LiMux als Windows-Ersatz in der Kritik

Wohin steuert Linux in München?

08.10.2014
Von Alexander Hoffmann und
Alexander Roth leitet als Geschäftsführer die Geschicke und die Redaktion von Evernine. Der mit Prädikatsdiplom ausgestattete Volkswirt wechselte 2004 in die Medienbranche, wo er zuerst beim Wirtschafts- und Polittalksender Air America Radio in New York City in der Recherche tätig war und in einem weiteren Schritt, wieder zurück in Deutschland, eine zweijährige Festanstellung beim Medienhaus IDG (u.a. PC Welt, Computerwoche, ChannelPartner) inklusive Volontariat absolvierte. Auch ein Besuch der Akademie der Bayerischen Presse (ABP) gehörte zu seiner Ausbildung. 2007 gründete der Münchner (geb. 1977) das Redaktionsbüro Alexander Roth, das er zwischen 2010 und 2011 in die Evernine GmbH umwandelte.
Linux hat Windows auf den Rechnern der Stadtverwaltung von München komplett ersetzt. Doch das Projekt LiMux wurde zuletzt massiv kritisiert – unter anderem von mehreren Politikern. Stimmen fordern die Rückkehr zu Windows. Wir geben einen Überblick und fragen betroffene Anwender.

Auf den Rechnern der Stadtverwaltung von München hat Linux Windows ersetzt – im Rahmen des Projekts LiMux. Doch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und dessen Stellvertreter Josef Schmid (CSU) kritisieren LiMux in aller Öffentlichkeit. Beide sind aber keine IT-Experten. Wie zufrieden sind die städtischen Angestellten und Beamten mit LiMux & Co also wirklich? Was ist seit Projektabschluss passiert? Kollegen von unserer Schwesterpublikation PC-Welt haben bei den LiMux-Nutzern nachgefragt und einen tiefen Einblick in das IT-Projekt der Stadt München erhalten.

Das LiMux-Projekt stand in den vergangenen Wochen mehrfach in der Kritik. Aber ist die Kritik berechtigt?
Das LiMux-Projekt stand in den vergangenen Wochen mehrfach in der Kritik. Aber ist die Kritik berechtigt?
Foto:

LiMux basiert auf dem bewährten Ubuntu

LiMux, die IT-Evolution der Stadt München, gilt als ein Leuchtturm-Projekt der Opensource-Gemeinde. Seit Dezember 2013 ist die Migration abgeschlossen und die Landeshauptstadt ist fast komplett frei von proprietärer Software: 15.000 PCs werden in der Stadtverwaltung mit LiMux betrieben.

In den vergangenen Wochen stand LiMux mehrfach in der Kritik: Sabine Nallinger, OB-Kandidatin der Münchner Grünen, brachte während der Kommunalwahl in München den Stein ins Rollen. Auf Facebook äußerte sich die Stadträtin über mangelnde Performance und fehlender Usability: "[…] Die Referate sind verzweifelt. Softwareanforderungen werden nicht erfüllt oder nur mit unendlicher Verzögerung und voller Fehler. Das führt zu Frust an der Verwaltungsbasis, langen Wartezeiten für die Bürger und teurem Personalmehrbedarf. […] Ich will die Verwaltung stark machen und Sand aus dem Getriebe nehmen. Ob die Lösung mit oder ohne Microsoft geht, das ist mir egal […]".

Auch der Münchner Bürgermeister Josef Schmid hat in einem Interview mit der AZ seinen Ärger über LiMux Luft gemacht: Beispielsweise fehlen ihm in Anwenderprogrammen "zahlreiche Funktionen, die sonst gängig sind". Er wünsche sich ein Programm, um Mails, Kontakte und Termine zu vernetzen. Die Tatsache, dass er vier Wochen auf sein Dienst-Smartphone warten musste, war für ihn "nicht mehr zeitgemäß".

Laut Schmid würden sich auch die Beschwerden der Mitarbeiter häufen. Der SZ sagte er: "Egal in welches Referat ich komme, überall kriege ich bestätigt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darunter leiden. Das müssen wir ändern". Eine unabhängige Expertengruppe sollte eine Rückkehr zu Microsoft prüfen.

Der frühere LiMux-Projektleiter Peter Hofmann versteht die Kritik der Bürgermeister hingegen nicht. Ihm sind keine schwerwiegenden Probleme bekannt, bei dem die IT sofort reagieren müsse. Auch Robert Kotulek, IT-Beauftragter der Stadt München, versteht nicht, was die Dienst-Smartphones mit LiMux zu tun haben sollen. Im Computermagazin des BR sagte er: "Das Einrichten eines Mobilen-Endgeräts hat nichts mit dem Betriebssystem zu tun."

Was sind die konkreten Probleme von LiMux?

Die Open Source Business Alliance (OSBA), Deutschlands größtes Netzwerk von Unternehmen und Organisationen, die Open-Source-Software entwickeln und anwenden, hat der Stadt München bereits Unterstützung bei Problemen mit Linux oder quelloffener Software angeboten. Doch damit die OSBA helfen kann, müssen die Probleme erst identifiziert werden. Die Stadtratsfraktion "Freiheitsrechte, Transparenz und Bürgerbeteiligung" hat eine umfassende Bestandsaufnahme über die Schwachstellen von LiMux gefordert.

Ein Sprecher der Stadtverwaltung stellte jedoch klar, dass die Analyse nicht nur eine Rückmigration von Linux zu Microsoft prüfen werde. Stattdessen werde eine hausinterne Untersuchung die gesamte IT-Infrastruktur behandeln, um Aufschluss über das Ausmaß der Probleme und somit die mögliche Unzufriedenheit der Nutzer zu erhalten.

OB Dieter Reiter wolle sich erst wieder zum Thema äußern, wenn die Untersuchung abgeschlossen ist. Auch das Presse- und Informationsamt der Landeshauptstadt München hat einer Befragung der LiMux-Anwender und -Administratoren nicht zugestimmt.

Screenshot des LiMux-Clients, wie Mitarbeiter der Stadtverwaltung ihn täglich sehen.
Screenshot des LiMux-Clients, wie Mitarbeiter der Stadtverwaltung ihn täglich sehen.
Foto: Landeshauptstadt München

Das Thema liegt auf Eis, über die Gründe kann man nur spekulieren. Lässt sich auch ohne die Studienergebnisse ein Eindruck über die Nutzerzufriedenheit gewinnen?