Berliner Verkehrsbetriebe

Weniger Schadstoffe durch intelligente Kapazitätsplanung

04.06.2019
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Seit die Berliner Verkehrsbetriebe mit Hilfe von Big-Data- und Analytics-Systemen den Kapazitätsbedarf besser im Blick haben, können sie auf einzelnen Linien mit kleineren Bussen fahren. Das spart Sprit und senkt die Emissionen.

Rund 300.000 Kilometer legen sie jeden Tag zurück - die über 1.300 Busse der Berliner Verkehrsbetriebe. Die Hauptstadt durchzieht das längste und dichteste Nahverkehrsnetz Deutschlands. Da liegt es nahe, dass sich die Betreiber zunehmend Gedanken darüber machen, wie sich Verkehrsmittel möglichst effizient und damit umweltschonend einsetzen lassen. Die anhaltenden Diskussionen über Stickstoff- und Feinstaubemissionen gerade in den Großstädten tun ihr Übriges dazu.

Einer der ersten Busse in Berlin - mit einer Pferdestärke und geringer Abgas-Emission. Von Digitalisierung war damals allerdings noch nicht die Rede.
Einer der ersten Busse in Berlin - mit einer Pferdestärke und geringer Abgas-Emission. Von Digitalisierung war damals allerdings noch nicht die Rede.
Foto: BVG

Aus Sicht der BVG-Verantwortlichen bietet die Digitalisierung einen wichtigen Hebel, um ökonomische wie ökologische Aspekte im eigenen Betrieb zu verbessern. Zehn Aufgaben haben sich die Verkehrsbetriebe gestellt, eine davon ist die intelligente Fahrzeugdisposition der Busse. Die Basis bildete eine Big-Data-Infrastruktur. Darauf aufbauend begannen die Verantwortlichen Datenanalysen zu betreiben, um Korrelationen zwischen verschiedenen Parametern im Nahverkehr zu erkennen.

Im heutigen Bus-Verkehr Berlins spielt die Digitalisierung dagegen eine zentrale Rolle. Es geht um ein optimale Auslastung der Fahrzeuge, um Sprit einzusparen und den Schadstoffausstoß zu minimieren.
Im heutigen Bus-Verkehr Berlins spielt die Digitalisierung dagegen eine zentrale Rolle. Es geht um ein optimale Auslastung der Fahrzeuge, um Sprit einzusparen und den Schadstoffausstoß zu minimieren.
Foto: BVG

Dabei wurden schnell Ergebnisse sichtbar. Die Analyse der Daten zeigte, dass das Alter der Fahrzeuge negativ mit den Schadstoffausstößen korreliert. Die BVG beschafft zwar ständig neue Busse. Eine Anschaffung in der Menge und in der kurzen Zeit stellte aber keine realisierbare Option dar. Stattdessen konzentrierten sich die Datenanalysten auf einen anderen Aspekt. Die Daten zeigten, dass auch die Zahl der Sitzplätze mit dem Grad der Emissionen zusammenhing: Je mehr Sitzplätze, desto mehr Schadstoffe stießen die Busse aus.

Hier bot sich ein Hebel, den ökologischen Footprint zu verbessern. Weitergehende Analysen deckten auf, dass viele Busse mit unnötig vielen Sitzplätzen unterwegs waren. Die BVG ersetzte 24 Busse mit 89 Sitzplätze durch Fahrzeuge mit 69 Plätzen. Das Ergebnis: Der Dieselverbrauch reduzierte sich um 17 Prozent oder fast 49.000 Liter, in der Folge entsprechend der Schadstoffausstoß.

Bei dem Projekt "intelligente Fahrzeugdisposition" ging es in erster Linie um die Reduktion des Treibstoffverbrauchs und der Schadstoffemissionen, sagt Projektleiter Mark-Oliver Würtz von der Listen!Consulting GmbH
Bei dem Projekt "intelligente Fahrzeugdisposition" ging es in erster Linie um die Reduktion des Treibstoffverbrauchs und der Schadstoffemissionen, sagt Projektleiter Mark-Oliver Würtz von der Listen!Consulting GmbH
Foto: Listen!Consulting GmbH

Die intelligente Fahrzeugdisposition soll weiter ausgebaut werden. Technologien wie KI und Machine Learning sollen dabei helfen, den Kapazitätsbedarf der Fahrzeuge möglichst genau vorherzusagen. Dabei fließen auch externe Daten in die Prognosen mit ein, wie Ferienzeiten, Wetter oder Veranstaltungskalender. Ende August fällt die Entscheidung, ob das System großflächig im Berliner Nahverkehr eingeführt wird.

"Die intelligente Fahrzeugdisposition der BVG-Busse verbindet damit ökonomische und ökologische Ziele und leistet einen beitrg zu der Smart City von morgen", sagt Carsten Jacobsen, Abteilungsleiter für den IT-Betrieb bei der BVG.
"Die intelligente Fahrzeugdisposition der BVG-Busse verbindet damit ökonomische und ökologische Ziele und leistet einen beitrg zu der Smart City von morgen", sagt Carsten Jacobsen, Abteilungsleiter für den IT-Betrieb bei der BVG.
Foto: BVG

Der Erfolgsfaktor des Projekts lag in der Reduktion von Treibstoffen und Schadstoffemissionen (konkret: Kohlenwasserstoffe, Kohlendioxid, Stickoxide und Feinstaub) der Busflotte, konstatierte Projektleiter Mark-Oliver Würtz. Das ermögliche gleichzeitig einen umweltschonenderen Einsatz von Ressourcen. Carsten Jacobsen, Abteilungsleiter für den IT-Betrieb bei der BVG ergänzt: "Die intelligente Fahrzeugdisposition der BVG-Busse verbindet damit ökonomische und ökologische Ziele und leistet einen Beitrag zu der Smart City von morgen."

Wandel der Arbeitskultur:

Cross-Functional-Teams: Mitglieder aus verschiedenen Fachbereichen mit unterschiedlichen Arbeitskulturen.

Zieheffekte: Erhöhte Motivation aller Mitarbeiter/innen, sich auf neue Methodiken einzulassen.

BVG-Campus: Die Cross-Functional-Teams agierten räumlich unabhängig vom klassischen BVG-Geschäft.

Externe Berater: Um flache Hierarchien und veränderte Vorgehensweisen zu etablieren, sollten sie auch von den Führungskräften gelebt werden. Unterstützung durch Coaching und Seminare (Design Thinking, Scrum, Kanban).

Mentoren: Um sicherzustellen, dass die Teams ihre agilen Projekte umsetzen konnten, wurden für die 10 Challenge-Projekte je ein Mentor auf Abteilungs- beziehungsweise Bereichsleiterebene eingesetzt.