Von der Begeisterung zur Strategie
Die Tools sind inzwischen in einem Dutzend Länder ausgerollt und wurden dort nach kurzem Training rasch genutzt - von mittlerweile 22 Mitarbeitern. So positiv dieses starke Interesse an Social Media zu bewerten ist, so schwierig gestaltet sich das Management der vielen Präsenzen. Laut Golob bespielt Fein allein 20 verschiedene Youtube-Kanäle. Deshalb stehen die Zeichen derzeit auf Konsolidierung und Zentralisierung.
Wie bei neuen, aufregenden Techniken üblich, hatte sich offenbar auch das Fein-Marketing von der ersten Begeisterungswelle hinwegtragen lassen. Es gab einen "groben Plan", so Golob, doch auf den anrollenden Social-Media-Zug seien damals auch einige Niederlassungen aufgesprungen, die in Sachen Organisation, Prozesse und Skills noch nicht so weit waren wie andere. Wenn Lillich und Golob neu anfangen könnten, würden sie systematischer vorgehen, sagen sie. Sie würden "A-Länder" wie Großbritannien, Frankreich und die USA vor den anderen ins Boot holen. Stattdessen sei "das Pferd ein wenig vom Schwanz aufgezäumt" worden, wie die Marketing-Chefin einräumt. Nun gilt es, die Social-Media-Strategie diesem Status quo überzustreifen.
Die Sinnfrage muss gestellt werden
Wozu aber überhaupt eine Strategie? - In dem Maße, wie Social Media wichtiger für den Unternehmenserfolg werden, stellt sich laut Golob die "Sinnfrage": Welche Ziele verfolgen wir als Unternehmen, als Marketing-Bereich, als Social-Media-Experten? Wie gestalten wir unser Engagement für den Kunden? In welchen Ländern müssen wir uns auf welchen Plattformen positionieren? Welche Medien nutzen unsere Kunden dort? Welche Reichweite peilen wir an? Welche Services müssen wir anbieten? Und wo setzen wir die Prioritäten?
Die Social-Media-Strategie solle sich in direkter Linie aus der Markenstrategie und damit letztlich aus der Unternehmensstrategie ableiten, sagt Lillich: "Wir müssen quasi unseren Markenkern auf die Social-Media-Ebene herunterbrechen." Damit bezieht sie sich auf die neun festgeschriebenen Unternehmenswerte. Die sind in der Eingangshalle der Firma sowie auf der Website ausgestellt und reichen von "anwendernah" bis "unverwüstlich".
Bei der Strategiefindung war Falcon Social behilflich. Der Tool-Anbieter hatte im Lauf des vergangenen Jahres eine eigene Strategieberatung auf die Beine gestellt - noch eine dieser Koinzidenzen, die offenbar das Verhältnis zwischen Fein und Falcon Social begleiten.
Zusammen mit der Fein-Geschäftsführung hat das Marketing nachprüfbare Kennzahlen entwickelt, die sich mit Hilfe der Falcon-Werkzeuge ermitteln und analysieren lassen. So ist die Übereinstimmung zwischen Social-Media- und Unternehmensstrategie konkret belegbar.
Dänische Cloud ist für den CIO in Ordnung
Diese KPIs und das auflaufende Datenmaterial interessieren auch den CIO des Unternehmens, Otto-Max Herbstritt. "Wir überlegen uns schon, was wir künftig mit den Daten machen können, wie wir sie beispielsweise ins CRM rüberbringen", sagt er. Der IT-Bereich mache sich ja ebenfalls Gedanken, wie man näher an den Endkunden herankomme.
In das eigentliche Projekt war die IT allerdings nur mittelbar involviert. Die Software läuft zwar auf der internen IT-Infrastruktur, aber die Projektmitarbeiter kommen alle aus dem Marketing- und Vertriebsumfeld. Allerdings seien die Entscheidungen zwischen Marketing und IT abgesprochen worden, versichern beide Seiten. Das gilt vor allem für den Beschluss, auf eine Cloud-Lösung zu setzen. Wäre der Anbieter in den USA ansässig, hätte Herbstritt wohl sein Veto eingelegt. "Aber Europa ist in Ordnung", so der CIO.
Zentral, aber keine Einbahnstraße
Parallel zur Konsolidierung der Kanäle treiben Lillich und Golob die Zentralisierung bestimmter Aktivitäten voran. So werden "Templates" für die zu veröffentlichenden Inhalte von Bargau aus bereitgestellt, also vor Ort nur noch angepasst. Auf diese Weise spart man sich doppelte Arbeit und sorgt gleichzeitig für einheitliche Außenwirkung hinsichtlich Information und Tonalität. Eine Einbahnstraße soll das allerdings nicht sein, beteuert Golob: "Die anderen Länder können auch etwas in den Content-Pool einspeisen." Allerdings würden die Inhalte vor der Veröffentlichung "gefiltert". Und wie? - Der Filter sei meistens er selbst, sagt der Social-Media-Experte.