Silodenken und starre Prozesse

Woran Digitalisierung scheitert

11.01.2016
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Insgesamt 90 Prozent der Fachbereichsverantwortlichen halten laut Studie die Schaffung durchlässiger Organisationsstrukturen oder die Umsetzung flexiblerer Steuerungsmechanismen für sinnvoll. "Diese Maßnahmen wurden bislang aber in nur weniger als 20 Prozent der Fachbereiche vollständig umgesetzt", konstatieren die Autoren. "In jedem fünften Fachbereich wurde die Umsetzung noch nicht einmal gestartet."

Ganz so trübe erscheinen die in der Studie enthaltenen Zahlen hierzu indes nicht. Die Maßnahmen - unter anderem auch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit bei Innovationen oder die Förderung von Projektarbeit - werden in der Regel von über der Hälfte, teilweise sogar von zwei Dritteln der Firmen zumindest teilweise umgesetzt. Hinzu kommt ein variierender Anteil von vollständiger Umsetzung, so dass sich in der Tat nicht einmal jedes fünfte Unternehmen dem Veränderungsdruck noch komplett widersetzt.

Immer mehr übergreifende Projekte

Auch in diesem Bereich ist die IT Vorreiter. Die Wachstumsrate lag in den vergangenen zwei bis drei Jahren bei überdurchschnittlichen 64 Prozent. Mit 45 Prozent liegt der Anteil der Arbeitszeit für Projektarbeit höher als in den Forschungsabteilungen mit 39 Prozent und in den Finanzabteilungen mit lediglich 21 Prozent.

Im Zuge der Digitalisierung nehme insbesondere die Anzahl der abteilungsübergreifenden Projekte zu, schreiben die Studienautoren: "So sind klassische IT- und Entwicklungsprojekte längst nicht mehr nur die Sache von IT- und Entwicklungsabteilungen, wie die hohen Anteile der an Projekten zu diesen Themen mitwirkenden Fachbereiche belegen."

Viele gescheiterte Projekte

Von gescheiterten Projekten konnten drei Viertel der Befragten aus eigener unschöner Erfahrung berichten. 72 Prozent nennen eine unrealistische Projektplanung als wichtigen Grund für das Scheitern, 67 Prozent das Verschleppen wichtiger Entscheidungen und 64 Prozent die mangelnde Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Fachbereichen.

Den Anteil Externer in Relation zu den Festangestellten schätzen die befragten Entscheider auf 11 Prozent. Sie gehen davon aus, dass er sich in den nächsten zwei Jahren um 10 bis 20 Prozent erhöhen wird. Auch hier erscheint die IT als die am weitesten entwickelte Abteilung. 56 Prozent der befragten IT-Führungskräfte haben im vergangenen Jahr mit externen Dienstleistern zusammengearbeitet; im Gesamtdurchschnitt waren das nur 43 Prozent. Überdurchschnittlich ist auch der Anteil von 17 Prozent, die von einem sinkenden Anteil externer Spezialisten in den kommenden Jahren ausgehen.

Lieber diskutieren statt handeln

Viele Unternehmen diskutierten zwar über den digitalen Wandel, schlussfolgert Christoph Niewerth, Vorstand der Hays AG, aus den Studienergebnissen. "In der Realität dominiert aber noch die alte Welt mit ihren herkömmlichen Sichtweisen, Methoden und Abläufen", so Niewerth. "Hier ist frisches Denken mehr denn je angesagt, um sich auf den dynamischen Märkten zu behaupten."