Match Facts

Analyse-Tools sezieren Bundesliga-Spiele

04.03.2022
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die DFL baut ihr Angebot an Match Facts aus. Mit zusätzlichen Analysen aus der AWS-Cloud werden künftig die "Standardgefahr" und die "Skills" einzelner Spieler berechnet.
Wie gefährlich werden Standardsituationen? Eine neue Statistik der DFL soll Aufschluss darüber geben.
Wie gefährlich werden Standardsituationen? Eine neue Statistik der DFL soll Aufschluss darüber geben.
Foto: DFL

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) erweitert ihr Infotainment-Angebot rund um die Bundesliga mit zusätzlichen Statistiken. Zwei neue "Bundesliga Match Facts powered by AWS" sollen den Fans mehr Einblicke in das Geschehen auf dem Spielfeld erlauben. Mit den beiden neuen Werten "Standardgefahr" und "Skill", die ab dem 25. Spieltag zum Einsatz kommen sollen, stehen nun insgesamt zehn Bundesliga Match Facts zur Verfügung. Berechnet werden die Kennzahlen mit Hilfe von Daten- und Analyse-Tools aus der Cloud von Amazon Web Services (AWS).

Gefährliche Standards

Der Match Fact Standardgefahr bietet eine neue Perspektive auf die Torgefährlichkeit einer Mannschaft bei Freistößen und Eckbällen. In den vergangenen drei Bundesliga-Spielzeiten ist nach DFL-Angaben jedes vierte Tor in Folge einer Standardsituationen gefallen. Die Kennzahl vergleicht die Torgefahr, die von einem Team durch Freistöße beziehungsweise Ecken ausgeht, mit den Werten der anderen Bundesliga-Clubs.

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Hierbei werden nicht nur die nach Standards erzielten Tore erfasst, sondern auch die Qualität der Torchancen in Folge von Standardsituationen. Anhand dieser Statistik lässt sich unmittelbar vor der Ausführung von Freistößen oder Ecken einordnen, wie viel Gefahr die ausführende Mannschaft erzeugen kann. Auch für die Spiel- und Teamanalyse könnten diese Werte herangezogen werden, hieß es.

Finisher oder Balleroberer

Der zweite neue Match Fact Skill beschreibt die individuellen Fähigkeiten aller Spieler der 18 Clubs aus der Bundesliga. Dafür werden die Statistiken jedes einzelnen Akteurs kombiniert und miteinander verglichen. Die Fähigkeiten der Spieler werden in zunächst vier verschiedenen Kategorien bewertet:

Wer ist der Schnellste und welcher Spieler versteht es am besten, gefährliche Torraumszenen einzuleiten? Der Match Fact Skill soll darüber Aufschluss geben.
Wer ist der Schnellste und welcher Spieler versteht es am besten, gefährliche Torraumszenen einzuleiten? Der Match Fact Skill soll darüber Aufschluss geben.
Foto: DFL
  • Ein "Finisher" besticht durch die Anzahl seiner Tore und durch seine Effizienz beim Abschluss;

  • ein "Sprinter" erreicht nicht nur eine sehr hohe Laufgeschwindigkeit, er setzt auch häufiger zu Sprints an als andere Spieler;

  • ein "Initiator" versteht es, Torchancen einzuleiten. Neben der Anzahl unmittelbarer Torvorlagen wird auch der vorletzte Pass vor einem Torerfolg berücksichtigt;

  • ein "Balleroberer" zeichnet sich dadurch aus, den Ball für sein Team zu gewinnen. Er fängt Pässe des Gegners ab oder gewinnt den Ball im Zweikampf. Dadurch ermöglicht er seinem Team, einen Konter zu starten.

3,6 Millionen Datenpunkte pro Spiel

Für die Match Facts werden Live-Spieldaten gesammelt und in Echtzeit analysiert, wofür die DFL in erster Linie AWS-Funktionen nutzt. Die Kooperation der Bundesliga mit dem Cloud-Hyperscaler startete Anfang 2020. Das Ziel: Tiefere Einblicke in jede Live-Übertragung von Bundesliga-Spielen zu liefern und den Fans neue personalisierte Erlebnisse zu ermöglichen. Genutzt werden dafür AWS-Services für künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen (ML), Analysen sowie Rechen-, Datenbank- und Speicherdienste.

Auf Basis von "Amazon SageMaker" wurde dafür eine Statistikplattform entwickelt. Sämtliche Services, um ML-Modelle zu entwickeln, zu trainieren und bereitzustellen, sollen sich dort verwalten lassen. Weitere AWS-Dienste, die an dieser Stelle zum Einsatz kommen, sind unter anderem der Serverless-Compute-Service Lambda, die NoSQL-Datenbank Amazon DynamoDB, der Elastic Container Service (ECS) und der Speicherdienst Glacier. Pro Spiel werden über 3,6 Millionen Datenpunkte gesammelt und für die Match Facts ausgewertet.

"Die Bundesliga kann diese fortgeschrittene Technologie von AWS einschließlich Statistiken, Analysen und Machine Learning einsetzen, um Daten zu interpretieren und detailliertere Einblicke sowie ein besseres Verständnis der Entscheidungen bereitzustellen, die in Sekundenbruchteilen auf dem Feld getroffen werden", sagt Andreas Heyden, Executive Vice President of Digital Innovations bei der DFL Group. "Durch Bundesliga Match Facts erhalten Zuschauer detailliertere Einblicke in die zentralen Entscheidungen eines Spiels." Neben den beiden neuen Statistiken gibt es folgende Match Facts:

Über den Match Fact Angriffszonen lässt sich herausfinden, auf welchen Wegen einzelne Mannschaften bevorzugt das gegnerische Tor ansteuern.
Über den Match Fact Angriffszonen lässt sich herausfinden, auf welchen Wegen einzelne Mannschaften bevorzugt das gegnerische Tor ansteuern.
Foto: DFL
  • Die "Abschluss Effizienz" vergleicht die erzielten Tore eines Spielers oder einer Mannschaft mit der kumulierten Torwahrscheinlichkeit der erspielten Chancen.

  • Mithilfe des "Pass-Profils" erfahren Fans mehr über die Passentscheidungen eines Spielers oder einer Mannschaft. Es liefert genauere Einblicke in die Qualität und die Richtungen der gespielten Pässe und zeigt unter anderem, welche Entscheidungen - Offensivpass, Rückpass oder Spielverlagerung mittels langem Pass - Spieler und Teams in welcher Häufigkeit treffen.

  • Als "Angriffszonen" sind jene Bereiche definiert, in denen die Mannschaften beim Angriff in die Gefahrenzone vorstoßen. Dabei wird das letzte Drittel des Spielfeldes vor dem gegnerischen Tor in vier gleich große, vertikale Zonen unterteilt. Bei jedem Eintritt in dieses Drittel zählt der Algorithmus der entsprechenden Zone einen Angriff zu.

  • Mit dem "Most Pressed Player" wird in Echtzeit ermittelt, welcher ballführende Spieler auf dem Rasen von der gegnerischen Mannschaft am häufigsten unter Druck gesetzt wird.

  • Die "Realformation" stellt die durchschnittlichen Positionen der Spieler auf dem Feld in Echtzeit bereit, sodass diese besser erkennbar und Änderungen im Spielverlauf nachvollziehbar werden.

  • Mit der Weiterentwicklung der "Realformation Trends" können im Live-Betrieb und auch nach Spielende die Realformationen der Teams abgebildet werden - und zwar für beliebige Spielabschnitte.

  • Das Modell der "Expected Goals" weist die Tor-Wahrscheinlichkeit für jeden Abschluss aus. Damit lässt sich die Effizienz eines Spielers oder einer Mannschaft beim Torabschluss messen.

  • "Speed Alarm" ermittelt jeweils die Maximalgeschwindigkeit der Spieler. Im Liveticker gibt es in jeder Partie nach der 30. und 90. Minute ein Update der drei schnellsten Spieler des Spiels. Eine Rangliste der schnellsten Spieler der Saison findet sich im Statistik-Bereich.