Künstliche Intelligenz (respektive Generative AI) war in den letzten Monaten das Buzz-, beziehungsweise Keyword schlechthin. Die Technologie ist für Startups wie Fortune-500-Unternehmen gleichermaßen interessant und birgt revolutionäres Potenzial. Allerdings versuchen dabei einige Anbieter wider besseren Wissens vom Hype zu profitieren und Lösungen mit einem KI-Siegel zu versehen, obwohl das höchstens ansatzweise oder überhaupt nicht angebracht ist.
Allein im letzten Jahr haben KI-Startups laut GlobalData mehr als 50 Milliarden Dollar an Risikokapital eingesammelt. Es ist zu erwarten, dass der Hype um ChatGPT diese Zahl noch weiter nach oben treibt. Dadurch werden vermutlich auch die Fälle von "AI Washing" zunehmen. Eine Gefahr, der man sich bei der US-Handelsbehörde FTC bewusst ist: "Einige Produkte, die als KI angepriesen werden, funktionieren möglicherweise überhaupt nicht so, wie sie beworben werden", schreibt Michael Atleson, Rechtsanwalt bei der Behörde, in einem Blogbeitrag.
Für die Anwender kann es in der komplexen Anbieterlandschaft allerdings eine echte Herausforderung darstellen, zwischen legitimem KI-Feature und Marketing-Gimmick zu unterscheiden. "Wie immer, wenn etwas zu schön klingt, um wahr zu sein, ist es das höchstwahrscheinlich auch", konstatiert Beena Ammanath, Executive Director für Deloittes Global AI Institute. Sie empfiehlt: "Unternehmen sollten eine gesunde Portion Skepsis an den Tag legen, wenn sie mit Behauptungen von Anbietern über KI-Produkte konfrontiert sind."
Wenn IT-Entscheider und ihre Unternehmen das nicht bewerkstelligen können, kann das ernste Konsequenzen nach sich ziehen, etwa:
Gescheiterte oder verspätete Projekte,
finanzielle Verluste,
Rechtsstreitigkeiten und
Reputationsschäden.
Für IT-Verantwortliche steht in diesem Zusammenhang auch die persönliche Karriere auf dem Spiel, wie Donald Welch, CIO der University of New York, weiß: "Ich habe schon erlebt, dass Führungskräfte deswegen gefeuert wurden - und ich kann nicht sagen, dass es die falsche Entscheidung war."
Glücklicherweise gibt es mehrere Strategien, mit deren Hilfe Sie solche Fehler vermeiden können.
1. Hintergrundrecherchen fahren
Den angeblichen KI-Einsatz von Anbietern zu überprüfen, kann ein langwieriger und zeitraubender Prozess sein. Dabei können schon simple Aktionen wie eine LinkedIn-Suche wertvolle Insights zutage fördern. "Untersuchen Sie den Grad der KI-Erfahrung und -Ausbildung der Mitarbeiter des Anbieters", empfiehlt etwa Ammanath und erklärt: "Unternehmen, die wirklich KI-Lösungen entwickeln, sollten auch über entsprechende Talente in ihren Reihen verfügen, beispielsweise Datenwissenschaftler und Data Engineers mit Erfahrung in den Bereichen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen."
Darüber hinaus könnten CIOs und IT-Entscheider auch nach Belegen für die Zusammenarbeit mit externen KI-Experten und Forschungseinrichtungen suchen. In diese Kategorie fallen etwa Partnerschaften mit Universitäten, die Teilnahme an Branchenkonferenzen und -Events sowie Beiträge zu Open-Source-Initiativen.
Kann der Anbieter bereits Erfahrung in ähnlichen Projekten oder Applikationen vorweisen, ist das in der Regel ein gutes Zeichen und zeigt, dass er hochwertige Ergebnisse liefern kann. "Prüfen Sie sorgfältig die Geschichte des Anbieters", empfiehlt Vira Tkachenko, Chief Technology and Innovation Officer beim Startup MacPaw. Sie unterstreicht: "Wenn ein Unternehmen Expertise auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz hat, kann es höchstwahrscheinlich auf eine Reihe von Forschungsarbeiten in diesem Bereich oder andere KI-Produkte verweisen."
2. Datenstrategie evaluieren
Anbieter, die tatsächlich KI in ihre Produkte integrieren, müssen auch eine gute Datenstrategie implementiert haben. Schließlich gibt es ohne hochwertige Daten auch keine zufriedenstellenden Ergebnisse. "Anbieter sollten also in der Lage sein, zu erklären, wie viele Daten sie aus welchen Quellen sammeln", hält Ammanath fest.
Zudem empfiehlt es sich die Anbieter auch dahingehend unter die Lupe zu nehmen, ob gesetzliche Anforderungen sowie hohe Datenschutz und Datensicherheitsstandards erfüllt werden. Schließlich müssen Unternehmen (nicht nur) im Zuge der DSGVO ihre Datenpraktiken transparent machen und dem Einzelnen die Kontrolle über seine persönlichen Daten ermöglichen. Ist das nicht der Fall, sollte das ein rotes Tuch sein.
3. Beweise verlangen
Auch wenn die ganzen Buzzwords verführerisch klingen - Sie sollten sich nicht einlullen lassen, wie auch Deloitte-Managerin Ammanath weiß: "Die richtigen Fragen zu stellen und Belege für Behauptungen in Zusammenhang mit Produkten zu verlangen, ist entscheidend, um Marketing- und Verkaufs-Blabla als solches zu entlarven und festzustellen, ob ein Produkt wirklich KI-getrieben ist."
Zu diesen Fragen könnte beispielsweise gehören:
Wie wurde das Modell trainiert?
Welche Algorithmen kommen zum Einsatz?
Wie passt sich das KI-System an neue Daten an?
Darüber hinaus empfiehlt Tkachenko: "Fragen Sie den Anbieter, welche Bibliotheken oder KI-Modelle er verwendet. Es kann durchaus sein, dass alles einfach auf einem simplen OpenAI-API-Call aufgebaut ist."