WLAN versus Mobilfunk

10 Gigabit/s auf dem Handy - wer macht das Rennen?

04.11.2014
Von 
Dr. Harald Karcher ist freier Autor in München. Er testet mobile Geräte vom Handy bis zum Laptop und mobile Netze von WLAN bis zu LTE.

Wozu braucht die Menschheit 5G?

5G soll ab 2020 die tausendfache Wireless-Kapazität in die Mobilfunknetze bringen. Das ermöglicht dann: 100 Milliarden Mobilfunkverbindungen für Menschen und Maschinen gleichzeitig. 10 Gbit/s auf jedem Endgerät. Pings unterhalb von einer Milli-Sekunde. Neunzig Prozent weniger Energieverbrauch pro Mobilfunkdienst. 1000mal weniger Energieverbrauch pro übertragenem Bit in den Endgeräten, auch um deren Akkuverbrauch zu reduzieren. Und daraus resultierend: Neue Anwendungen und Geschäftsmodelle rund um das drahtlose, superschnelle 5G-Cloud-Computing.

Um das Jahr 2020 herum dürften LTE und LTE-Advanced (links) an ihre Grenzen stoßen. Bis dahin soll dann 5G (rechts) einsatzbereit sein.
Um das Jahr 2020 herum dürften LTE und LTE-Advanced (links) an ihre Grenzen stoßen. Bis dahin soll dann 5G (rechts) einsatzbereit sein.
Foto: Nokia

Tausendfache Mobilfunk-Kapazität mit 5G

Um 5G zu realisieren, braucht man neue Funkstationen und Endgeräte mit viel mehr MIMO-Antennen als heute, eine viel höhere geografische Dichte von Basis-Stationen mit viel kleineren Funkradien, sowie viel breitere Frequenz-Spektren in der Luft, als heute für LTE verfügbar sind, meinte etwa Dr. Wen Tong, der profilierteste 5G-Vordenker von Huawei, Inhaber von 180 US-Patenten und Chef von 700 Huawei-Forschern bereits im Februar 2014.

5G soll 10 GBit/s auf jedes Endgerät bringen und 100 Milliarden Mobilfunk-Connections gleichzeitig ermöglichen. Dazu müssen die Telcos viel mehr Antennen als bei 4G aufstellen und ein gewaltiges Frequenz-Spektrum von 300 MHz bis zu 300 GHz nutzen dürfen
5G soll 10 GBit/s auf jedes Endgerät bringen und 100 Milliarden Mobilfunk-Connections gleichzeitig ermöglichen. Dazu müssen die Telcos viel mehr Antennen als bei 4G aufstellen und ein gewaltiges Frequenz-Spektrum von 300 MHz bis zu 300 GHz nutzen dürfen
Foto: Huawei

5G soll ein enormes Spektrum von 300 MHz bis 300 GHz flexibel nutzen können. Zum Vergleich: LTE nutzt in Deutschland gerade mal drei fixe Frequenz-Blöcke bei 800 MHz, 1800 MHz und 2600 MHz. Die restlichen 297 GHz sind für den terrestrischen Mobilfunk noch gar nicht aktiviert.

Die Mobilfunk-Anbieter drehen an vielen Schräubchen, um Speed und Kapazität in den Netzen zu erhöhen: Unter anderem durch Nutzung von höheren Frequenzen und mehr Spektrum sowie durch Einsatz von MIMO-Multi-Antennen-Technik mit Beamforming zur gezielten Client-Verfolgung.
Die Mobilfunk-Anbieter drehen an vielen Schräubchen, um Speed und Kapazität in den Netzen zu erhöhen: Unter anderem durch Nutzung von höheren Frequenzen und mehr Spektrum sowie durch Einsatz von MIMO-Multi-Antennen-Technik mit Beamforming zur gezielten Client-Verfolgung.
Foto: Ericsson

Natürlich sollen die neuen 5G-Techniken auch kreuz- und rückwärts-kompatibel zu den heute verbreiteten Funksorten 3G, 4G und WiFi sein. Die meisten User wollen ja nicht ständig neue Endgeräte kaufen.

Zurzeit ist 5G noch im Stadium der Forschung und früher Prototypen. Ab 2016 will man Standards definieren, ab 2019 soll es kommerzielle 5G-Systeme und -Geräte für Pilotprojekte geben, 2020 soll der Rollout beginnen.
Zurzeit ist 5G noch im Stadium der Forschung und früher Prototypen. Ab 2016 will man Standards definieren, ab 2019 soll es kommerzielle 5G-Systeme und -Geräte für Pilotprojekte geben, 2020 soll der Rollout beginnen.
Foto: Huawei

Ab wann weitere Frequenzen für das drahtlose Internet versteigert werden, ist nicht zuletzt eine Frage der Politik. Deshalb kamen auch mehrere EU-Politiker aus Brüssel zum 5G-Kongress nach München. Daneben wird auf der World Radiocommunication Conference 2015 (WRC-15) der ITU vom 2. bis 27. November 2015 in Genf eine größere Einigung über die Verwendung weiterer Frequenzbänder für das mobile Internet erwartet.

Der 5G-Mobilfunk soll auch höhere Frequenzen als das heutige 4G-LTE nutzen. 5G soll aber zu den heutigen LTE-Funktechniken rückwärts-kompatibel bleiben, damit die „alten“ LTE-Smartphones von heute auch noch im 5G-Zeitalter funktionieren.
Der 5G-Mobilfunk soll auch höhere Frequenzen als das heutige 4G-LTE nutzen. 5G soll aber zu den heutigen LTE-Funktechniken rückwärts-kompatibel bleiben, damit die „alten“ LTE-Smartphones von heute auch noch im 5G-Zeitalter funktionieren.
Foto: Ericsson

Smartphones mit 10 Gbit/s

Der Endanwender soll mit 5G bis zu 10 Gigabit pro Sekunde auf sein Endgerät bekommen. Das heißt: Glasfaser-Speed beim Senden und Empfangen, nur eben per Mobilfunk. Mit solchen Bandbreiten werden auch Video-Streamings und Tele-Konferenzen in 4K-Ultra-HD-Qualität von Smartphone zu Smartphone möglich. Das gebogene 6-Zoll-Smartphone LG G Flex etwa kam schon im Februar 2014 mit einer Video-Kamera mit Ultra-HD-Aufzeichnung von 3.840 x 2.160 Pixel auf den Markt. Weitere wie das LG G3 folgten. Will man den 4K-UHD-Stream aber mobil senden und empfangen, so braucht man dazu idealerweise drahtlose 5G-Netze.

Zum Vergleich: UMTS kam anno 2004 mit 0,384 MBit/s auf den deutschen Markt. Die ersten Siemens-UMTS-Video-Handys waren damals, vor zehn Jahren, noch so dick wie eine Faust, hatten winzige und gering auflösende Video-Displays und wurden im Betrieb recht heiß. Doch danach ging es rasant weiter: HSDPA, HSUPA, HSPA, DC-HSPA, und dann 4G-LTE:

LTE-Cat3-800MHz wurde seit Dezember 2010 mit bis zu 50 MBit/s auf dem Lande kommerziell ausgerollt. Dann brachte die Telekom LTE-Cat3-1800MHz mit bis 100 MBit/s in über hundert deutsche Städte. Seit Herbst 2013 wird auch LTE-Cat4 mit 150 Megabit pro Sekunde von Telekom und Vodafone hierzulande ausgerollt. Außerdem fahren O2 (München) und Vodafone (Dresden) seit Ende 2013 bis zu 226 Mbit/s schnell LTE-Cat6-Netze als Piloten. Im weiteren Verlauf des Jahres 2014 wird man auch LTE bis 300 Megabit im deutschen Felde sehen, allerdings nur an bestversorgten Standorten.

5G-Reaktionszeiten von unter einer Millisekunde

Die bisherige 5G-Forschung gibt Grund zur Annahme, dass man die Ping-Zeiten in Mobilfunknetzen auf unter eine Millisekunde herunter bringen kann. Beim Surfen oder Business-Cloud-Computing würde sich das extrem zackig anfühlen und die Akzeptanz der Cloud vermutlich sehr verbessern. Bei der Wireless-Kommunikation zwischen schnell bewegten Fahrzeugen - Stichwort Connected Car - wären rasante Reaktionszeiten sogar noch wichtiger, um etwa Kollisionen zu vermeiden.

Zum Vergleich: Heute in der Praxis üblich sind Reaktionszeiten von LTE zwischen 30 und 80 Millisekunden. Diese fühlen sich beim Surfen zwar auch schon zackig an, für schnelle Fahrzeuge mit automatischen Lenk- und Bremsmanövern würde es hier allerdings schon eng. Hinzu kommt, dass das Handy, die vernetzte Maschine oder das vernetzte Fahrzeug bei künftigen Nutzungsszenarien bis auf weiteres auch noch zwischen (!) verschiedenen Funksorten wie 3G, 4G und WiFi hin- und her schalten muss. Solche Schaltvorgänge dauern heute manchmal mehrere Sekunden. Auch hier arbeiten Huawei und Konsorten auf ein "Zero-Second-Switching" hin: Maximal 10 Millisekunden soll die Umschaltung zwischen 4G, 5G und WiFi in absehbarer Zukunft nur noch dauern, damit der User nichts mehr davon merkt.