Der Einsatz von Algorithmen und künstlicher Intelligenz (KI) sowie die optimale Nutzung von Daten versprechen große Potenziale für Wirtschaft und Gesellschaft. Gleichzeitig stellen sich aber zahlreiche ethische und rechtliche Fragen, konstatiert der eco - Verband der Internetwirtschaft. "Wir nehmen diese Fragestellungen sehr ernst", sagte dessen Sprecher Oliver Süme in Berlin. Man sei allerdings der Auffassung, dass ethische Normen, Handlungsleitlinien und auch rechtliche Rahmenbedingungen für Entwicklung und Einsatz digitaler Technologien nicht einfach von staatlicher Seite festgelegt werden sollten. Vielmehr müsse es einen Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft geben. Deutschland brauche einen diskursiven Ansatz zu Fragen digitaler Ethik.
Süme verwies darauf, dass Unternehmen bereits heute Verantwortung übernähmen, unabhängig von staatlichen Vorschriften. Bestes Beispiel dafür sei die Internet-Beschwerdestelle. Gemeinsam mit Internet-Unternehmen und in einem weltweiten Verbund setze sie sich für eine rasche Löschung rechtswidriger Inhalte wie beispielsweise Kinderpornografie oder Hassreden ein und sei damit ein verlässlicher Partner für staatliche Strafverfolgungsbehörden. Eine Neuordnung des Rechtssystems, um eine digitale Ethik festzuzurren, sieht der eco-Chef skeptisch: "Das Internet ist schon heute kein rechtsfreier Raum, obwohl Kritiker dies immer wieder gerne verkünden." Gerade in Europa gebe es einen engmaschigen Rechtsrahmen für das Internet: "Wir brauchen keine Flut neuer rechtlicher Rahmenbedingungen und Regulierungen, sondern müssen zunächst unsere bestehende Rechtskultur auf die neuen Technologien anwenden und gegebenenfalls anpassen."
Auch der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) sieht Bedarf für digitale Leitplanken – vor allem beim Einsatz von KI. Der Verband hat dafür acht Leitlinien präsentiert. Die Digitalbranche werde sich dafür einsetzen, unter Einbeziehung von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik einen Austausch zu initiieren. Dabei gehe es vor allem darum, ethische Grundsatzfragen zu klären. Dies sei eine zwingende Voraussetzung für den Durchbruch der KI-Technik. BVDW-Vizepräsident Marco Zingler erklärte: "Hierfür braucht es Vertrauen, was die Branche nur durch Transparenz und kontinuierliche Aufklärung schaffen kann."
Mehr Netzwerke, weniger Zusammenhalt
Der Aspekt Vertrauen spielt auch für Bill McDermott eine zentrale Rolle. "Ohne Vertrauen können wir nichts bewegen", sagte der SAP-CEO kürzlich auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. "Die meisten Menschen wollen sich darauf verlassen können, dass die Institutionen, mit denen sie täglich zu tun haben – Unternehmen, Behörden und gemeinnützige Organisationen – sich um diese großen Probleme kümmern." Doch dieses Vertrauen ist aus Sicht von McDermott erschüttert. Das könne verheerende Auswirkungen haben. Obwohl die Welt immer stärker vernetzt sei, zersplitterten die Gesellschaften mehr denn je.
Pro und Contra Verhaltenskodex: Künstliche Intelligenz - auch eine Frage der Ethik
Dass der Staat bei der Lösung der Probleme mitreden will, daran ließ Bundesjustizministerin Katarina Barley keinen Zweifel. Die "digitale Wildnis" könne nur legislativ geordnet werden, wenn man über ethische Maßstäbe diskutiere. "Gerade im Bereich Algorithmen und künstliche Intelligenz wollen wir genauer wissen, welche Weichen wir hier stellen müssen", sagte sie. "Ohne verbindliche Regeln geht es nicht."
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