Intelligente Kommunikation

Woran junge Informatiker forschen

12.02.2012
Ob es sich um den Einsatz von Hilfskräften in Krisengebieten oder eine komplizierte Operation mit Hilfe der Telemedizin handelt - oft übersteigen die Anforderungen die Leistungsfähigkeit der Netze. Zwei junge Informatiker suchen in ihren Doktorarbeiten nach Lösungen.

Der Erfurter Stephan Bärwolf nahm als Kindergartenkind einen Scheibenwischermotor auseinander. Ihn wieder zusammenzusetzen erwies sich leider als unmöglich. Für seine Eltern war es nicht leicht, zu DDR-Zeiten einen Ersatz zu beschaffen. Den Spaß an der Technik konnte ihn dieser Zwischenfall aber nicht vermiesen. Unterstützt von seinen Eltern bastelte er als Grundschüler mit einem Motorenbaukasten, der eigentlich für Azubis gedacht war, besuchte externe Computerkurse und programmierte am eigenen Rechner.

Stephan Bärwolf war schon als Kind von Technik fasziniert und forscht heute an der Verbesserung von Quality of Service-Systemen.
Stephan Bärwolf war schon als Kind von Technik fasziniert und forscht heute an der Verbesserung von Quality of Service-Systemen.
Foto: Privat

Seit fast 20 Jahren befasst sich der heute 27-Jährige mit Technik. Nach seinem Informatikstudium an der TU Ilmenau promoviert er bei Professor Andreas Mitschele-Thiel über die Möglichkeiten, Quality of Service-Systeme (Dienstgüte-Management-Systeme) intelligenter und autonomer zu machen. Unterstützt wird Bärwolf durch die Deutsche Telekom Stiftung. Ziel der Promotion ist es, dass die QoS-Systeme die Verwaltung der Netzwerke auf Basis der eingehenden Informationen autonom, selbst organisierend und sinnvoll gestalten können.

Management von Netzwerken in Krisengebieten

Die gleichzeitige Nutzung von Kommunikationsleitungen muss koordiniert und oft priorisiert werden, wie Bärwolf an einem Beispiel verdeutlicht: "Wenn im Auto die Radiolautsprecher und die elektrischen Fensterheber über dieselbe Leitung ihre Befehle an die Schaltzentrale übermitteln, sollten die Scheibenheber Priorität haben. Das System darf nicht mit dem Radio ausgelastet sein, so dass die Fenster sich nicht schließen." Das ist eine Aufgabe des Dienstgüte-Management-Systems. Sie wird umso wichtiger, wenn man sich aus dem geschlossenen Leitungsnetz des Autos in offene Netze wie das Internet begibt, wo ungleich größere Mengen verschiedener "Dienste" mit unklaren Kommunikationskapazitäten vorhanden sind oder böswillige Angriffe drohen.

"Ein gutes Beispiel ist das Management der Netzwerke in Krisengebieten", erläutert Bärwolf. "In Erdbeben- oder Überschwemmungsgebieten werden Kommunikationssysteme meist zerstört, und man muss für die Organisation der Hilfskräfte auf Satellitenkommunikation umschwenken." Diese ist aber durch die große Distanz zur Erde weitaus störanfälliger, sei es durch das Wetter, eine Abschattung des Satelliten durch Berge, Wälder oder einen Vogelschwarm. Weil gleichzeitig unvorstellbar viele Daten störungsfrei über das Sendesignal des Satelliten übermittelt werden, muss ein Dienstgüte-Management-System die Flut an Kommunikationsbedarf sortieren, koordinieren und priorisieren. "Ist die Kapazität erschöpft, ist bei der Videotelefonie im Zweifelsfall der Ton wichtiger als das Bild", so Bärwolf. Die weiten Wege, die das Signal zurücklegen muss, werfen auch Probleme auf: Mehrere Sekunden verstreichen, ehe eine Meldung aus dem Orbit auf der Erde eintrifft. Noch einmal so viel Zeit vergeht, bis die Rückmeldung beim Satelliten ankommt. Zeit, die gerade in Krisensituationen kostbar ist und durch intelligente und autonome QoS-Systeme reduziert werden könnte.

Eine solch komplexe Forschung mit so vielen Unabwägbarkeiten kostet viel Zeit und Energie. Bärwolfs Hobbies Wandern und Tischtennis kommen dabei manchmal zu kurz. Dennoch legt er größten Wert darauf, an der Universität auch zu lehren und sein Wissen weiterzugeben. Neben seinen Lehrveranstaltungen opfert er häufig noch seine Freizeit, um mit Studenten die Theorie in die Praxis umzusetzen und eine Ampelanlage aufzubauen.

"Lehre und Forschung gehören zusammen", da ist der Informatiker überzeugt. Er möchte sich auch nach seiner Promotion diesen beiden Themen widmen. "Jede Generation hat ihr Aufgabengebiet, und in der Informatik ist die wichtigste Frage das Intelligenzproblem. In nicht einmal 70 Jahren haben wir es geschafft, aus einem mechanischen Schreibgerät Supercomputer zu entwickeln. Wie der Verstand des Menschen mit seiner Fähigkeit zur Lösung verschiedenster komplexer Probleme aber funktioniert, ist noch immer ein großes Rätsel."