Digitale Mythen entlarven

3 Tipps für den Umgang mit digitalen Themen

Kommentar  22.12.2016
Von 
Juliane Waack ist Fachredakteurin des Beratungsunternehmens ec4u expert consulting ag und schreibt zusätzlich für den Digitalisierungsblog der cloud world. Sie hat sich auf die Themen Digitalisierung, Customer Journey, Content Marketing und Datenschutz spezialisiert.
Der Digitalisierungsdiskurs ist häufig einseitig. Dabei hilft der ganzheitliche Blick auf moderne Technologien und Geschäftsmodelle, um sie auch produktiv umzusetzen.

Fakt oder Fiktion? Digitalisierung im Diskurs

Der Beitrag "Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt" im Schweizer "Das Magazin" ist ein Paradebeispiel des aktuellen Diskurses rund um die Digitalisierung. Anstatt die Möglichkeiten aber auch Grenzen der Datenanalysen im politischen und werblichen Umfeld aufzuzeigen, wurde einseitig über eine Analyse-Methode berichtet, die am Ende maßgeblich über die US-Wahl entschieden haben soll.

Der "Bombe"-Beitrag von Das Magazin ist ein Musterbeispiel für Schwarz-weiß-Denken im Umgang mit Digitalisierungsthemen.
Der "Bombe"-Beitrag von Das Magazin ist ein Musterbeispiel für Schwarz-weiß-Denken im Umgang mit Digitalisierungsthemen.

Dabei wurden jedoch keine unabhängigen Experten, sondern der Erfinder der Methode sowie das Unternehmen, das mit ihr Geld verdient, befragt. Und die erklären natürlich, dass die Methode nicht nur jeden einzelnen Menschen individuell erfassen kann (und zwar besser als Freunde oder Familie), sondern auch eine immense Wirkkraft auf Wahlergebnisse hat.

Merkwürdig nur, dass der Selbsttest der Methode meistens vor allem unfreiwillig komische (und falsche) Ergebnisse mit sich bringt und diverse Kunden des Unternehmens den Vertrag kündigten, weil nicht eingehalten werden konnte, was versprochen wurde. Ein ausgewogener Journalismus hätte dies ruhig erwähnen können, im "Bombe-Beitrag" liest man jedoch nichts davon.

Digitale Trends: Panikmache vs. Glorifizierung

Wenn es um die Digitalisierung geht, sitzt der Diskurs selten in der goldenen Mitte. Ob nun die Big Data-Bombe eingeschlagen hat oder Sigmar Gabriel erklärt, dass Datenschutz den digitalen Wandel aufhält, es scheint nicht möglich zu sein, die Digitalisierung ganzheitlich in ihren Schwächen, Stärken und Buzzwords zu erfassen.

So wird lieber von den Gefahren durch Hacker, NSA und Hasskommentare auf der einen Seite und den magischen Möglichkeiten von Datenanalysen, digitalen Systemen und Apps auf der anderen Seite berichtet. Der unbedarfte Leser muss dann entscheiden, auf welche Seite er sich schlagen will.

Was also kann man tun, um sich im Schwarz-Weiß-Denken des digitalen Diskurses zurecht zu finden?

1. Studien kritisch lesen

Ich persönlich bin ein großer Fan von Studienergebnissen, da sie oft eine Übersicht über Stimmungen und Tendenzen sowie Probleme und Herausforderungen in Unternehmen bzw. bei Nutzern bieten. Auch wenn es mir nicht immer gelingt, ich versuche häufiger, die Originalstudie zu lesen und so die oft handverlesenen Ergebnisse in den richtigen Kontext zu setzen.

Bei Studien und Ähnlichem ist eine gesunde Skepsis nicht fehl am Platze.
Bei Studien und Ähnlichem ist eine gesunde Skepsis nicht fehl am Platze.
Foto: Shutterstock - Gustavo Frazao

So kann die Botschaft einer IDG-Studie aus dem Jahr 2016, dass knapp zwei Drittel aller Unternehmen Cloud-Anwendungen nutzen, als Zeichen der hinkenden deutschen Attitüde gewertet werden. Schaut man sich dann jedoch an, dass es im Vorjahr rund ein Drittel war, kann man auch von einem überraschenden Anstieg reden und es als Erfolg buchen.

Wichtig ist, dass man sich mit der Studie und ihren Ergebnissen auseinandersetzt. Selbst ein kompetentes Unternehmen wie Crisp Research kann beispielsweise die falschen Schlüsse ziehen, wenn es bemängelt, dass deutsche Familienunternehmen kaum das Internet der Dinge für kundennahe Prozesse in Betracht ziehen. Dass es aktuell kaum real existierende Mittel gibt, dies zu tun, wird nicht berücksichtigt, obwohl es grundlegend für eine derartige Aussage ist.