Cloud Sustainability

5 Wege zu mehr IT-Nachhaltigkeit

10.10.2023
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Olav Strand ist seit über 25 Jahren in verschiedenen Führungspositionen im IT-Sektor unterwegs. Derzeit ist er als RVP DACH bei Flexera tätig.Zuvor war er bei Splunk, Oracle, BMC Software, Tanium, Fusion und IPsoft tätig und Board Member im Artificial Intelligence Council von Bitkom.
Nachhaltigkeit in der IT und Nachhaltigkeit im Alltag - da gibt es durchaus Überschneidungen. Diese fünf Best Practices zeigen, wie die Cloud nachhaltiger wird.
Grüne Aussichten am IT-Himmel: So wird die Cloud nachhaltig
Grüne Aussichten am IT-Himmel: So wird die Cloud nachhaltig
Foto: StockEU - shutterstock.com

Software hat keinen Auspuff, Daten enthalten keine Schwermetalle und die Cloud verdunkelt den Himmel auch nicht mit Kohlendioxid-Schwaden. Und doch wird die digitale Transformation mehr und mehr zum Umweltproblem. Dabei ist das nachhaltige Haushalten in der IT - wie auch in unserem Alltag - eine Frage des Umdenkens. Ganze 3,7 Prozent aller Treibhausgasemissionen, so eine Inititative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gehen weltweit auf die Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) zurück. Zum Vergleich: Die zivile Luftfahrt verursacht nur halb so viel. Es ist also höchste Zeit, dass sich die IT ernsthaft mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt.

Das Bekenntnis zu mehr Nachhaltigkeit wird mit der 2022 von der EU verabschiedeten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zur Pflicht. Die Richtlinie verändert die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung tiefgreifend. Ab 2024 müssen Unternehmen nicht nur darlegen, wie sich Klimawandel & Co. auf das eigene Geschäft auswirken. Sie sind auch dazu verpflichtet, die Folgen ihrer eigenen Tätigkeiten für die Umwelt offenzulegen. Betroffen sind rund 49.000 Unternehmen in der EU, davon 15.000 allein in Deutschland.

Wo soll man ansetzen? Vielversprechend sind das IT-Asset-Management (ITAM) und Cloud Computing. Laut Berechnungen von Accenture hat die Migration von Daten und Anwendungen in die Public Cloud das Potential, die weltweiten Emissionen jährlich um 5,9 Prozent - das heißt 60 Millionen Tonnen CO2 - zu reduzieren. Die Best Practices für die praktische Umsetzung der Cloud Sustainability sind zahlreich. Dabei zeigt sich: Es gibt viele Ähnlichkeiten zwischen dem Reduzieren des CO2-Fußabdruck in der IT und dem Reduzieren des eignen privaten CO2-Fußabdruck im Alltag.

1. Migration - die Cloud-Reise überdenken

Ein gutes Beispiel ist das Reisen: Mit der Pandemie vor drei Jahren haben Geschäftsreisen eine Vollbremsung hingelegt. Die Zusammenarbeit hat sich seitdem dauerhaft verändert: Videokonferenzen ersetzen persönliche Treffen, fast ein Viertel der Erwerbstätigen in Deutschland arbeitet im Home Office und der Business-Trip wird stärker auf Umweltaspekte hinterfragt. Wo früher selbstverständlich das Ticket gebucht wurde, heißt es heute: Braucht es das wirklich?

Eine ganz ähnliche Frage sollten sich IT-Verantwortliche auch bei der Cloud-Migration stellen: Welche IT-Assets gehören in die Cloud und was kann (und sollte) lieber am Boden (On-Premises) bleiben? Wichtige Entscheidungskriterien sind nicht nur Kosten, Sicherheit und Service-Abhängigkeiten, sondern auch die Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit (etwa Energieverbrauch). Eine Bottom-up-Discovery schafft hier zunächst Klarheit, um den Fahrplan für die Cloud Migration sauber aufzustellen.

2. Konsum im Wolken-Haushalt anpassen

Unser Konsumverhalten hat sich in den letzten zwanzig Jahren radikal verändert. Die Zahlen im Onlinehandel wachsen kontinuierlich und die 24 Stunden Verfügbarkeit von Produkten wird als selbstverständlich angesehen - egal ob Mode, Elektronikprodukte, Lebensmittel oder Entertainment. Dass dieser Konsum weit über den tatsächlichen Bedarf des Einzelnen hinausgeht, muss angesichts der Kleiderberge der Fast Fashion, der Lebensmittelverschwendung und den Tonnen an Elektroschrott eigentlich jedem klar sein. Interessant ist dabei eine Hypothese im Trend Check Handel des ECC KÖLN: Würde Amazon als Kanal im E-Commerce verschwinden, würden 20 Prozent der Verbraucher in Deutschland auch weniger kaufen.

Die digitale Transformation, die Cloud, der Run ins Home Office und nun der KI-Hype haben auch die "Konsumstimmung" in der IT beflügelt. Das Problem: Rund ein Drittel der Investitionen in SaaS und IaaS/Paas wirft laut einer Umfrage von Flexera (vollständiger Bericht nach Registrierung) keinen echten Mehrwert ab und verbleiben nicht oder nur kaum genutzt im IT-Portfolio. Damit verpuffen nicht nur unnötige Ausgaben im Wolkenhimmel, auch Ressourcen werden unnötig verschwendet.

Das ist schade, denn die Agilität der Cloud bietet grundsätzlich einen guten Hebel, um den IT-Konsum in Unternehmen zu kontrollieren. Das Schlüsselwort lautet Rightsizing: die Anpassung der vorhandenen Cloud-Assets mit dem tatsächlichen Bedarf. Der strategische Ansatz ist kein Euphemismus für Downsizing. Vielmehr geht es darum, den gesamten IT-Betrieb aus einer End-to-End-Perspektive zu betrachten, das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Assets zu analysieren und den IT-Haushalt sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch "nachhaltig" zu gestalten.

3. Fahrrad vs. Ferrari - mit wenig PS ans gleiche Ziel

In der IT ist es manchmal wie im Straßenverkehr: Es braucht nicht immer grenzenlose PS und einen schnittigen Sportwagen, um von Punkt A nach Punkt B zu kommen. Während der Rush Hour in der Großstadt sind öffentliche Verkehrsmittel oft deutlich schneller. (Und das Fahrradfahren auf jeden Fall gesünder.)

Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch in der IT beobachten. Statt mit umfangreichen (und teils überfrachteten) Anwendungs-Suiten aufs Gas zu treten, reicht in vielen Fällen das Small- oder Medium-Paket einer Enterprise Software völlig aus. Vor allem, wenn Mitarbeitende im täglichen Arbeiten tatsächlich nur ein bestimmtes Modul beziehungsweise klar umrissene Funktionalitäten benötigen. Gerade SaaS in Kombination mit Abo-Modellen bietet IT-Verantwortlichen hier viel Spielraum, um den Umfang von Anwendungen bedarfsgerecht an die Anforderungen (und das Know-how) von Teammitgliedern anzupassen. Das Lizenzmanagement mag dadurch komplexer werden und ein automatisiertes Management-Tool erfordern. Das IT-Budget jedoch freut sich über die abgespeckte - und damit kostengünstigere - Version.

Microsoft 365 ist dafür ein Paradebeispiel. Die Suite steht als Abo in unterschiedlich geschnürten Paketen bereit. Je umfangreicher das Paket, desto höher die Kosten. Ob jedoch wirklich jeder Mitarbeiter ausnahmslos über alle Funktionen von Microsoft 365, einschließlich VoIP und Analyse verfügen muss, ist fraglich.

"Mehr" ist nicht immer "Besser". Das gilt für die PS-Stärke unter der Motorhaube von Autos genauso wie bei der Bestückung virtueller Maschinen mit RAM und CPU-Kernen. Überdimensionierte Cloud-Instanzen sind Kosten- wie Stromfresser. Simple Nachhaltigkeits-Richtlinien zur Cloud-Nutzung sowie definierte Obergrenzen für erlaubte Instanzgrößen/-typen zeigen hier schnell Wirkung. Dazu gehören auch eigentliche Binsen: Geht man aus dem Haus, macht man das Licht aus. Warum also nicht nach Geschäftsschluss Workloads automatisch herunterfahren?