Die Softwarelandschaft in Unternehmen ist meist über Jahre gewachsen. Damit ist ein bunter Mix aus Eigenentwicklungen und zugekauften Anwendungen entstanden. In der Regel sind diese auf unzähligen Plattformen über die gesamte Organisation verteilt. Auf dieser Basis eine agile IT-Infrastruktur zu etablieren, die sich dynamisch an wechselnde Marktanforderungen anpassen lässt, ist denkbar schwierig. Wer neue digitale Geschäftsmodelle realisieren und Geschäftsprozesse optimieren möchte, steht vor einigen Herausforderungen. Sie reichen vom ungebremsten Datenwachstum über neue Server-, Storage- und Virtualisierungskonzepte bis hin zum Umgang mit Legacy-Anwendungen im Rechenzentrum.
Unternehmen sollten sich im Hinblick auf ihre Weiterentwicklung folgende Fragen stellen:
• Wie viele Altsysteme sind in Betrieb?
• Sind die Kosten, die diese Anwendungen verursachen, bekannt?
• Gibt es konkrete Pläne, diese Altsysteme abzuschalten?
• Wie sieht es mit der Umsetzung dieser Pläne aus?
Selbst wenn Unternehmen einen Plan für das Abschalten alter Anwendungen haben, funktioniert er häufig nicht, weil zu viele Faktoren zu beachten sind. Data-Governance-Regeln etwa machen die legale Datenentsorgung schwierig. Besonders Banken und Versicherungen haben Probleme, Altsysteme einfach abzuschalten, weil sie gesetzlich verpflichtet sind, Daten lange vorzuhalten. Da in den Altsystemen jedoch nach wie vor kritische und sensible Geschäftsdaten enthalten sind, auf die der Zugriff langfristig sichergestellt sein muss, erfordert ein solches Konsolidierungsprojekt eine durchdachte Strategie.
Bessere Dienstleistungen, weniger Kosten
Mehr Leistung anzubieten und dabei Kosten zu reduzieren - das ist ein Ziel, das Unternehmen ebenso wie öffentliche Einrichtungen anstreben. Die Realität sieht jedoch anders aus: Viele Organisationen und Unternehmen geben 75 Prozent oder einen noch größeren Teil ihres IT-Budgets dafür aus, bestehende Anwendungen und Infrastrukturen zu warten und irgendwie am Leben zu erhalten. Dabei könnten sie signifikant Kosten sparen, wenn sie in der Lage wären, einige dieser Anwendungen vollständig abzuschalten. Die meisten CIOs wissen nicht einmal, wie viel diese alten Applikationen ihr Unternehmen kosten. Dabei sollte man auch die Mehrausgaben für die IT-Infrastruktur, die Betriebskosten für Großrechner, Netzwerktechnik und Datenspeicherung oder Kosten für Softwarelizenzen und die Arbeitszeiten von Mitarbeitern in Betracht ziehen. Und was passiert eigentlich, wenn die ITler, die über Cobol- und CICS-Kenntnisse verfügen, in den Ruhestand gehen? Das alles sind häufig unbeantwortete Fragen. Eine effektive Strategie zur Außerbetriebnahme alter Anwendungen hat deshalb viele Vorteile und sollte durchaus zur Unternehmensplanung gehören. Neben den Kosten, die gespart werden können, gibt es weitere positive Aspekte, die für eine Strategie zum Ausmustern alter Anwendungen sprechen:
• Konsolidierung von Software-Anwendungen
• Einhaltung von branchenspezifischen Regularien
• Minimierung von Unternehmensrisiken
Das häufigste Problem, das Unternehmen beim Abschalten von Legacy-Systemen haben ist, dass sie nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Sie registrieren zwar, dass viele Altanwendungen noch arbeiten. Aber eine konkrete Planung zu erstellen und diese umzusetzen kann sich schwierig gestalten. Eine bewährte Strategie ist es, bei den Anwendungen anzufangen, die das größte Einsparungspotential besitzen. Denn wenn diese Anwendungen nicht mehr laufen, wird im Nu ein größeres Budget frei und kann an anderer Stelle investiert werden. So kann beispielsweise bei der Einsparung von Hardware, deren Wartungsverträge bald ablaufen, schnell eine große Kostenersparnis erzielt werden. Um zu bestimmen, welche der Legacy-Anwendungen zuerst außer Betrieb genommen werden sollen, empfiehlt es sich, den Geschäftswert einer Anwendung mit den anfallenden Kosten für Support und Wartung zu vergleichen. Wenn die Unterhaltungskosten höher sind als der Nutzen, sollte man Anwendung in den verdienten Ruhestand schicken.
Kriterien zur Bestimmung des Geschäftswertes einer Anwendung können sein:
1. Nutzen: Wofür wird die Anwendung gebraucht?
2. Anzahl der Nutzer: Wie viele Angestellte, Kunden oder Partner nutzen die Applikation?
3. Frequenz: Wie oft und regelmäßig wird die Anwendung verwendet?
4. Nutzungsgeschichte: Wann wurde die Anwendung zuletzt genutzt?
5. Alter: Wie alt ist die Anwendung?
6. Zweck: Schafft das Tool neue Inhalte oder ist es ein reines Reporting-Tool?
7. Redundanz: Gibt es andere Anwendungen, die den gleichen Zweck erfüllen? Wenn ja, wie viel Anwender müssen geschult werden, um auf dem anderen System arbeiten zu können?
Eine weitere Herausforderung ist das mangelnde Wissen über die Anwendungen, die außer Betrieb genommen werden sollen. Deshalb sollte man mit Applikationen beginnen, deren Funktionen und Reporting-Pflichten man genau kennt.
Regelmäßige Software-Checkups helfen dem Unternehmen
Die meisten Menschen gehen regelmäßig zum Arzt, warum also nicht auch die Software-Anwendungen einem regelmäßigen Checkup unterziehen? Das Hin- und Herschieben von Verantwortlichkeiten zwischen IT-Managern und Software-Architekten hilft nicht weiter. Vielmehr wäre es wichtig, jährliche Audits zur Überprüfung der Unternehmenssoftware einzuführen. COBIT 5, das übergeordnete Rahmenwerk für die Governance und das Management der unternehmensweiten IT empfiehlt, die Anforderungen von Führungskräften mit den Verantwortlichkeiten von IT-Mitarbeitern in Verbindung zu bringen, damit eine zukunftsweisende IT-Strategie kontinuierlich umgesetzt werden kann. Außerdem sollten IT-Teams ihre IT-Ressourcen regelmäßig mit Hilfe einer Kosten-Nutzen-Analyse bewerten.