Informatikstudium, mehrere Berufsstationen ohne zeitliche Lücken, nebenher Promotion abgeschlossen, zuletzt in einer Beratung beschäftigt. Studieren Personaler Lebensläufe wie den von Günter Halmans, wird nicht lange gefackelt - eigentlich. Denn der Kandidat ist Ende 40, damit ein Oldie und weg aus dem Blickwinkel der meisten Personaler. Eine Ausnahme bilden mittelständische Anwenderfirmen wie die Ista Deutschland GmbH. Die aufstrebende Firma ist auf die Erfassung von Daten für den Strom- und Wasserverbrauch spezialisiert und beschäftigt weltweit 4600 Mitarbeiter. Allein am Stammsitz in Essen arbeiten rund 100 Beschäftigte in der IT, dazu zählt auch Günter Halmans als Teamleiter Requirement Engineering. "Im IT-Bereich besetzen wir die meisten Stellen", sagt Ista-Personalleiterin Anette Kreitel-Suciu.
Von der Beratung zum Anwender
Schwer fiel dem Informatiker Halmans der Abschied von einem Düsseldorfer Beratungshaus nicht: "Entscheidend war, dass ich in meinem Themenbereich bleiben konnte." Sein Spezialgebiet ist die Prozessberatung im Test-Management; hinzu kommt seine Erfahrung als Projektleiter. Vor seinem Wechsel zu Ista entwickelte Halmans als Berater in der Finanzbranche Anforderungen an Testumgebungen - "weniger technikorientiert als methodisch", wie er erläutert.
Ein Kollege hatte ihm den Tipp gegeben, sich bei Ista zu bewerben. Anders als beim IT-Dienstleister könne er die Ergebnisse seiner Arbeit beim Anwenderunternehmen langfristig verfolgen und "mit Händen greifen". Konkret heißt das: Software fürs eigene Haus entwickeln und im Austausch mit Anwendern zu zahlreichen Verbesserungen beitragen. Weiterer Pluspunkt: "Bei Ista kann ich Beruf und Familie etwa durch abgesprochene Home-Office-Tage gut miteinander in Einklang bringen und obendrein noch international arbeiten."
Spezialisten für Bits und Bytes wissen oft nicht, dass es eine Welt jenseits von IBM, SAP, Google und Co. gibt. "Ohne IT wäre unser Geschäft gar nicht denkbar", erläutert Kreitel-Suciu Nachwuchskräften und Profis, wenn man sich etwa auf Messen begegnet. Wer sich davon überzeugen lässt, einen Arbeitsvertrag beim Anwender zu unterschreiben, will nicht sofort wieder abspringen. Die Bereitschaft, sich längerfristig zu binden, ist durchaus vorhanden. "75 Prozent der IT-Experten bei mittelständischen Anwendern bleiben länger als drei Jahre", sagt Jörg Breiski, Vice President der schwedischen Personalberatung Mercuri Urval in München.
Wer will nach Osnabrück oder Schweinfurt?
Freilich fehlen SAP-Berater, Softwareentwickler oder Datenbankspezialisten überall. Trotz überdurchschnittlicher Gehälter für Absolventen, Young Professionals und erfahrenen Profis - die Vergütungsberatung Personalmarkt hatte dies erst jüngst im Auftrag der CW ermittelt - sind und bleiben IT-Fachkräfte Mangelware. Neuesten Angaben der Bundesagentur für Arbeit zufolge könnten bis zum Jahr 2025 insgesamt mehr als drei Millionen Fachkräfte fehlen. Bedarf gebe es vor allem in Süddeutschland und insbesondere in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen und der IT.
Wie das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) jüngst untersuchte, führt der IT-Fachkräftemangel zu Umsatzeinbußen von elf Milliarden Euro. Für mittelständische Anwender ist das eine Katastrophe. Also müssen sie sich als Arbeitgeber ganz besonders auszeichnen. Das betrifft vor allem Branchen, über die nicht so gut gesprochen wird wie das Direkt-Marketing. "Kommen wir erst einmal mit interessanten Kandidaten ins Gespräch", sagt Tanja Schilling, Personaldirektorin der BUW Holding GmbH in Osnabrück, "können wir zeigen, womit wir punkten." Jeder Kunde von BUW habe andere Systeme und Datenbanken, "da gibt es immer genug zu tun für IT-Experten", versichert die Personalerin mit Nachdruck.