TK-Anlage aus dem Netz soll ISDN-Anlagen ersetzen

Cloud-Partnerschaft zwischen Telekom und NFON

03.03.2016
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Bis Ende 2018 will die Telekom ISDN abschalten. Danach will sie ihr Netz nach dem Motto All IP betreiben. Die alten ISDN-TK-Anlagen will die Telekom hierzu durch TK-Anlagen aus der Cloud von NFON ersetzen.
Dirk Backofen, Leiter Marketing Geschäftskunden der Telekom Deutschland GmbH, und Jürgen Städing, CPO bei NFON, verkünden ihre Partnerschaft.
Dirk Backofen, Leiter Marketing Geschäftskunden der Telekom Deutschland GmbH, und Jürgen Städing, CPO bei NFON, verkünden ihre Partnerschaft.
Foto: Nikolaus Schäffler

Die Telekom Produktfamilie DeutschlandLAN erhält Zuwachs. Mit DeutschlandLAN NFON ist nun eine TK-Anlage aus dem Netz erhältlich, die über das Telekom Cloud Portal gebucht werden kann. Die Cloud-Lösung, für die pro Monat und Nutzer 5,95 Euro (netto) berechnet werden, basiert auf dem Angebot der Münchner NFON AG. Beide Unternehmen propagieren ihre Zusammenarbeit als eine "Partnerschaft der Marktführer", wobei dies die Telekom nach ihrem Verständnis im Netzbereich ist und NFON sieht sich als europäischer Marktführer bei den Cloud-PBXs.

Intern fehlte die Agilität

Mit dem Cloud-Telefonie-Angebot will die Telekom zudem ihre Rolle als Partner für die Digitalisierung im Mittelstand unterstreichen und eine Lösung für die Megatrends der Digitalisierung liefern. Dabei hat Dirk Backofen, Leiter Marketing Geschäftskunden der Telekom Deutschland GmbH, vier Trends ausgemacht: "All is Mobile, all is Cloud, all is IP. all is Secure". Die Frage, warum die Telekom als ehemaliger Telefonmonopolist einen Partner bei der Cloud-Telefonie braucht, beantwortet sich schnell, wenn man eines der laut Backofen Grundprinzipien der Digitalisierung betrachtet: "Die Schnellen fressen die Langsamen und nicht die Großen die Kleinen". Der Telekom hätte, wie es Backofen diplomatisch formuliert, "intern die Agilität gefehlt". Entsprechend stolz sind die beiden Partner, dass sie den "time to market" innerhalb von sechs Monaten bewältigten.

Made in Germany

Dabei wird die Cloud-Lösung in den beiden Rechenzentren von NFON in Nürnberg und München gehostet. "Beide RZs wurden von der Telekom zertifiziert", so Jürgen Städing, Chief Product Officer bei NFON. Die Münchner übernehmen auch Provisioning, Deployment und Service für die Cloud-Telefonie, so dass ein Benutzer nur noch ein IP-Telefon an den IP-Anschluss anschließen müsse und dann telefonieren können. "Alles ist Plug and Play und folgt dem Clickt-to-Service-Prinzip", verspricht Backofen. Die Telefonanlage aus dem Netz verfügt über alle Funktionalitäten einer physischen on-premise-Version. Alle zusätzlichen Funktionen wie Anruf-Management, Voicemail oder Anruf-Routing können die User über eine web-basierte Benutzeroberfläche selbst einstellen. Zudem können die Nutzer die Anlagen-Features an bis zu drei Endgeräten wie etwa Smart-, Soft- und Smartphone nutzen.

Cloud-Telefonie als Turnkey-Produkt

Mit der Cloud-Telefonie adressiert die Telekom Mittelständler.
Mit der Cloud-Telefonie adressiert die Telekom Mittelständler.
Foto: Nikolaus Schäffler

Backofen sieht in der Cloud-Lösung ein Turnkey-Produkt für den Massenmarkt, dass die Telekom bei der IP-Migration ihrer Kunden unterstützen soll. So kann der Carrier ein günstiges Produkt als Ersatz für die alten nicht IP-fähigen ISDN-TK-Anlagen der Kunden offerieren, ohne dass die Anwender einen Invest tätigen müssen. Mit der Cloud-Telefonie adressieren die Bonner primär ihre Kundensegmente V3 und V4, also kleine und mittelständische Unternehmen. Um die Cloud-Telefonie nutzen zu können, benötigen die Anwender einen DeutschlandLAN-Anschluss in Verbindung mit der Telekom Digitalisierungsbox, die von bintec/elmeg in Nürnberg produziert wird. Großkunden der Telekom-Kategorie V1 und V2 müssen sich in Sachen Cloud-Telefonie noch gedulden, da der Carrier bislang noch kein SIP-Trunk-Angebot - was in etwa dem klassischen Anlagenanschluss entspricht - im Portfolio hat.

Offene Fragen zum Business-Modell

Nähere Angaben dazu, welches Business-Modell (Gain-Sharing, Revenue-Sharing, etc.) hinter der Kooperation steckt, machten die beiden Partner nicht. Sie sprachen lediglich von einer win-win-Partnerschaft für beide Seiten. Zudem ist die Zusammenarbeit ist es keine exklusive Partnerschaft. So will die Telekom außerhalb Deutschlands, in ihrem paneuropäischen Netz PAN, das Thema IP-Telefonie tiefer direkt im Access Point integrieren, "aber in Deutschland brauchten wir eine schnelle Lösung", erklärt Backofen.