Experteninterview

Burnout - so beugen Sie vor!

27.07.2016
Wie können Manager verhindern, dass sie oder ihre Mitarbeiter einen Burnout erleiden? Michael Schwartz, Führungskräfte Trainer aus Stuttgart, gibt Tipps zum Erkennen und Vorbeugen.

Warum erleiden Menschen einen Burnout?
Schwartz: Die Ursachen, warum immer mehr Menschen in einen Zustand emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit geraten, sind vielfältig. Eine ist die moderne Arbeitswelt. Sie ist heute viel stärker als früher von Veränderung und Unvorhersehbarkeit geprägt. Das kann ein Gefühl von Ohnmacht auslösen. Daneben gibt es gesellschaftliche Gründe.

Michael Schwartz leitet das Institut für integrale Lebens- und Arbeitspraxis (www.ilea-institut.de), Esslingen bei Stuttgart.
Michael Schwartz leitet das Institut für integrale Lebens- und Arbeitspraxis (www.ilea-institut.de), Esslingen bei Stuttgart.
Foto: ilea

Welche?
Schwartz: Zum Beispiel die steigende Zahl von Kleinstfamilien und Singlehaushalten. Vielen Menschen fehlen heute private Unterstützer, die sie in Stress-Situationen entlasten.

Sind Führungskräfte stärker als "normale" Mitarbeiter von einem Burnout bedroht?
Schwartz: Ja und nein. Die meisten Führungskräfte arbeiten in einer Sandwich-Position, in der sie von vielen Seiten mit Erwartungen konfrontiert werden. Das erhöht ihren Arbeitsdruck. Außerdem haben sie meist mehr und komplexere Aufgaben als Fachkräfte.

Zugleich haben jedoch fast alle Frauen und Männer in gehobenen Führungspositionen im Verlauf ihrer beruflichen Biografie für sich Strategien entwickelt, um mit Stress konstruktiv umzugehen. Sie denken bei Misserfolgen zum Beispiel: Okay, es hat nicht geklappt, doch ich habe mein Bestes gegeben. Der Misserfolg nagt nicht an ihrem Selbstwertgefühl. Sie behalten eine positive innere Einstellung. Das beugt dem Gefühl einer Überforderung vor.

Wie können Berufstätige einem Burnout vorbeugen?
Schwartz: Sie sollten darauf achten, dass sie sich nicht wie ein Hamster im Laufrad drehen und sich bei ihnen das Gefühl verdichtet: Egal, wie sehr ich mich anstrenge, ich schaffe es nicht. Es ist wichtig, immer mal wieder den Fuß vom Gas zu nehmen und zu reflektieren: Wie bin ich unterwegs? Hetze ich nur noch durchs Leben? Was will ich eigentlich? Wichtig ist es zudem, sich körperlich fit zu halten. Und man sollte natürlich, wenn eine Überforderung droht, frühzeitig aktiv werden und an der Situation arbeiten. Hierbei kann ein Coaching helfen.

Was sind die Symptome für ein Burnout?
Schwartz: Betroffen sind meist
Menschen, die sich überdurchschnittlich stark mit ihren Aufgaben identifizieren und diese sehr gewissenhaft erfüllen möchten. Sie haben irgendwann das Gefühl: Alles wird mir zu viel. Ein erstes Warnzeichen ist es, wenn Personen pausenlos arbeiten und dabei einen zunehmend gehetzten und frustrierten Eindruck machen. Ebenfalls ein Warnsignal ist es, wenn Personen sich sozial isolieren. Auch wenn Mitarbeiter zunehmend über Erschöpfung, mangelnde Konzentrationsfähigkeit und Angstzustände klagen oder verstärkt zu solchen 'Helfern' wie Alkohol und Tabletten greifen, ist das ein klares Alarmsignal.

"Auf die Warnsignale achten", räft Führungskräfte-Trainer Michael Schwartz.
"Auf die Warnsignale achten", räft Führungskräfte-Trainer Michael Schwartz.
Foto: ilea

Wie sollten Führungskräfte ihre Mitarbeiter führen, damit sie nicht ausbrennen?
Schwartz: Führungskräfte sollten fordern, aber nicht überfordern. Wann sich ein Mitarbeiter überfordert fühlt, hängt allerdings von vielen Faktoren ab - zum Beispiel seinem Können, seiner Erfahrung, seiner körperlichen Konstitution, seinem Selbstbewusstsein und dem Gefühl, respektiert zu sein. Deshalb sollten sich Führungskräfte bewusst Zeit für ihre Mitarbeiter nehmen. Zeit, um ihnen zu erklären, warum ihre Aufgaben wichtig sind, Zeit, um ihnen die nötige Unterstützung zu gewähren, Zeit, um zu erkennen, wann ein Mitarbeiter überfordert ist - sei es aus beruflichen oder privaten Gründen. Am Arbeitsplatz sollte zudem kein Klima der Angst bestehen, in dem die Mitarbeiter stets befürchten müssen: Wenn ich die Erwartungen nicht erfülle, stehe ich auf der Abschussliste.


Was sollte eine Führungskraft tun, wenn ein Mitarbeiter trotzdem Anzeichen eines drohenden Burnouts zeigt?
Schwartz: Das Gespräch suchen, um zu klären: Ist der Mitarbeiter zurzeit überfordert? Benötigt er eine Unterstützung oder Entlastung? Befindet sich ein Mitarbeiter aufgrund eines Burnouts zum Beispiel bereits in einem Zustand der Apathie und Depression, dann sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden, denn Führungskräfte sind keine Therapeuten. Deshalb sollte sich ihr Hauptaugenmerk auf die Burnout-Prävention richten.

Wie sollten sich Führungskräfte verhalten, wenn sie selbst betroffen sind?
Schwartz: Auch Führungskräfte sind Menschen und keine Maschinen. Deshalb sollten sie sich ab und zu eine Auszeit gönnen und sich fragen: Gibt es in meinem Leben erste Warnsignale, die auf einen Burnout hindeuten beziehungsweise dafür, dass ich in eine Sinnkrise gerate? Denn haben sie in der Regel noch die Kraft, die Weichen in ihrem Leben bei Bedarf teilweise neu zu stellen.