Gartner-Umfrage zu AI

55 Prozent der Unternehmen setzen auf KI-First-Strategie

31.07.2023
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Einer neuen Gartner-Umfrage zufolge ziehen 55 Prozent der Unternehmen, die KI bereits eingesetzt haben, KI immer für jeden neuen Anwendungsfall in Betracht.
Viele Unternehmen fahren laut Gratner bei ihren Anwendungen mittlerweile ein KI-First-Strategie.
Viele Unternehmen fahren laut Gratner bei ihren Anwendungen mittlerweile ein KI-First-Strategie.
Foto: Deemerwha studio - shutterstock.com

AI-First heißt es mittlerweile bei 55 Prozent der Unternehmen, die bereits Künstliche Intelligenz eingesetzt haben, wenn es um neue Anwendungen geht. Gleichzeitig ist die Offenheit gegenüber KI mit einer Risikoabwägung verbunden. Der Gartner-Umfrage zufolge spielen bei mehr als der Hälfte (52 Prozent) der Unternehmen Risikofaktoren bei der Evaluierung neuer KI-Einsatzbereiche eine wichtige Rolle.

Was sind KI-reife Unternehmen?

Die Umfrage wurde zwischen Oktober und Dezember 2022 unter 622 Befragten aus Unternehmen in den USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland durchgeführt, die KI einsetzen. Eine KI-"reife" Organisation definiert Gartner dabei als eine Organisation, die mehr als fünf KI-Anwendungsfälle über mehrere Geschäftsbereiche und -prozesse hinweg implementiert hat und diese seit mehr als drei Jahren produktiv nutzt.

Erick Brethenoux, Distinguished VP Analyst bei Gartner, kommentiert die Ergebnisse so: "Eine KI-First-Strategie ist ein Kennzeichen für die Reife von Künstlicher Intelligenz und ein Treiber für einen höheren Return on Investment." Gleichzeitig schränkt Brethenoux aber ein: "KI-first ist jedoch nicht gleichbedeutend mit KI-only. KI-reife Unternehmen neigen eher dazu, KI für jeden möglichen Anwendungsfall in Betracht zu ziehen."

Gartners Prognosen zur KI-Entwicklung

Im Rahmen der Umfrage wagten die Gartner-Analysten zudem einen Blick in die Kristallkugel und gaben folgende Prognosen für die künftige Entwicklung generativer KI ab:

  • Bis 2024 wird die EU eine Richtlinie verabschieden, die "Wasserzeichen" für KI-generierte Artefakte vorschreibt.

  • Bis 2025 wird generative KI zehn Prozent aller produzierten Daten ausmachen, heute sind es weniger als ein Prozent.

  • Bis 2025 werden 50 Prozent der Projekte zur Arzneimittelentwicklung generative KI nutzen.

  • Bis 2025 werden 30 Prozent der Unternehmen eine KI-gestützte Entwicklungs- und Teststrategie implementiert haben, gegenüber 5 Prozent im Jahr 2021.

  • Bis 2025 werden 30 Prozent der Marketing-Inhalte durch generative KI erstellt, aber von Menschen ergänzt - gegenüber weniger als 2 Prozent im Jahr 2022.

  • Bis 2026 wird generative Design-KI 60 Prozent des Designaufwands für neue Websites und mobile Apps automatisieren.

  • Bis 2026 werden mehr als 100 Millionen Menschen Robo-Kollegen (synthetische virtuelle Kollegen) für die Arbeit in Unternehmen einsetzen.

  • Bis 2027 wird ein großer Blockbuster-Film veröffentlicht werden, der zu 90 Prozent von KI generiert wurde (von Text zu Video), gegenüber null Prozent im Jahr 2022.

In allen befragten Unternehmen wurden Gartner zufolge durchschnittlich 41 KI-Anwendungsfälle implementiert. Das Gros der KI-Anwendungen blieb zwei bis fünf Jahre in der Produktion. Sowohl die Zahl der Anwendungsfälle als auch die Produktionsdauer stiegen mit der Größe der Unternehmen, wobei globale Unternehmen im Durchschnitt 51 Anwendungsfälle für 4,3 Jahre in der Produktion meldeten.

KI-reife Unternehmen holen Rechtsberater

Im Durchschnitt werden KI-Anwendungen bislang 3,5 Jahre produktiv genutzt.
Im Durchschnitt werden KI-Anwendungen bislang 3,5 Jahre produktiv genutzt.
Foto: Gartner

Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen KI-reifen Unternehmen und anderen ist für Gartner die Einbindung von Rechtsberatern bereits bei der Ideenfindung von KI-Anwendungsfällen. Bei KI-reifen Unternehmen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in der Ideenphase eines KI-Projekts Rechtsexperten hinzuziehen, 3,8-mal höher als in anderen Unternehmen.

Brethenoux zufolge zeigt dies, dass "eine Unsicherheit über die Ethik und Rechtmäßigkeit verschiedener KI-Anwendungen besteht, sowie Angst vorherrscht, gegen Datenschutzbestimmungen zu verstoßen". Gleichzeitig zeige dies, dass sich Unternehmen, die bereits über mehr Erfahrung mit KI verfügten, nicht sagen lassen wollten, dass sie eine Grenze überschritten hätten.

Technische und geschäftliche ROI-Metriken

Bei der Bewertung der Rentabilität von KI-Investitionen konzentrieren sich 52 Prozent der KI-reifen Unternehmen auf eine Kombination aus technischen und geschäftlichen Metriken, um die Rentabilität zu bewerten. In weniger ausgereiften Unternehmen werden am häufigsten technische Metriken verwendet, um den Wert von KI-Anwendungsfällen zu messen.

Mehr KI-reife Unternehmen - 41 Prozent im Vergleich zu 24 Prozent aller anderen - verwenden kundenerfolgsbezogene Geschäftskennzahlen, um den ROI abzuschätzen. Darüber hinaus nennen 47 Prozent der KI-reifen Unternehmen den Kundenservice als eine der drei wichtigsten Geschäftsfunktionen, die von KI profitieren, im Vergleich zu 34 Prozent der anderen. Hierzu merkt Brethenoux an, "viele Business- und IT-Führungskräfte konzentrieren sich auf die Auswirkungen von KI auf die Optimierung und Produktivität, aber Unternehmen gedeihen nicht durch Kostensenkungen".

Gartner-Kunden können mehr Details zu der Umfrage "Survey Analysis: An AI-First Strategy Leads to Increasing Returns" unter diesem Link abrufen.