Für Anbieter von Low-Code-Plattformen und Business-Software ist die momentane Begeisterung über Low-Code/No-Code erst der Anfang. Die größte Hoffnung liegt darin, damit in Zukunft dem Fachkräftemangel gegensteuern zu können. Gerade wenn sich Entwicklergenerationen abwechseln, werden Low-Code-Anwendungen interessant. Noch sind nämlich die Programmierer im Haus, die vor Jahren die Software geschrieben haben, die viele Unternehmen heute noch antreibt.
Scheiden diese Entwickler aus den Betrieben aus, verschwindet damit meist auch das Know-how. Um das zu verhindern, kann sich der Fachbereich den Umgang mit Low-Code aneignen und die geschäftskritischen Anwendungen am Leben erhalten. Der Bedarf, den Kreis der Entwickler außerhalb der IT zu erweitern, ist derzeit extrem hoch, da die vielerorts die benötigten Ressourcen einfach nicht da sind.
Low-Code/No-Code - der Turbo für die Anwendungsentwicklung
Dass Low-Code/No-Code weniger ein Hype, sondern vielmehr der logische Weg ist, um die Applikationsentwicklung zu beschleunigen, wird deutlich, wenn man bedenkt, wie in der Vergangenheit programmiert wurde. Die Prozesse in den alten Strukturen waren immer sehr langsam. Viele Runden wurden gedreht, bis Dinge von der IT-Abteilung freigegeben, von der Beraterabteilung geprüft, vom Kunden verworfen und wieder neu spezifiziert waren. Ein Projekt nach klassischer Methode hat meist viel Geld und Zeit gekostet. Heute hingegen lassen sich mit modernen Low-Code-Plattformen Business-Prozesse viel schneller und günstiger mit Software unterlegen.
Warum aber wird Low-Code gerade jetzt so hochgelobt, wenn doch der Fachkräftemangel seit Jahren grassiert und die Unternehmen seit jeher darauf abzielen, Zeit und Kosten einzusparen. Die IT-Industrie hierzulande tickt konservativ. Dennoch kam dieser Hype, der sich in den USA bereits vor fünf Jahren ausgebreitet hatte, bei uns erstaunlich spät an. Doch nun scheint der Punkt gekommen, an dem kein Unternehmen mehr an Low-Code/No-Code vorbeikommt: Denn sie müssen digitalisieren. Gerade in Bereichen wie Automotive oder Energie ist der Druck enorm hoch. Doch dafür müssen Prozesse optimiert werden - auch dann, wenn es an den notwendigen Profi-Programmierern mangelt.
- Udo Hensen, GEBRA-IT
„Für mich ist Low-Code die Zukunft! Sicherlich werden die Dinosaurier, die Software mit alter Technologie entwickeln, vielleicht noch eine bestimmte Zeit überleben, da sie viele Kunden haben – die Evolution schreitet aber schnell voran. Man sollte die Fähigkeiten und Lösungen von Low-Code-Anbietern nicht unterschätzen, die damit auch ganze ERP-Systeme ablösen können. Es ist eben keine kleine Low-Code-Software, mit der man hier und da mal etwas bauen kann und somit Wildwuchs erzeugt. Mit der richtigen Organisation und einem starken Projektmanagement schafft man die Umsetzung aller digitalen Prozesse und individuellen Anforderungen innerhalb der Zeitvorgaben und des Budgets.“ - Marco Renk, MSO Solutions
„No-Code/Low-Code-Anwendungen haben den Vorteil, dass die Personen, die die Digitalisierung ihrer Themen aktiv mitgestalten, mit die größten Fans der Anwendung sind. Dass verantwortliche Mitarbeiter ihre Lösung 1:1 so bekommen und auf einfache Art und Weise weiterentwickeln können, wie sie es brauchen, ist der Schlüssel für effektives und effizientes Digitalisierungsmanagement. Es bedarf keinen ‚Übersetzer‘ von der Anforderung zur Digitalisierung. Die IT-Abteilungen sind in der Regel froh, dass sie bei Low-Code- und No-Code-Anwendungen mehr oder weniger außen vor sind, insbesondere wenn diese sogar noch extern gehostet oder zumindest im Sinne eines Application-Managements extern betreut werden. So können sie sich ihren bestehenden Projekten widmen und müssen sich nicht zusätzlich um schnelle, agile Lösungen kümmern.“ - Florian Binder, Pegasystems
„Low Code ist ideal für Design Thinking, Prozess-Innovation und den Einsatz agiler Methodiken – denn Fachbereiche können und wollen unmittelbarer an der Erstellung der Anwendungen beteiligt werden. Sie wollen früh sehen und mitwirken, bei dem was sie bekommen – nicht lange darauf warten. Die Nutzerperspektive auf modernisierte digitalisierte Prozesse ist essenziell, um das Versprechen zu halten. Diese Beteiligung ist ein großer Treiber für Low-Code, da die Fachbereiche auch die Mittel für die Fachprojekte bereitstellen. Durch das Sehen, Fühlen und Erleben erreicht man auch eine viel größere Offenheit und Akzeptanz, welche klassische IT-Entwicklung häufig vermissen lässt. Das heißt, der Fachbereich muss keine 120%ige Lösung von vornherein fertig ausformulieren, sondern kann eine mehrwertstiftende Lösung bereits innerhalb weniger Wochen nutzen und iterativ mitgestalten. In Zeiten von starkem Fachkräftemangel und dem Wandel zur Digitalisierung mit Automatisierung sind Geschwindigkeit und ein ‚Minimum Loveable Product‘ wichtiger als die zu 120 Prozent ausspezifizierte Software.“ - Ann-Kathrin Stückl, PKS
„Low-Code-Entwicklung ist ein Gemeinschaftsprojekt von Fachbereich und IT. Es ist ein Trugschluss zu sagen, dass der Fachbereich das ganz allein macht. Nur dann können vorhandene Logiken und vor allen Dingen wertvolle Daten aus Bestandssystemen wiederverwendet und genutzt werden. Das hebt enorme Einsparungseffekte, die weit über das reine ‚wir entwickeln alles einfach nur schnell neu in Low-Code‘ hinausgehen. Ich bin davon überzeugt, dass Low-Code vor allem das Potenzial der bestehenden Anwendungen heben hilft – wenn es gelingt, dass Fachbereich und IT sowie junge und erfahrene Entwickler wertschätzend und auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“ - Karsten Noack, Scopeland
„Wir haben einen dramatischen Fachkräftemangel. Warum kommt also der Hype und somit die Möglichkeit, Low-Code-Developer ins Spiel zu bringen, erst jetzt? Seiteneinsteiger, die zwar keine Programmierer, aber gut in den Fachthemen drin sind, kann man sehr gut als Low-Code-Entwickler einsetzen und sie sind erstaunlicherweise oft sogar die besseren Low-Code-Developer als von der Programmierung her kommende Informatiker. Nach unserer Erfahrung genügt es aber nicht, der IT-Abteilung oder den IT-affinen Fachanwendern nur ein neues Tool an die Hand zu geben. Gemischte Low-Code-Teams sind eigenständige Einheiten professioneller Softwareentwickler, die wahlweise in den Fachbereichen oder in der IT angesiedelt sein können, aber ebenso professionell organisiert und mit eigenen, anderen, besonders agilen Methoden.“ - Reza Etemadian, Simplifier AG
„Die Summe der Digitalisierungsvorhaben in den Unternehmen ist mit klassischer Individualprogrammierung nicht zu bewältigen. Dafür fehlen schlicht die notwendigen Entwickler. Deshalb sind Low-Code und No-Code die Basis für eine funktionierende Digitalisierung. Eine Beobachtung unsererseits ist auch, dass im Schwerpunkt IT-Abteilungen die Einführung von Low-Code im Unternehmen treiben, um die eigene Abteilung zu optimieren und den Workload besser bewältigen zu können. Mit Low-Code sind einerseits erfahrene Programmierer nicht mehr die Einzigen, die für den Fachbereich Anwendungen erstellen können. Gleichzeitig bietet eine Plattform aber eine technische Harmonisierung und vermeidet Schatten-IT, die durch Citizen Development oftmals entsteht.“ - Pieter Bruinsma, Thinkwise Software
„Low-Code ist eine normale Evolution, wie sie in anderen Industrien auch stattgefunden hat. Autos zum Beispiel wurden um 1900 noch per Hand gefertigt. Als Henry Ford das Fließband einführte, brachte dies zwar eine Art Arbeitsorganisation mit sich, Autobau war aber weiterhin ein Handwerk. Das kann man heutzutage mit Scrum vergleichen: Wir bauen immer noch von Hand, organisieren es aber so, dass es intelligenter funktioniert. Nach dem Übergang von Fließband zu Automobilfabriken wurden Autos nach einem digitalen Bauplan gebaut. Ist der digitale Bauplan, den man sogar selbst testen kann, korrekt, kann ihn ein Roboter lesen und das Auto herstellen. Hinter CAD und CAM steckt ein Modell und genau diese modellgetriebene Software war eigentlich der Vorläufer von Low-Code. Das Wesentliche ist also nach wie vor, den Code per Hand zu schreiben.“
Es ist nicht alles sinnvoll, was möglich ist
So wie die Automobilindustrie von der klassischen zur modellbasierten Entwicklung von Fahrzeugen übergegangen ist, so entwickelt sich auch die klassische Softwareprogrammierung zu einem Low-Code-Modell weiter. Bis zu welchem Grad, darüber gehen die Meinungen der Experten allerdings auseinander. Während die einen davon überzeugt sind, dass sich selbst komplexe ERP- oder CRM-Systeme durch Low-Code ersetzen lassen, gehen andere von einem geringeren Prozentsatz aus. Das liege an der Komplexität der Software, die sich nur mit High-Code darstellen lasse, so die Begründung.
Low-Code-Plattformen sind in erster Linie ein Instrument, um die eigene Softwareentwicklung zu optimieren. Deshalb ist sich die Runde bei der entscheidenden Frage auch einig: Wann ist Low-Code sinnvoll? Manche Low-Code-Anbieter können durchaus ein ganzes SAP-System 1:1 ablösen, wenn sich für das Unternehmen dadurch ein Vorteil ergibt. Für Standards, die einwandfrei funktionieren und im Grunde keiner Verbesserung bedürfen, wie zum Beispiel eine Finanzbuchhaltung, bietet ein Low-Code-Nachbau keinen Mehrwert. An dieser Stelle ist es meist sinnvoller, mit der bereits verfügbaren Standardsoftware weiterzumachen. Wirklich zielführend ist Low-Code-Programmierung für Individuallösungen, deren Anteil immer mehr zunimmt, weil sie die Möglichkeit bietet, sich vom Wettbewerb abzuheben.
Studie "Low-Code No-Code 2022": Sie können sich noch beteiligen! |
Zum Thema Low-Code No-Code führt die COMPUTERWOCHE derzeit eine Multi-Client-Studie unter IT-Entscheidern durch. Haben Sie Fragen zu dieser Studie oder wollen Sie Partner werden, hilft Ihnen Frau Regina Hermann (rhermann@idgbusiness.de, Telefon: 089 36086 384) gerne weiter. Informationen zur Low-Code-No-Code-Studie finden Sie auch hier zum Download (PDF). |
Auch Low-Code braucht Organisation
So verlockend der Vorteil von Low-Code ist, schnell zu einer Lösung zu kommen, so groß ist auch die Gefahr, Schatten-IT zu fördern. Einfach, weil mit No-Code fast jeder schnell und ohne große Schulung Software bauen kann. Hier sollten Unternehmen Kontrollmechanismen einziehen, im Sinne von Testing und Freigaben sowie Grundrichtlinien, an die sich jeder halten muss, der im Betrieb Software entwickelt.
Deshalb braucht es auch für Low-Code einen Verantwortlichen, um den klassischen Wildwuchs zu verhindern. Schnelligkeit und Agilität mit den Anforderungen an Datenschutz und Sicherheit in Einklang zu bringen, ist eine Herausforderung. Bewährt hat sich, neben den klassischen Teams, bestehend aus Citizen Developer und IT-Abteilung, separate Low-Code-Teams als eigene Struktureinheiten aufzubauen. Doch die müssen genauso professionell gemanagt werden wie jede andere Abteilung im Unternehmen auch.
Low-Code kann aber auch aus der IT-Abteilung heraus getrieben werden, die sich dadurch selbst optimieren will. Weiterer Vorteil: Im Vergleich zur alten Schatten-IT lässt sich so eine technische Harmonisierung vorantreiben und die IT behält als Owner der Low-/No-Code-Plattform den Überblick darüber, wo Daten hingeschrieben werden.
Low-Code - Integration ist der Schlüssel zum Erfolg
Um Daten transferieren und gegebenenfalls weiterverarbeiten zu können, sind Schnittstellen essenziell. Viele Low-Code-Plattformen bringen einen Integration-Layer mit, über den sich andere Systemen, Datenbanken oder Maschinen anbinden lassen. Die Schwachstellen sind eher auf der anderen Seite zu finden: Oft bilden die Schnittstellen, die von anderen Systemen zur Verfügung gestellt werden, den Flaschenhals. Eine wünschenswerte Standardisierung liegt momentan noch in weiter Ferne.
Daten und Schnittstellen sind für Anbieter von Low-Code-Plattformen momentan die größten Herausforderungen. Es kommt nämlich nicht nur darauf an, technisch mit den Daten zu hantieren. Je mehr Unternehmen dazu übergeht, die Entwicklungshoheiten an die Fachbereiche zu übergeben, desto mehr müssen sie auch auf Semantik, Datensicherheit und Datenschutz achten. Anbieter, die eine technische Komponente bereitstellen, mit der sich ein System einfach anbinden lässt, müssen deshalb sicherstellen, dass der spätere Nutzer Zugriffsrechte hat und die Daten auch ordnungsgemäß verwendet werden.
Ansonsten können, wie in der Vergangenheit bereits vorgekommen, Gefahren außerhalb der Low-Code-/No-Code-Plattform entstehen. Ein ausgeklügeltes Rollen- und Berechtigungskonzept ist auch hier wieder weniger ein technisches als vielmehr ein organisatorisches Problem, das sich zum Beispiel mit der Anbindung der Systeme über Single Sign-on lösen lässt.
Bedarf kennen und Anforderungen verstehen
Neben den typischen No-Code-/Low-Code-Plattform-Anbietern treten in letzter Zeit auch immer mehr große Software-Anbieter oder Anbieter von Process-Mining-Tools in den Markt ein. Für Kunden wird es damit schwerer, den Durchblick zu behalten. Mit jemandem zu sprechen, der die Anforderungen versteht und auch in der Lage ist, die verschiedenen Plattformen miteinander zu vergleichen, ist der empfohlene erste Schritt, dem eine Best-Practice-Lösung als Empfehlung folgen sollte. Für eine bedarfsgerechte Entscheidung braucht es vor allem Flexibilität, denn die Anforderungen reichen von einer einfachen Prozessoptimierung bis hin zur Ablösung von Legacy-Systemen.
Weil die Bedarfe aus den verschiedenen Fachbereichen sehr unterschiedlich sind, sollte man sich von der Vorstellung verabschieden, man müsse sich als Unternehmen nur eine Low-Code-Plattform aussuchen und alles sei erledigt. Die Tools der Anbieter unterscheiden sich sehr und jedes hat seine Stärken und Schwächen. Deshalb, so die Prognose, würden größere Unternehmen schon bald mehrere Plattformen parallel in Betrieb haben. Ein Trend, der verdeutlicht, dass Low-Code/No-Code tatsächlich längst kein Hype mehr ist.
Informationen zu den Partner-Paketen der Studie 'Low-Code No-Code 2022'