Geofencing bleibt in der Nische
Dass Angst und Akzeptanzprobleme hierzulande den Prozess verlangsamen, weiß auch Mark Michaelis. Beispiel Geofencing, also das gezielte Ansprechen von Kunden, die sich gerade in der Nähe des werbenden Händlers aufhalten. Dieser spannt rund um seinen Laden eine Art virtuellen Zaun aus Mobilfunkzellen. Sobald ein Kunde den Bereich betritt, erhält er Kaufangebote via SMS oder als Anzeigen auf seinem Smartphone.
Dazu sagt Mark Michaelis allerdings in seiner Wette: "Den dauerhaften Erfolg dieser Marketing-Maßnahme halte ich für begrenzt. Das Push-Verfahren dürfte aus Sicht des Kunden und auch unter Berücksichtigung des Datenschutzes schwer durchsetzbar sein."
Trotz solcher Vorbehalte ist es auch für lokale Einzelhändler wichtig, "ihre Kunden besser kennenzulernen", meint Çetin Acar, IT-Projektleiter beim EHI Retail Institute, einem Forschungsinstitut für den Handel. Und dieses Kennenlernen kann durchaus anonym geschehen, wie ein Projekt von Mark Michaelis' Arbeitgeber Kaiser's Tengelmann beweist. Die Supermarktkette setzt bereits heute anonyme Kundenkarten ein, die ihre Nutzer beim Betreten des Ladens an ein Lesegerät halten. Die Karte enthält zwar eine eindeutige ID, aber keine personenbezogenen Daten.
Nachdem die Karte im System registriert ist, kann sich der Kunde an einem Kiosksystem - also an im Geschäft aufgestellten Displays - auf ihn zugeschnittene Angebote zeigen lassen, Produkte, die nach Art und Preis an sein Kaufverhalten angepasst sind. Nutzbar ist die Karte außerdem bei Online-Bestellungen. Mit jedem Einkauf steigt das Wissen des Händlers über den Kunden. Und IT ist auch im Spiel in Form der elektronischen Kioske, auf denen der Kunde das für ihn Vorgesehene ansehen und auswählen kann.
Die Kaufabwicklung
Käufe, glaubt Mark Michaelis, entstehen in Zukunft vor allem durch clevere Prozesse. Als Beispiel nennt er Mitglieder eines Haushalts, die von unterschiedlichen Orten aus eine virtuelle Einkaufsliste für einen bestimmten stationären Händler erzeugen und das Bestellte online bezahlen. Anschließend kommissioniert der Händler die Ware, und einer der Mitbewohner holt sie abends auf dem Weg nach Hause ab.
Auch hier ist in Form von elektronischen Einkaufslisten ein Stück IT im Spiel. Ob sich allerdings die Kaufentscheidung und die Kaufabwicklung so erfolgreich digitalisieren lassen, darf angezweifelt werden. Vor allem die Entwicklungen der beiden Startups Hellofresh und Shopwings nähren den Verdacht, dass in Deutschland mit individuellem Kommissionieren und mit dem Online-Versenden von Lebensmitteln nur schwer Geld zu verdienen ist.