Unternehmen benötigen eine digitale Strategie, die ihren Mitarbeitern die Arbeit wesentlich erleichtert. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Digitalisierung von Workflows. Lernen Sie hier Konzepte kennen, die den Menschen in den Fokus nehmen.

Customer Service

"Banken brauchen ganzheitliche Kunden-Insights"

12.10.2023
Auch Bankkunden erwarten heute schnellere und ganzheitlichere Services. Doch das scheitert häufig an der veralteten IT, erklärt ServiceNow-Experte Kai Lenz.
Auch die Berater pro Ort profitieren von Online-Tools, die einen integrierten Service- oder Informationsansatz verfolgen.
Auch die Berater pro Ort profitieren von Online-Tools, die einen integrierten Service- oder Informationsansatz verfolgen.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Der persönliche Service war schon immer eines der wirksamsten Mittel, um Kunden ans Unternehmen zu binden. Banken pflegten dieses Prinzip in der Vergangenheit durch ihre Präsenz vor Ort, mit vielen Filialen und fachkundigen Mitarbeitern. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Banken gehörten zu den ersten Branchen, die ihre Services über eBanking und Self-Service digitalisierten und aufs Internet verlagerten.

Ein Blick auf die aktuelle Servicequalität der Banken verrät allerdings, dass es im Vergleich zu anderen Branchen noch einige Luft nach oben gibt. Denn um heute erfolgreich zu sein ist es unabdingbar, über Self-Service oder eBanking hinauszugehen und eine differenzierte Kundenbetreuung ebenso wie adaptierbare Produkte anzubieten, erklärte neulich Kai Lenz, Head of Financial Services Industry EMEA bei ServiceNow, im Podcast des Online-Magazins cmm360. Hier eine Zusammenfassung der wesentlichen Statements.

Effizienz und reibungslose Kundenerlebnisse sind in aller Munde. Wie gut sind deutsche Finanzdienstleister darin?

Kai Lenz: Viele Banken setzen heutzutage noch mehrere Lösungen ein, die je nach Abteilung und Zuständigkeit getrennt voneinander mit Kundeninformationen befüllt werden. Selten werden diese Informationen dann in einem übergreifenden System verknüpft, was in meinen Augen ein veraltetes Denken und Vorgehen ist. Es braucht vielmehr einen ganzheitlichen Kundenfokus und eine Vernetzung der Interaktionspunkte.

Ziel muss sein, dass Informationen genau an dem Punkt abrufbar sind, an dem sie ein Mitarbeitender oder ein Kunde benötigt. Häufig sind gerade Mitarbeitende im Service mit wenig transparenten Prozessen konfrontiert. Daher sollten sich Banken folgende Fragen stellen: Welche Informationen sind relevant für welchen Mitarbeitenden und mit welcher Technologie lassen sich die Prozesse optimieren?

Du sprichst zwei Themen an: die organisatorische beziehungsweise kulturelle Dimension sowie den Status der digitalen Transformation. An welchem Punkt stehen deutsche Banken?

Kai Lenz: Externe Faktoren haben diesen Wandel zwar angestoßen - die grössten Treiber sind Kosten und Effizienz - aber das ist erst der Anfang. Vor zehn oder sogar vor zwanzig Jahren wurden diese Tätigkeiten in Deutschland zu teuer. Was machte man? Man behielt die Prozesse in Deutschland, stellte aber zig Leute in Polen oder Indien ein.

Das ist allerdings ein sehr temporärer Ansatz und ändert nichts am Kundenerlebnis, er verschlechtert es eher. Die Kosten hingegen bleiben, denn Offshoring kommt einem Wanderzirkus gleich. Steigen die Löhne in dem einen Land, werden die Tätigkeiten in das nächste Land verlegt. Das wiederum führt dazu, dass sich die Löhne früher oder später angleichen und der gesamte Prozess sowie die Aufgaben wieder zurück nach Deutschland kommen. Dann muss intern eine neue Kundensicht aufgebaut werden, um überhaupt einen halbwegs wirkungsvollen Kundenservice anzubieten. Vor dieser Herausforderung stehen wir aktuell.

Was braucht es noch?

Kai Lenz: Banken ist es bisher zwar gelungen, auf einem wenig flexiblen Basis-Core-Banking-System auf der Frontend-Seite, sprich der Angebotsseite, ein neues Framework aufzubauen, wie beispielsweise mit eBanking. Was aber immer noch fehlt, sind ganzheitliche Kunden-Insights. Zudem hat sich die Frequenz, in welcher neue Produkte und Dienstleistungen realisiert und angeboten werden müssten, von zwölf Monaten auf circa sechs bis acht Wochen reduziert. Die Realität zeigt allerdings, dass dies nur selten eingehalten wird. Dies setzt bekanntlich voraus, dass alle nötigen Datenpunkte abteilungsübergreifend miteinander verknüpft sind und die End-to-End Customer Journey, von der ersten Interaktion bis zur letzten Umsetzung eines Kundenwunsches, bekannt ist.

Welchen Einfluss hat Digitalisierung auf Kundenbindung?

Kai Lenz: Bietet man seinen Kunden eine schnelle Lösung seines Problems, so sind diese bereitwilliger, sich an das Unternehmen zu binden. Dann ist es fast schon zweitrangig, ob eine andere Bank zu einem gewissen Service bessere Konditionen bietet. Auch das Zusammenspiel von physischen Beratern und Online-Tools muss stimmen. Letztlich profitiert der Anbieter, der einen integrierten Service- oder Informationsansatz verfolgt.

Werfen wir einen Blick über die Grenzen hinaus und sprechen über das Thema Ökosysteme und Plattformen. Ist dies auch für deutsche Finanzdienstleister eine Möglichkeit?

Kai Lenz: Banken in Asien und auch teils in den nordeuropäischen Ländern sind digitaler aufgestellt als deutsche Banken. Das führt dazu, dass auch hierzulande Banken über diesen Ansatz nachdenken und den alten Universalbank-Gedanken verwerfen müssen. Eine Bank muss heutzutage nicht mehr "alles selber machen" - was für den Kunden im Übrigen kaum einen Mehrwert bietet. Eine extrem hohe Beratungsqualität, gute innovative Produkte und ein ausgezeichneter Kundenservice machen den Unterschied. Das ist relevant. Neue Payment-Services hingegen sind aus Kundensicht zweitrangig. Daher sollten sich Banken fragen, was ihre Kernkompetenzen sind, welche Themen zum einen effizient digitalisiert werden können und zum anderen, welche selbst angeboten werden müssen, um das Business in Zukunft auf den Kunden auszurichten?

Banken müssen diesen Schritt gehen, da der globale Wettbewerb immer stärker wird. Gewinnen wird, wer schnelle und effektiv gute Lösungen und gute Services anbietet. Ein Kunde kann schließlich heutzutage für sich entscheiden, ein Bankkonto in Singapur zu eröffnen, eines in Südamerika und wieder woanders zu investieren. Unternehmen in Europa analysieren zu viel und zu lange, anstatt zu überlegen, wie eine Innovation helfen könnte, das Business zu erweitern und zu stärken. Nur so bleiben Banken wettbewerbsfähig. Und die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit ist letztlich die ausschlaggebende.

Apropos Servicequalität: Wie ein gezielt eingesetztes Customer Experience Management für zufriedene Kunden sorgen kann, die auch in schwierigen Zeiten ihrem Lieferanten die Treue halten, erfahren Sie hier.