Strategiewechsel

CIO Hilzinger löst bei Knorr die Bremse

23.02.2022
Von 
Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs "CIO des Jahres". Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Dabei setze man insbesondere auf Cloud-native-Konzepte, statt einfach nur Anwendungen per "Lift and Shift" in die Cloud zu verlagern. Hilzinger: "Deshalb ist es wichtig, dass wir alle Bereiche mitnehmen auf diese Reise." Derzeit arbeitet Knorr-Bremse hauptsächlich mit einem der großen Hyperscaler und nutzt diverse Plattformen und Services aus dessen Cloud. Auf mittlere Sicht will der CIO für bestimmte Bereiche weitere Cloud-Provider ins Boot holen.

Self-Service Analytics und Power BI bei Knorr-Bremse

Im Strategiefeld Data Integration und Analytics geht es vor allem um datengetriebene Geschäftsmodelle. Die IT stellt dafür divisionsübergreifend Backend-Infrastruktur und entsprechende Tools zur Verfügung. Ein Beispiel ist das Angebot für Condition-Based Maintenance (CBM) im Bereich Schienenfahrzeuge. Die IoT-Lösung (Internet of Things) sammelt und interpretiert Betriebsdaten von Zugsystemen wie Bremsen, Türen und Klimaanlagen. Sie sorgt dafür, dass notwendige Wartungsarbeiten, zum Beispiel aufgrund eines zu erwartenden Defekts, frühzeitig erkannt und erledigt werden können. Davon profitieren vor allem die Bahnbetreiber.

Die Data- und Analytics-Initiativen wirken aber auch nach innen, betont der CIO. Mit diversen Tools und Self-Service-Analytics-Angeboten trage die IT dazu bei, dass Mitarbeitende in den Fachabteilungen bessere Entscheidungen treffen können. Zum Portfolio gehört unter anderem Microsofts Analytics-Suite Power BI und SAPs Analytics Cloud, mit denen sich Geschäftsdaten analysieren und visualisieren lassen.

Last, but not least kümmert sich die IT im vierten Strategiefeld um die Konsolidierung und Modernisierung von IT-Anwendungen. "Wir wollen die Komplexität verringern und die Anzahl der Anwendungen reduzieren", sagt Hilzinger. Doch das sei erst der Anfang. Mit Blick auf die geplante S/4HANA-Migration gehe es auch darum, Prozesse unternehmensweit zu harmonisieren und zu standardisieren.

S/4HANA startet im Bereich Treasury

Die Umstellung auf das neue SAP-Kernsystem gehört zu den größten Vorhaben auf Hilzingers To-do-Liste. Er sieht darin ein "Transformationsprogramm für das gesamte operative Geschäft", das schon aufgrund der internationalen Aufstellung des Unternehmens besonders herausfordernd sei. In den zwei Divisionen für Schienen- und Nutzfahrzeuge kommt bis dato jeweils eine zentrale SAP-Instanz mit allen klassischen Modulen etwa für das Accounting, Materialwirtschaft und die komplette Supply Chain zum Einsatz.

Im Zuge der Migration will Hilzinger nicht nur Prozesse harmonisieren, sondern im Sinne eines umfassenden Change-Managements auch neue Prozesse einführen, die die veränderten Anforderungen der Fachbereiche besser abdecken. Am Ende gehe es dabei auch um Kostensenkung, räumt er ein.

Bereits abgeschlossen hat Knorr-Bremse die S/4HANA-Migration im Bereich Treasury (Finanzwesen und Risikomanagement). Das Unternehmen erhoffte sich davon unter anderem eine schlankere Systemlandschaft und mehr Automatisierung. "Wir wollten nicht zu viele Tools einsetzen und Systembrüche vermeiden", erklärt Kai Gloystein, Leiter des Bereichs, die Ausgangslage. Im Liquiditäts-Reporting der über 100 Standorte in mehr als 30 Ländern sei aufgrund der unterschiedlichen Systeme noch vieles per Hand erledigt worden. Um sich einen Überblick zu verschaffen, mussten Mitarbeitende viele einzelne Datensätze durcharbeiten und in Excel manuell aufbereiten. Allein dafür habe es nahezu eine Vollzeitstelle gebraucht.