere Projekte sorgen dafür, dass aufgrund von Multitasking und Kontext-Switching für lange Zeit kein Ergebnis (Outcome) mehr erzielt wird. Das System beschäftigt sich quasi mit sich selbst.
Eine der besten Möglichkeiten, um die Arbeit im Gang zu halten und die Lieferung der Ergebnisse zu beschleunigen, besteht deshalb darin, ein funktionsübergreifendes Team auf ein einziges Outcome zu fokussieren und es ohne Ablenkung daran arbeiten zu lassen. Sobald dieses Team seinen Outcome erzielt hat, nimmt es sich entlang der Priorität das nächste vor. Das entspricht im Kern der Kanban-Philosophie.
Die Konzentration der Arbeit auf ein Team macht klar, dass ein Portfolio an der Lieferkapazität ausgerichtet werden muss. Die Engpässe entscheiden dann den Durchsatz. Wenn zehn Teams verfügbar sind, können nur zehn Projekte parallel abgearbeitet werden. Wenn die zehn Teams 50 Projekte bearbeiten, verändern sich die erforderliche Zeit und das Budget nicht linear, sondern exponentiell. Deshalb gilt: Wenn ein Unternehmen ein anderes Vorhaben starten will, müssen die Verantwortlichen warten, bis ein Team ein Projekt beendet hat, oder ein Projekt stoppen. Viele Betriebe haben aber noch nie ein Projekt unterbrochen - insofern ist das eine ganz neue Erfahrung.
Ein darauf ausgerichtetes Portfolio-Management-Verfahren ermöglicht es, sich schnell an Veränderungen anzupassen und durch regelmäßige (Re-)Priorisierung dynamisch zu reagieren. Diese Arbeitsweise ist weitaus flexibler und effizienter als die Aufrechterhaltung einer hochkomplexen, geplanten Folge von Projekten.
Diskussion von Portfoliopriorisierung auf Staffing verlagern
Viele Unternehmen setzen viel Zeit und Energie ein, um ihr Priorisierungsverfahren zu optimieren. Sie verkennen dabei, dass der Zweck nur darin besteht, eine Reihenfolge zwischen Veränderungsvorhaben herzustellen. Sicher gelingt dies anhand von nachvollziehbaren Kriterien in transparenterer Weise besser, als wenn ein Gremium über die Reihenfolge befindet. Am Ende bleibt es jedoch eine Reihenfolge, die von oben nach unten entsprechend der verfügbaren Ressourcen abgearbeitet wird. Meist wird dann doch festgestellt, dass alles in der einen oder anderen Form angegangen werden muss. Anstatt sich also weiter auf die Priorisierung zu stürzen, ist die Optimierung des Ressourcenmanagements und des Staffings sinnvoller.
Der Anspruch im veränderten Portfoliomanagement besteht in einer 100-prozentigen Bereitstellung von Teams. Um parallel den Anspruch einer hohen Geschwindigkeit zu bedienen, müssen auch Teams vorgehalten werden können. Dies hat den Verzicht auf eine 100-prozentige Auslastung zur Konsequenz. Zusätzlich sollte der Pool, aus dem gestafft, wird möglichst groß sein und zentral gesteuert werden, damit man die Auslastung im Auge hat und gegebenenfalls im Zusammenspiel mit der Portfolioplanung neue Projekte anschieben kann. Heißt im Klartext, dass es neben der Rolle des Portfoliomanagers auch den guten alten Einsatzplaner im Sinne von Ressourcenmanager oder Staffing-Manager geben muss. Eine Aufgabe, die heute überwiegend von Führungskräften im mittleren Management wahrgenommen wird. Dies schreit danach, dass die hierfür erforderlichen Governance-Regelungen aufgesetzt oder angepasst werden müssen.
Konsequenzen
Viele Unternehmen besitzen bereits ein Portfoliomanagement zur Planung und Steuerung von Veränderungsvorhaben. Wenn Ihre Organisation jedoch zu geringe oder zu langsame Ergebnisse in der digitalen Transformation generiert, ist die Zeit des Nachdenkens über Veränderungen im Portfoliomanagement reif. Auch hier steckt die Herausforderung nicht in der Konzeption, sondern vielmehr in der Umsetzung der Prinzipien ins Handeln und ins tägliche Doing. Dies erfordert per se eine Veränderung in Governance, Strukturen, Prozessen und Tools und sollte im Sinne "Walk what you talk" den geschilderten Prinzipien genügen.
Die Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmen eine Anpassung des Portfoliomanagements von innen heraus nicht leisten können und externe Unterstützung diesen Veränderungsprozess signifikant beschleunigen kann. Im Zuge der Digitalisierung ist eine solche Investition oft mehr als gerechtfertigt, denn es geht um das gelebte Business/IT-Alignment. Aus Business-Sicht wird die Frage beantwortet, ob in die richtigen Dinge investiert wird. Aus IT-Sicht wird die Frage adressiert, ob operativ die richtigen Lösungen gebaut werden. Die Beantwortung dieser beiden wesentlichen Fragen rechtfertigt die Investition in ein agileres Portfoliomanagement. (pg)